Ludwig van Beethoven: Sonaten für Violoncello und Klavier. Herausgeber Christiane Wiesenfeldt/Christian Ubber. Wiener Urtext Edition Schott/Universal-Edition (2008), UT 50247, ISMN M-50067-278-7
Ludwig van Beethoven: Sonaten für Klavier und Violoncello. Herausgeber Jens Dufner/David Geringas. Henle Urtext (2009), HN 894, ISMN M-2018-0894-9
Die Verlage Henle und Schott/Universal überbieten sich in jüngster Zeit gegenseitig mit Urtextausgaben, die in jeder Hinsicht Freude machen: klares Schriftbild, gut recherchierte Quellenlage, dargeboten in verständlich geschriebenen Texten, dazu versehen mit ausgesprochen hilfreichen Fingersatz- und Strichbezeichnungen, die „en detail“ allerdings sehr unterschiedlich ausfallen. Wozu soll man nun raten? Im Unterricht mit fortgeschrittenen Schülern beziehungsweise Studentinnen arbeite ich neuerdings mit beiden Ausgaben – und zwar mit sehr guten Ergebnissen – nicht zuletzt wegen des Zugewinns an Erkenntnis für den Lehrenden selbst.
Beide sind zwar so genannte „Urtextausgaben“, unterscheiden sich aber bereits im Titel: Beim Henle-Verlag handelt es sich um „Sonaten für Klavier und Violoncello“, bei der gemeinsamen Edition von Schott und Universal sind es „Sonaten für Violoncello und Klavier“. Was denn nun? Das bitte möge jeder für sich entscheiden und dabei womöglich feststellen, dass es bezüglich des musikalischen Dialogs eine Entwicklung gibt, die zunehmend zu einer Gleichberechtigung beider Instrumente führt. Unterm Strich lassen sich jedenfalls beide Ausgaben bestens empfehlen.
Ludwig van Beethovens Cellosonaten zählen zu den bedeutendsten Kammermusikwerken des 19. Jahrhunderts. In der als Wiener Urtext-Edition bezeichneten Ausgabe glänzt die Herausgeberin mit profund recherchierten Angaben zur Quellenlage. So weit es den Klavierpart betrifft, werden diese von Christian Ubber ergänzt mit ausgesprochen nützlichen Hinweisen zur Interpretation, der sich hierbei auf Carl Czernys Erläuterungen zu diesen Sonaten beruft.
Der Cellostimme ist ein eigenes Vorwort von Heinrich Schiff vorangestellt, in den abschließenden Anmerkungen zum Notentext und zur Interpretation findet man unter anderem zusätzliche Hinweise zur Quellenlage. Die Fingersätze von Heinrich Schiff sind schlüssig und liegen mir persönlich sehr, bezüglich der Stricharten fühle ich mich bei den Akkordbrechungen indessen etwas im Stich gelassen (etwa bei Takt 100ff. im zweiten Satz der g-Moll-Sonate). Empfehlen kann ich hier das Studium der Etüden op. 57 von F.A. Kummer, speziell Nummer 9.
Als besonderes „Schmankerl“ ist dieser Ausgabe noch die Hornsonate op. 17 in der Fassung für Cello und Klavier hinzugefügt, die zumindest einigen Aufschluss gibt über die frühe Schaffensperiode des Komponisten. Außerordentlich gründlich hat der Herausgeber Jens Dufner die Quellenlage dieser Sonaten für die Henle-Ausgabe recherchiert und in einem ausführlichen Vorwort zu Papier gebracht, gleiches gilt für die detaillierten Bemerkungen im abschließenden Teil der Klavierpartitur. Die Fingersätze wurden von Ian Fountain eingerichtet.
Der Cellist findet in dieser Ausgabe neben einer unbezeichneten Ausgabe eine zusätzliche Cellostimme, die von David Geringas mit Fingersätzen und Streichbezeichnungen versehen wurde. Diese sind insgesamt durchdacht und auch sehr brauchbar, ich persönlich fühle mich aber wohler bei der unbezeichneten Ausgabe. Hinsichtlich der bogentechnischen Umsetzung von Akkordbrechungen, die in fast allen Sonaten auftauchen, sei auch hier auf die Etüden op. 57 von F. A. Kummer hingewiesen. Bestechend empfinde ich das klare Notenbild sowie die auch rein „blättertertechnisch“ sehr gut gelöste graphische Präsentation.