Ein Film von 1958, gewidmet „den Heimatlosen der Welt“, wie es im Vorspann heißt. Eine „Filmerzählung vom Leben des unvergesslichen Tenors Joseph Schmidt (unser Bild r.), der in einer der dunkelsten Episoden unserer Zeit des deutschen Liedes Herold war.“ Und der vor genau 65 Jahren, am 16. November 1942 als staatenloser Jude in einem Schweizer Internierungslager starb. „Ein Lied geht um die Welt“ heißt dieses deutsche Biopic, das der österreichische Regisseur Géza von Bolváry inszenierte, und das das geheime Zentrum sein könnte dieser vorzüglichen und vorbildlichen „Joseph Schmidt Kollektion“ auf vier DVDs.
Das sprichwörtlich gewordene Lied, das um die Welt geht, machte den kleinwüchsigen rumänischen Tenor 1933 über Nacht zum Star. Es war das Titellied eines Musikfilms von Richard Oswald, der am 9. Mai 1933 im Berliner Ufa-Palast seine Premiere erlebte. An der Uraufführung nahm sogar Joseph Goebbels teil, der den talentierten jüdischen Musikfilmregisseur Oswald längst auf seine Schwarze Liste gesetzt hatte. Überhaupt nicht gefiel dem Kritiker vom „Völkischen Beobachter“ der langsame Foxtrott von Hans May, dem Mitbegründer des Kabaretts „Die Gondel“, der bald danach über Wien und Paris nach London flüchten sollte: „Das Lied, das heute durch Deutschland klingt, hat anderen Rhythmus, hat schärferen Marschtritt, hat aufpeitschendere Melodie, kommt aus ehrlicherem Herzen als das, was wir in dem Film hörten. Der Marschtritt eines Millionenvolkes, das Freiheitslied einer freiheitsdurstigen Menge, hat nichts mit dem zu tun, was in ödem Einerlei uns ein Volksfremder vortäuschen will! (...) Möge dieses Lied um die Welt gehen, es wird übertönt werden vom Lied der nationalen Revolution.“
Kurz nach der Premiere von „Ein Lied geht um die Welt“ flüchteten Richard Oswald und Joseph Schmidt nach Wien. Als so genannte „unabhängige“ Filme entstanden dort zwei weitere Joseph-Schmidt-Melos: „Ein Stern fällt vom Himmel“ (Regie: Max Neufeld) und „Heut’ ist der schönste Tag in meinem Leben“, 1936 wieder unter der Regie von Oswald. Im Rahmen einer großartigen Retrospektive des deutschsprachigen Emigrantenfilms in Österreich („Unerwünschtes Kino“) wurden beide Filme vom Filmarchiv Austria wiederentdeckt. Zusammen mit den beiden „Ein Lied geht um die Welt“-Fassungen von 1933 und 1958 und Marieke Schroeders TV-Dokumentation „Joseph Schmidt – Geschichte eines kurzen Lebens“ hat Edition Salzgeber nun diese beiden Raritäten in einer Box wieder veröffentlicht.
Eine „labor of love“ ist diese „Kollektion“, die allerdings nicht von allen Seiten unterstützt wurde, wie die Herausgeber in einem Vorwort anmerken: „Zu denken gibt allerdings die Tatsache, dass die deutsche Filmförderungsanstalt eine Unterstützung verweigert hat – begründet mit dem Umstand, dass es sich bei den Filmen nicht um ‚deutsche‘ Filme handele.“ Wie bereits erwähnt, entstanden die beiden „Raritäten“ nach der „Machtergreifung“ und vor dem „Anschluss“ von Österreich. Und so ist das folgende Fazit der Herausgeber durchaus angebracht: „Erst haben wir sie (Anmerkung: die jüdischen Künstler) in Deutschland nicht mehr arbeiten lassen, und nun wird eine Förderung unseres kulturellen Erbes aus formalen Gründen verweigert.“
„ Ein Lied geht um die Welt“ von 1933 kann durchaus gesehen werden als „blueprint“ für all die anderen Sängerfilme, die danach noch folgen sollten, bis hin zu „The Great Caruso“ mit Mario Lanza. Und das „Lied“ von 1958 ist ein klassisches Biopic, das keinen Vergleich scheuen muss mit den amerikanischen Vorbildern. Liebevoll erzählen Géza von Bolváry und Ernst Neubach, der als Drehbuchautor und Texter des Lieds, das um die Welt ging, schon 1933 dabeigewesen ist, die tragische Geschichte des „unvergesslichen Tenors“. Seltsam abwesend scheint dabei Hans Reiser, der Joseph Schmidt verkörpert. Wie später Jamie Foxx als Ray Charles bewegt er nur die Lippen zu Joseph Schmidts Schallplattenstimme. Fast wie ein Geist wirkt Reiser dadurch. Wie ein Mann, der seiner eigenen Stimme lauscht, und dabei sein Leben noch einmal an sich vorüber ziehen lässt. Schon 1932 hatte Joseph Schmidt bei der „Ultraphon“ sein zukünftiges Schicksal besungen, als „Der Emigrant“.