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Aus Hochachtung für das seelige Vergnügen

Untertitel
Werke für Gesang von Louis Spohr und Ludwig van Beethoven in neuen Editionen
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Louis Spohr (1784–1859): Torni serena l’alma, Rezitativ und Arie für Tenor und Solovioline WoO 76, Klavierauszug, herausgegeben von Wolfram Boder. +++ Ludwig van Beethoven (1770–1827): Adelaide, für Singstimme und Klavier Opus 46, Originaltonart für hohe Stimme, Urtext, herausgegeben von Helga Lühning.

Louis Spohr (1784–1859): Torni serena l’alma, Rezitativ und Arie für Tenor und Solovioline WoO 76, Klavierauszug, herausgegeben von Wolfram Boder. Edition Merseburger 687, ISMN 979-0-2007-3210-8

Der Bruder des Herzogs von Gotha, Prinz Friedrich von Sachsen-Gotha-Altenburg, wohlwollender Musikliebhaber mit wohlklingender Tenorstimme begabt, erteilte seinem Hofkonzertmeister Louis Spohr den Auftrag, ihm ein Stück zu schreiben, das er mit ihm als Violinbegleiter bei Hofkonzerten aufzuführen gedenke. Die „italienische Arie alla Polacca mit obligater Violine“ bezeugt die überragende Virtuosität des Autors.

In Spohrs „Lebenserinnerungen“ ist nachzulesen: „Sie wurde denn auch oft genug vorgeführt, besonders wenn Fremde zu Besuch waren.“ Nicht zu Unrecht. Es ist anzunehmen, dass Prinz Friedrich über eine leichte Tenorstimme verfügte. Mag sein, dass er sich an Rossinis Kolloraturen übte und auch dem Spitzenton cis’’ nicht auswich.

Textdichter unbekannt – fröhliche Stimmung – leider keine adäquate Textübersetzung vorhanden. Das Autograph ist verschollen. Als gesicherte Quelle dient eine Abschrift der Partitur in der Besetzung für Tenor, Solovioline, Flöte, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Hörner, 2 Trompeten, Pauke und Streicher aus dem späten 19. Jahrhundert. Das Leihmaterial ist im Verlag erhältlich. Der Klavierauszug wurde vom Herausgeber Wolfram Boder mit dem Hintergedanken eingerichtet, die Arie auch im kleineren Rahmen aufzuführen, nicht also nur zu Studienzwecken.

Ludwig van Beethoven (1770–1827): Adelaide, für Singstimme und Klavier Opus 46, Originaltonart für hohe Stimme, Urtext, herausgegeben von Helga Lühning. G. Henle Verlag, ISMN M-2018-1043-0

Das Autograph des schon Mitte der 1790er-Jahre entstandenen und zu Lebzeiten Beethovens weit verbreiteten Liedes gibt es nicht mehr. Interessant ist der Titel der Originalausgabe: „Adelaide von Matthisson: Eine Kantate für eine Singstimme mit Begleitung des Clavier“. Als Lied galt seinerzeit lediglich das Strophenlied. So hielt der Verleger oder Beethoven selbst sich an den aus italienischer Tradierung stammenden Begriff Kantate, im Sinne eines ausgedehnten weltlichen Sologesangs, nicht also der mehrsätzigen Kantate des Barock.

Adelaide ist dem Verfasser des Gedichts, Friedrich von Matthisson mit den Worten gewidmet: „mein Heißester Wunsch ist befriedigt, wenn ihnen die Musikalische Komposition ihrer Himmlischen Adelaide nicht ganz Mißfällt, und wenn sie dadurch bewogen werden, bald wieder ein Ähnliches Gedicht zu schaffen......Theils als ein Zeichen meiner Dankbarkeit und Hochachtung für das Seelige Vergnügen, was mir ihre poesie überhaupt immer machte...errinnern sie sich bey Durchspielung der A. zuweilen ihres sie wahrhaft verehrenden Beethowen.“
Ein zehn Jahre verspätetes Dankesschreiben von Matthisson an den Komponisten liest sich wie folgt: „Mehrere Tonkünstler (eingefügt: beispielsweise J.F. Reichardt, C.F. Zelter, J.R. Zumsteeg und nicht zuletzt der junge Franz Schubert) beseelten diese kleine lyrische Phantasie durch Musik; keiner aber stellte, nach meiner innigsten Ueberzeugung, gegen die Melodie den Text in tiefere Schatten, als der geniale Ludwig von Beethoven zu Wien.“
Äquivalenz zweier begnadeter Meister ihres Metiers! Der kunstvolle Versrhythmus im Stile von Sapphischer Ode, dem dreigliedrigen Elfsilbler im Gedicht sowie die daktylisch fünfsilbige „A-de-la-i-de“-Metrik, klangbezogene Metaphern, prosodisch musikalischer Gestus, inspirierende Poesie hat den damals ungefähr 25-jährigen Genius Ludwig van Beethoven zu einem seiner Meisterwerke beflügelt. Die ersten drei Strophen des Liedes fließen im ruhigen Larghetto im Gleichklang zur Textdeutung des „Einsamen im Frühlingsgarten“, „im Schnee der Alpen“, „im Abendlüftchen“. In der letzten Strophe „Einst, o Wunder! entblüht auf meinem Grabe, eine Blume der Asche meines Herzens; Deutlich schimmert auf jedem Purpurblättchen...“ entlädt sich in raschem Tempo (Allegro molto) gleichsam als Apotheose „Adelaide“ = „von edler Art“.

Der Bekanntheitsgrad des Liedes sowie die exakt revidierte mit Korrekturen versehene Notentext rechtfertigt die vorliegende Neuausgabe in Anlehnung an die Beethoven-Gesamtausgabe XII Bd. 1 von Helga Lühning, München 1990. Der deutsche Text ist silbengenau in englische, italienische und französische Sprache übersetzt.

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