John Barry: The More Things Change. Ace Records
Seit über einem Jahrzehnt veröffentlicht die britische Plattenfirma Ace Records auch Porträts von Komponisten, Arrangeuren oder Produzenten aus dem Popuniversum. Vor einigen Jahren erschien sogar ein toller Sampler mit Songs von Ennio Morricone. Nun hat man sich einen zweiten Filmkomponisten ausgewählt: den Briten John Barry. Begonnen hat seine Karriere Ende der fünfziger Jahre mit dem jazzigen Score zu „Beat Girl“. Danach hatte er mit den John Barry Seven eine kleine Hitserie in den UK-Charts. Sein ganz großer Durchbruch kam dann aber 1962 mit dem ersten James-Bond-Film „Dr. No“. Als Arrangeur des legendären „James Bond Theme“, das Monty Norman komponiert hat (und nicht Barry!), empfahl er sich sich als Hauskomponist für 007. Bis 1987 hat Barry – mit Unterbrechungen – die Bond-Serie orchestriert, darunter natürlich auch „Goldfinger“.
Bond-Songs tauchen auf diesem Sampler aber nur am Rande auf, denn im Zentrum steht hier Barrys Schaffen zwischen 1968 und 1972. Den Löwenanteil bestreitet das Material aus seinem legendären CBS-Album „Ready When You Are, J.B.“ von 1970. J.B. steht hier natürlich für John Barry, der in dieser Phase einige seiner wichtigsten Scores abgeliefert hat: „The Lion in Winter“, „Midnight Cowboy“, „Petulia“, „Walkabout“ oder „On Her Majesty‘s Secret Service“. Ein melancholischer Grundton zieht sich durch all diese Partituren, den man auch wieder hören wird in „Dances With Wolves“. Natürlich fehlt auch nicht die Titelmelodie zur TV-Serie „The Persuaders – Die Zwei“.
Die „hybride Gestalt“ dieses „Walzers“ hat übrigens Stephan Siegbert Wolff gerade sehr gründlich analysiert in dem herausragenden Sammelband „Walzerfilme und Filmwalzer“ (Schüren Verlag). „To waltz or not to waltz“ nennt er seinen Beitrag: „Barry wählte die Tonart e-Moll und den Dreivierteltakt. Das Temo liegt bei 120 BPM. Walzer oder nicht?“ Ein „Walzer“ jedenfalls, der wegen des moderaten Tempos zwischen allen Stühlen steht. Der beinahe „tragische Tonfall“ des Barry-Themas untermalt die ganze Serie sehr untergründig. Für Wolff spürt es als einziges Element der Produktion dem „Abgrund“ der Helden nach. Er entdeckt darin eine „Aussöhnung von Tradition und Moderne unter den Auspizien des 20. Jahrhunderts“. Eine musterhafte Analyse von Barrys Kunst.