Hans Leygraf, international renommierter Pianist und bis 1990 ordentlicher Professor an der Musikhochschule Mozarteum Salzburg, hat mit dieser Dokumentation eines Klavierkurses auf zwei DVDs eine beachtenswerte pädagogische Studie veröffentlicht, die aus verschiedenen Gründen sehenswert ist und beispielhaft genannt werden kann.
Nicht nur, indem Leygraf sein persönliches Credo an die Klaviermusik darlegt: „Ich bin nur, was ich bin. Ich bin ohne Vorbehalte.“ Die Musik allein soll zum Blühen gebracht werden, ohne äußere sichtbare Anstrengung, ohne Zutaten, wie es im Booklet heißt, und „Das Ziel: Scheinbares Vergessen von Gedanken und Kenntnis, Unterordnen des Bewusstseins zugunsten freier, auf Gefühl beruhender und dadurch – individueller Erntfaltung.“
Gegenstand der Stunden mit Prof. Leygraf sind die Inventionen C, D und F, die Französische Suite von J.S. Bach, Frédéric Chopins Préludes in e-Moll und B-Dur sowie das Nocturne f-Moll. Größte Aufmerksamkeit gilt der anfänglichen Entspannung und der Konzentration auf Armgewicht und Handhaltung vor dem Beginn des Spiels – eine oft unterschätzte Voraussetzung für die gezielte Umsetzung der vorgestellten Interpretation. Auch Tastenkontakt und Fingerbewegung im Einzelnen wird ausführlich behandelt.
Leygraf: „Im Unterricht ist das Armgewicht von primärer Bedeutung. Es soll Tasten drücken mit der notwendigen Handkonzentration. Dies wird zusätzlich als Übung gezeigt und dann auf das c-Moll-Prélude von Chopin übertragen. Dabei wird auch die erforderliche Dynamik verwirklicht.“
Bei der Arbeit am melodischen Ausdruck und der angemessenen Stärke der harmonischen Begleitung fällt auf, dass Leygraf in psychologisch einfühlsamer Weise auf die individuellen Vorstellungen seiner Schüler eingeht, nie seinerseits Vorgaben macht, sondern versucht, aus dem interpretatorischen Konzept des Schülers das Beste zu gestalten.
Leygraf: „Im Unterricht wird die Französische Suite c-Moll von Bach mit zwei Schülerinnen erarbeitet. Beide haben ihre spezielle Musikalität und bekommen dadurch die Möglichkeit einer ausgeprägten Darstellung. Zur Verwirklichung ihrer Vorstellungen wird sinnvolles und effektives Üben überlegt.“
Jede DVD endet mit einem von Leygraf selbst dargebotenen Werk, dem Prélude c-Moll und dem Moment musical Nr. 6 As-Dur von Franz Schubert.
Prof. Hans Leygraf wurde 1920 als Sohn deutsch-österreichischer Eltern in Stockholm geboren. Er studierte Klavier beim Schnabel-Schüler Gottfrid Boon in Stockholm und bei Anna Hirzel-Langenhan in der Schweiz. Im Alter von neun Jahren debutierte er als Solist zusammen mit den Stockholmer Philharmonikern, mit zwölf Jahren gab er seinen ersten Soloabend. Er musizierte mit den Philharmonikern in Wien, London, Hamburg und München, mit dem London Symphony Orchestra und dem BBC Orchestra unter Dirigenten wie Blomstedt, Celibidache, Dohnany, Friscay, Gielen, Kempe, Sawallisch, Solti und Szell. Als Pädagoge war Leygraf in Innsbruck, Darmstadt, Stockholm, Hannover und Berlin tätig; in den Jahren 1972 bis 1990 als ordentlicher Professor am Mozarteum Salzburg, wo er bis heute eine Klasse mit internationalen Spitzenbegabungen leitet.
Die „Fundamental piano lessons“ sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung – nicht nur der pädagogische Wert ist für Klavierlehrer unschätzbar hoch. Beispielhaft ist vor allem, dass der Unterricht durchweg in deutscher Sprache stattfindet, und dies, obwohl bis auf eine Ausnahme alle Schüler Asiaten sind. Leygraf fordert ihnen selbstverständlich zum Verständnis der deutschen Musikkultur auch den Umgang mit der fachlichen Terminologie ab. Der DVD-Kurs hat jedoch Untertitel in Englisch, Spanisch, Schwedisch, Koreanisch und Japanisch. Zu beziehen über info [at] leygraf.com (info[at]leygraf[dot]com) für 52 Euro plus Versandkosten.