Das junge französische Quatuor Ebène im Konzertsaal zu erleben, gehört vielleicht zu den faszinierendsten musikalischen Erfahrungen, die man derzeit machen kann. Zu hören ist da nicht das gelungene Zusammenspiel von vier gut aufeinander abgestimmten Musikern, sondern ein vierstimmiges Instrument mit enormen Differenzierungsmöglichkeiten: im Grad der Verschmelzung der Einzelstimmen, in der Schattierung des Gesamtklangs und in der rhythmischen Flexibilität.
Ausgangspunkt für die Klangerzeugung ist – für Streicher auf modernen Instrumenten eher untypisch – der natürliche, unbearbeitete Ton unter Einbeziehung des Einschwingvorgangs. So bleibt Luft für die Durchhörbarkeit des Satzes und für Steigerungen bis in kompakt abgedunkelte, mit flexiblem Vibrato belebte Verdichtungen. Welche Ausschnitte aus diesem weiten Spektrum zur Anwendung kommen, wird mit bestechender Konsequenz und Selbstverständlichkeit auf das Repertoire und die Spielsituation bezogen.
So ganz lässt sich dieser immer auch eine ordentliche Portion Spontaneität vermittelnde Eindruck natürlich nicht auf Tonträger konservieren. Und doch ist die vorliegende CD, die erste beim neuen Label Virgin Classics, fabelhaft gelungen. Wo man im Debussy-Quartett bei aller Bewunderung für die ständigen Nuancierungen und Rubati noch ein wenig das Loslassen, das sich Freimachen von ständigen Beleuchtungswechseln vermisst, schlägt die Atmosphäre im selten gespielten, späten Quartett Gabriel Faurés um.
Die fast asketische lineare Stimmführung des ersten Satzes entfaltet sich wie von selbst zu einem erstaunlich modernen Präludium des langsamen Mittelsatzes. Auch dieser tastet sich mehr vor, als dass er sich entwickelt, stellt harmonisch mehr Fragen, als er Antworten zu geben bereit ist. Hier, wie im etwas aufgeräumteren, melodisch von jeder Schwere befreiten Schluss-Allegro leistet die vier Franzosen ein Wunder an Transparenz und Tiefenschärfe, Tugenden, die auch dem Klassiker Ravel jeden Anflug von Routine nehmen.
Die Phrasierungen scheinen nun ganz selbstverständlich zu fließen, nie hat man das Gefühl belehrt zu werden, obwohl man Manches wie zum ersten Mal zu hören glaubt.
So hat das Quatuor Ebène der gern bemühten Koppelung Debussy-Ravel mit dem Fauré-Quartett eine weitere Perspektive und der Diskografie einen Glanzpunkt beschert.