Composers doing normal shit: Sie surfen, sie scheitern, sie knipsen, sie mögen Katzen - und das Beste: sie halten es schriftlich für die Nachwelt fest. Die Komponist*innen unserer Zeit bekommen auf ihren Blogs die Bühne, die ihnen in den Spielplänen verwehrt bleibt. Eine Auswahl.
“Why compose when you can blog?”: Keine, obwohl aus Leser*innensicht allzeitberechtigte, Prokrastinationsausrede sondern die Headline von Jennifer Jollys https://whycompose.com/, dem großen Werkzyklus des Nichtkomponierten: Die Amerikanerin veröffentlicht regelmäßig Ablehnungen für ihre eingereichten Stücke, kompensiert mit süßen Katzenbildern.
“wassiljew macht neue musik und beschäftigt sich mit ideologie. hatte bis jetzt keine stipendien, auszeichnungen oder preise bekommen [...] und seine werke wurden nie bei donaueschinger musiktagen, wittener tagen für neue kammermusik, eclat etc. pp. aufgeführt.” So die semi-vielversprechende Biographie von Anton Wassiljew auf seinem Blog: Kulturtheorie und Ideologiekritik gepaart mit Musikempfehlungen und anderen Internetschätzen unter http://usernamealreadyexists.net/
Neue-Musik-Influencertum gibt es auf dem Youtubekanal von David Bruce. Statt Schleichwerbung versteckt er unterschwellig Polyrhythmik im Hintergrundgedudel seiner Videos und seine Follow-Me-around-Vlogs haben Titel wie “What's It Like To Have Your Composition Played at the PROMS?” ( https://www.youtube.com/user/davidbrucedotnet )
“Olivier Messiaen and his first wife Claire Delbos having a miserable time at their wedding.”, “Darius Milhaud yelling at someone” oder “Benjamin Britten standing naked on the porch staring out into the wilderness” lauten die treffenden Einzeiler unter den grandios unspektakulären Fotos des Twitteraccounts “composers doing normal shit” (https://twitter.com/NormalComposers) - Komponist*innen wie Neo Hülcker oder Ole Hübner die ihre eigenen Webauftritte mit sehenswerten Fotoblogs bereichern, beugen solchen Twitterleaks zumindest prämortal vor.