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Am 29. August jährt sich Bohuslav Martinus Todestag zum 50. Mal. Foto: Schott Music
Am 29. August jährt sich Bohuslav Martinus Todestag zum 50. Mal. Foto: Schott Music
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Entdeckungen im Gedenkjahr: Kammermusik von Martinu in neuen Einspielungen

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Er gehört zu den Vergessenen in diesem ganz von Händel, Haydn und Mendelssohn geprägten Jubel- und Gedenkjahr. Dabei zählt Bohuslav Martinu (1890– 1959) zu den bedeutendsten Komponisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – nur, dass dies bisher einmal bemerkt wurde. Zwei herausragende Einspielungen mit Kammermusik setzen nun neue Akzente.

Warum es Martinu bis heute nicht in das breite Bewusstsein der „Kenner und Liebhaber“ geschafft hat, mag an den Zeitumständen liegen, die seine Biographie geprägt haben: Geboren in Ostböhmen verschlug es ihn – nach Jahren in Paris und der Emigration in die USA – am Ende seines Lebens in die Schweiz. Doch auch die Musik ist stilistisch nur schwer zu fassen: Hier finden sich neben nationalromantischen böhmischen Relikten helle impressionistische Farben, aber auch spröde Originalität. Sicher scheint nur, dass sich Martinu wohl kein einziges Mal irgendwo musikalisch angebiedert hat.

Während seinen Sinfonien bereits einige Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde (erinnert sei an die famose Aufnahme der Vierten mit dem Orchestre National de Belgique und Walter Weller bei dem Label Fuga Libera, 2007), war es bisher mit exemplarischen Aufnahmen aus dem umfangreichen kammermusikalischen Œuvre (immerhin 7 Streichquartette) nicht sonderlich gut bestellt.

Umso erfreulicher sind gleich zwei Neuproduktionen: zunächst eine CD mit groß besetzter Klavierkammermusik, dann ein Doppelalbum, das Werke unterschiedlicher Besetzung aus drei Jahrzehnten vorstellt. Mit seinem charakteristisch warmen, satten und „böhmischen“ Klang nimmt sich das Kocian Quartett (mit Ivan Klánsky am Klavier) gleich drei kompositorischer Schwergewichte vor und wird den eigentümlich zwischen den Zeiten stehenden (und gelegentlich gar nach Minimal Music klingenden) Partituren in wirklich jeder Weise gerecht.

Einen durchsichtigeren, stärker die Struktur sezierenden Tonfall legen die Musiker des französischen Ensembles Calliopée an den Tag. Für das Klavierquartett (1942) eine willkommene ergänzende Sichtweise, die das Werk surrealistischer erscheinen lässt. Bilder unterkühlter Romantik ruft das hörenswerte Streichquintett (1927) hervor; bei dem Streichtrio Nr. 1 (1924) handelt es sich gar um ein erstes Meisterwerk – übrigens die Ersteinspielung des Werkes, das bis 2005 als verschollen galt und durch Zufall in Kopenhagen wieder aufgefunden wurde (worüber ein kleiner Dokumentarfilm Auskunft gibt).

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