Neben Godard war er vermutlich der „modernste“ aller französischen Filmemacher der Nachkriegszeit: Jacques Tati. Obwohl er uns nur ein halbes Dutzend abendfüllende Filme hinterlassen hat, gehört er zu den wichtigsten Regisseuren jener Ära, deren Einfluss hierzulande immer noch gerne eher unterschätzt wird.
Jacques Tati: Sonorama! (Naive)
Die „Hörfilme“ eines David Lynch zum Beispiel wären ohne Tatis Pionierarbeiten nicht denkbar. So hat es durchaus Sinn, Ausschnitten aus seinen Soundtracks auf CD zu lauschen, wie es nun auf dieser Doppel-CD zum ersten Mal möglich ist. Denn zusammen mit „seinen“ Filmmusiken hat man nun auch Schnipsel aus Tatis Tonspuren veröffentlicht. Ein Feuerwerk der akustischen Ideen, das an die Soundtracks der frühen Tonfilmzeit erinnert, vom „Blauen Engel“ bis zu Jean Renoirs Tonexperimenten oder die Hörspiele eines Max Ophüls. „Sound & Vision“ waren bei Tati immer eine Einheit. Das sollte man nicht vergessen, wenn man die Filme mit dem langen Lulatsch wiedersieht, die zur filmischen Sozialisation vieler Generationen gehörten: „Schützenfest“, „Die Ferien des Monsieur Hulot“, „Mein Onkel“ oder „Playtime“. Bis ins kleinste Detail sind all diese Filme durchkomponiert, wie die typisch französische Filmmusik seiner Komponisten Alain Romans, Jean Yatove, Francois Barcellini, Francis Lemarque oder Charles Dumont. Grundiert werden all diese Werke immer wieder von Musette-Walzern. Dass Tati der Musik in seinen Komödien so viel Bedeutung zumaß, hing mit seinen Varieté-Jahren zusammen, als er oft ohne Musik „Komik produzieren“ musste, wie er einmal erzählt hat. Immer ging es Tati um die „richtige Melodie“ für seine Schauspieler. Wer mehr über die Musik und die Tonspuren in Tatis Filmen erfahren will, wird hier auch noch mit einem sehr informativen Booklet bedient. Solche wunderbaren Editionen würde man sich öfters wünschen.