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Vorschläge aus der Praxis heraus: Juliane Banse. Foto: Goldmann PR
Vorschläge aus der Praxis heraus: Juliane Banse. Foto: Goldmann PR
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Ein Glücksfall für die Praxis

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Breitkopf-Neuausgabe sämtlicher Konzert-Arien Mozarts im Klavierauszug liegt vor
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Wer bestimmte Konzertarien von Mozart kennenlernen und einstudieren wollte, etwa die frühen kleineren, musste bisher mühsame Nachforschungen und Wege in die Musikarchive auf sich nehmen. Dies ist nun vorbei, der editorischen Arbeit des Münchner Herausgebers Franz Beyer sei Dank. Seit 1999 erschienen bis zum Mozart-Jahr 2006 die Konzert-Arien für Sopran erstmals vollständig in einer dreibändigen Ausgabe für Gesang und Klavier sowie ein Band mit Konzertarien für Tenor und Klavier, nun legt Beyer für das tiefe Stimmfach eine Ausgabe mit neun Bass-Arien aus der letzten Schaffensphase nach.

Damit komplettiert sich die Gesamtausgabe der Mozart-Konzertarien im Klavierauszug auf insgesamt fünf Bände. Entstanden ist hier eine Edition aus der Praxis für die Praxis, denn renommierte Mozart-Sänger konnten für das ambitionierte Projekt ins Boot geholt werden: die Sopranistin Juliane Banse, der Tenor Christoph Prégardien und der Bassist Robert Holl. Sie haben die Kadenzen und Eingänge ihres jeweiligen Stimmfaches eingerichtet.

Juliane Banse konnte hierfür ihre Erfahrung als Konzert- und Opernsängerin einbringen: „Ich habe einfach aus der Praxis heraus versucht, konstruktive Vorschläge zu machen, sie sollen als Anregung verstanden sein, als Möglichkeit und nicht als Vorschrift“, erläutert die Sopranistin. Die Edition wendet sich an ihre professionellen Sängerkollegen, die vergessene Arien in ihr Repertoire aufnehmen wollen und nun endlich das Notenmaterial vor sich haben, aber besonders auch Studenten erleichtert sie den Zugang zu dieser lange verschlossenen frühen Vokal- und Ausdruckswelt Mozarts: „Es gibt ja die-se Kadenzvorschläge, an die sich gestandene Kollegen nicht unbedingt halten werden, aber für Studenten ist es eine Hilfe, sich auch stilistisch in diese Materie hineinzufinden“, so Juliane Banse.

Schon mit neun Jahren hatte Mozart damit begonnen, Arien zu komponieren, und er widmete sich ihnen zeitlebens, so dass eine Fülle verschiedenster Arientypen entstand auf fast ausnahmslos italienische Texte. Frühe Arien bis hin zu reifen Kompositionen, etwa nachkomponierte und besonderen Wünschen seiner Sängerinnen folgende Nummern zum Beispiel aus dem „Figaro“, so lässt sich die ganze stilistische Entwicklung Mozarts im Zuge dieser Edition in komprimierter Gestalt nachvollziehen.

Mozart schrieb seine Konzert-Arien seinen Sängerinnen und Sängern oftmals auf den Leib und liebte es, wenn „die aria einem sänger so accurat angemessen sey, wie ein gutgemachts kleid“. Dies hielt auch Juliane Banse so, als sie die Kadenzen und Eingänge, also jene kurzen Überleitungen zwischen den Arienteilen, gestaltete und mit Verzierungsvorschlägen versah: „Eine Kadenz ist dafür da, dass der Sänger seine besonderen Fähigkeiten und Qualitäten noch einmal vorführen kann. Die Arien bei Mozart sind sehr unterschiedlich. Es gibt Koloraturarien, lyrischere oder dramatischere oder leichtere. Man muss die Kadenz also der Arie anpassen: Welcher Stimmtyp singt die Arie, wo liegen die Vorzüge dieses Stimmtyps, was würde diejenige wahrscheinlich zeigen wollen in solch einer Kadenz? Dann schaut man sich den Tonumfang der Arie an und überlegt, was bei der Kadenz dazu passen würde. Man muss sich da von Fall zu Fall hineinversetzen.“

Maßgeschneiderte Kadenzen also, bei Mozart wie bei Juliane Banse – „Mozart wusste sehr genau, wie die stimmlichen Möglichkeiten seiner Sängerinnen waren, und man kann heute nur noch versuchen, diesen nachzuspüren. Genau wissen kann man es nicht. Die Tatsache aber, dass diese Arien maßgeschneidert waren für bestimmte Sängerinnen, kann einem den Mut geben, sie auch heute mit den Eingängen und Kadenzen so passend wie möglich zu schneidern.“

Viele musikalische Kostbarkeiten hält Franz Beyers fünfbändige Neuausgabe sämtlicher Mozart-Konzertarien bereit, Unbekanntes neben Bekanntem. Darüber hinaus liefert er ausführliche Informationen über die vokale Aufführungspraxis bei Mozart und historische und inhaltliche Kommentare zu jeder Arie, außerdem die deutsche und englische Übersetzung der italienischen Arientexte.

Die Repertoirelücke, die mit dieser Edition geschlossen wird, wie auch ihr pädagogischer Wert, sind nicht hoch genug einzuschätzen. So finden Sängerinnen, die sich Mozarts Opernpartien erst erarbeiten und nähern wollen, insbesondere in den Sopranbänden 2 und 3 nicht weniger als 23 kleine, in sich geschlossene Gesangsszenen. Opern en miniature gewissermaßen, die als Schule des Affekts und Ausdrucks dienen können. „Es gibt viele Arien, bei denen man Mozarts Stil üben kann, man muss nicht gleich eine ganze Partie lernen“, erklärt Juliane Banse. „Allerdings dauern manche dieser Arien auch ihre zehn Minuten, wenn man die im Repertoire hat, dann kann man sie auch Dirigenten vorsingen. Weil sie sehr aussagekräftig sind und sehr viel zeigen. Man lernt unglaublich viel auf diesem gedrängten Raum. Das ist die nächste Stufe nach dem Lied, bei dem man eine ganze Welt in zwei Minuten erschaffen muss“.

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