Mit dem seit 2003 agierenden neuen Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker, Sir Simon Rattle, hat eine neue Ära für das Spitzenorchester begonnen. Zeugnis davon geben zum Beispiel die Education-Projekte Zukunft@BPhil, die am 11. September in Berlin mit dem Würthpreis der Jeunesses Musicales Deutschland 2004 ausgezeichnet werden. Das Orchester will sich dadurch als kulturelle Institution begreifen, die gesellschaftliche Verantwortung übernimmt. Das erste große Projekt des Jahres 2003, nämlich eine Choreografie von Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ mit 250 Berliner Kindern und Jugendlichen aus 25 Nationen, wurde von den Filmemachern Thomas Grube und Enrique Sánchez Lansch filmisch begleitet. Die Dokumentation „Rhythm Is It“ wird ab 16. September in ausgewählten deutschen Kinos zu erleben sein.
Im Mittelpunkt des bewegenden Kinofilms stehen drei der jungen Protagonisten: die 14-jährige Hauptschülerin Marie, Olayinka, 15 Jahre alt, der erst vor kurzem als Kriegswaise aus Nigeria nach Deutschland kam und der 19-jährige Martin, der gegen seine eigenen inneren Barrieren zu kämpfen hat. Neben diesen einfühlsamen Porträts ist man hautnah bei Proben der Philharmoniker und den einzelnen Workshops dabei, kann sich ein Bild des Chefdirigenten Sir Simon und des Choreografen Royston Maldoon machen und schließlich die Ballettaufführung in der Berliner Arena, einem ehemaligen Berliner Busbahnhof vor 3.000 Zuschauern in Ausschnitten erleben. Insgesamt 200 Stunden Rohmaterial, aufgenommen in hochauflösendem HD-Format und teils auf DV-Cam, wurden über mehrere Monate hin gesichtet, transkribiert und ausgewertet.
Die beiden jungen Filmemacher Sánchez Lansch und Thomas Grube beschäftigen sich schon lange mit der Frage, wie man Musik im Film zeigen und lebendig erfahrbar machen kann. Die Wahl fiel auf das Sacre-Projekt, sicher eines der spannendsten und visuellsten Programme, denn hier treffen Welten aufeinander: 250 Kinder und Jugendliche, die bisher mit klassischer Musik so gut wie gar nichts am Hut hatten, das kraftvolle Werk Strawinskys und die Berliner Philharmoniker als Leuchtturm der Hochkultur. Ein spannendes Experiment, das letztendlich beweist, was Simon Rattle zu einem seiner Grundsätze erkoren hat: „Kunst ist kein Luxus, Kunst gehört zum Leben wie die Luft, die wir atmen.“
Was sich im Laufe dieses Projekts mehr als bewahrheitet, denn der Zuschauer erlebt hautnah, wie aus einem Haufen lärmender, unsicherer Kinder unter der strengen und doch einfühlsamen Führung von Choregraf Maldoon und seinem Team eine homogene, konzentrierte Tanzgruppe wird. „You can change your life in a dance group“, ist Maldoons Credo. Wer seinen Körper kennt und besser beherrscht, dem eröffnen sich auch neue innerseelische Welten. Man sieht es den Teilnehmern am Ende an, dass sie weitergekommen sind, mehr Selbstvertrauen entwickelt haben und sich in sich selber wohler fühlen. Pflicht für Lehrer und junge Menschen.