Das Erscheinen dieser CD kommt einer Sensation gleich, birgt es doch gleich zwei Höhepunkte: die Ersteinspielung der ersten – bisher verschollen geglaubten - Orchestersuite von Claude Debussy (1883) und dessen berühmtes Orchesterstück „La mer“ (1905) mit dem Orchester „Les Siècles“ auf historischen Instrumenten.
22 Jahre liegen zwischen der Entstehung der beiden Werke, und die Handschrift des Neunzehnjährigen (Suite) ist schon so unverkennbar eigen, dass man gar nicht mehr so richtig nachvollziehen kann, wie schwer es für Debussy war, den vom Konservatorium geforderten Gesetzen, der romantischen Sprache und dem „Wagnerisme“ den Rücken zu kehren.
Nun ist das 2003 gegründete Orchester „Les Siècles“ nicht irgendein weiteres Orchester der historischen Aufführungspraxis, sondern nach der Idee des Dirigenten François-Xavier Roth eines, dessen Musiker von Stück zu Stück die Instrumente und Spielweise auch wechseln. Für die außerordentlichen Klangfarben von Debussy heißt das durch die Verwendung von Darmsaiten und Blasinstrumenten der Zeit mit ihren sehr viel reicheren Klangfarben, dass die Musik sehr viel organischer klingt, dass sie naturhafter wirkt, dass sie soghaft „nach vorne“ zieht.
Immer hat ja Debussy die Natur als seine Lehrmeisterin bezeichnet, ihre Bewegungen, ihre Wellen der Erregung und Entspannung. Wie das Roth mit dem Orchester klangfarblich erarbeitet, in „La Mer“ mit furiosen Explosionen der Naturkräfte Meer, Wind und Wolken, auch mit brüsken Aufschwüngen heftiger seelischer Leidenschaften, das kommt einer Neuentdeckung des bekannten Werkes gleich.
Und die Wiedergabe der ungemein farbigen ersten Orchester-Suite zeigt, dass diese über kompositorische „Versuche“ – es war das Jahr, in dem er den zweiten Preis beim begehrten „Prix de Rome“ gewann – weit hinausgeht. Den nur im Klavier vorliegenden dritten Satz hat der französische Komponist Philipp Manoury kongenial instrumentiert.