Louis Massonneau (1766–1748): 3 Duos concertantes für Violine und Violoncello op. 9, em 0312; 3 Streichquartette op. 11/I, em 0812; 6 Airs variés für Violine und Violoncello op. 11/II, en 0712; Drei Quartette für Oboe, Violine, Viola und Violoncello, em 0212. Herausgegeben von Reinhard Wulfhorst. Jeweils Partitur und Stimmen. Edition Massonneau, Schwerin (2012)
Musik am großherzoglichen Mecklenburg-Schweriner Hof spielte seinerzeit eine zunehmende Rolle. Einen Höhepunkt erreichte die Hofkapelle mit ihrer 1767 erfolgten Verlegung nach Schloss Ludwigslust. Von den Musikern, die dort Ende des 18. Jahrhunderts und über die Jahrhundertwende hinaus mehr oder weniger lange wirkten, sind bislang drei in die Musikgeschichte eingegangen: Antonio Rosetti als Leiter der Hofkapelle und Primus unter den damaligen Komponisten, der Cellovirtuose Franz Xaver Hammer und der Kontrabassist Johannes Matthias Sperger. Alle hinterließen als Komponisten Werke, die in der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern der weiteren Erschließung harren. Jetzt muss man sich einen weiteren Namen merken.
Denn alle vier starteten und wirkten ab 1789 mehr oder weniger lange in der dortigen Hofkapelle. Als Sohn eines französischen Küchenmeisters am Hessischen Hof wurde in Kassel 1766 Louis Massonneau geboren, wo ihm eine gründliche musikalische Ausbildung als Geiger sowie in Komposition zuteil wurde. Es folgten wechselnde Engagements zwischen Frankfurt und Hamburg. Sein Suchen nach einer musikalischen Bleibe hatte erst 1803 Erfolg, als Herzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg-Schwerin ihn, den inzwischen bekannt gewordenen virtuosen Geiger und Komponisten, in seine Ludwigsluster Hofkapelle holte, die in deutschen Landen damals als führender Klangkörper galt.
Als Komponist war Massonneau allerdings offenbar ein Spätentwickler und voll der Wiener Klassik verhaftet. Erst in seinem fünften Lebensjahrzehnt wird er schöpferisch kreativ und schafft Opus 1 bis 12, vorwiegend kammermusikalisch orientierte Werke, die rasch vergessen wurden, denen aber mit gutem Grund jetzt unsere besondere Aufmerksamkeit gilt.
Zweifellos war Massonneau in diesen Kammermusiken vom Charme des etwa 30 Jahre älteren Joseph Haydn inspiriert, zeichnet sich aber durch einen sehr eigenen unglaublich melodiös dahinfließenden Erfindungsreichtum aus. Seine drei frisch-fröhlichen Duos für Violine und Violoncello op. 9, jeweils dreisätzig, sind von einzigartiger Brillanz und musikalischer Dichte. Die beiden Instrumente begegnen sich in packender konzertierender Weise, spielen ihre technischen und klanglichen Möglichkeiten voll aus. Herausgeber Reinhard Wulfhorst möchte man gerne zustimmen, wenn er meint, das Duo Nr. 1 gehöre zu den Glanzlichtern der Literatur für Violine und Violoncello.
In seinen sechs Airs variés, alle bezogen auf das Volkslied „Freut euch des Lebens“, zeigt sich Massonneau als Meister der Variationskunst. Seine kurzweiligen jeweils drei bis acht Variationen sprühen vor Einfällen, wechseln lustvoll Ton-, Klang- und Taktarten und neckische Verzierungen. Präzise ausgezeichnete Artikulationen und Phrasierungen werden abverlangt. Mal von dem einen, mal von dem anderen Partner sind es virtuose technische Girlanden im Wechsel mit graziösen Verneigungen vor der besungenen Lebensfreude. Also wechselnde tönende Spielereien mit überraschenden Wendungen, die die Zuhörer bei Laune halten dürften. Alle diese Duos verleugnen in ihrer Originalität und im persönlichen Ausdruck keineswegs frühromantische Vorgefühle. In ihrem musikalischen und technischen Anspruch („mittel bis schwierig“) stehen sie gut und gerne mindestens gleichbedeutend auf dem Rang der gleichartigen Duos eines Boccherini, Pleyel oder Stamitz und lassen sie in dem einen oder anderen Falle sogar hinter sich.
Von zwölf hinterlassenen Streichquartetten, für die zweifellos Haydn eine gewisse Orientierung gab, hat diese Edition sich der wohl interessantesten drei Streichquartette op. 11 angenommen, die um 1800 entstanden sind. Massonneau ließ sie in Hamburg im Selbstverlag gedruckt erscheinen. Auf diesen Erstdruck stützt sich diese vorzügliche Druckausgabe von Partitur und Stimmen, und sie rechtfertigt sich, „weil ihr kompositorischer Anspruch in Konkurrenz zu den reifen Werken der Wiener Klassik trete“. Gleiches gilt für die drei Quartette für Oboe, Violine, Viola und Cello, die vermutlich während seines Engagements in Altona vielleicht als Auftrag entstanden sind und dann 1798 in Hamburg gedruckt erschienen. Sie „gehören ohne Zweifel zum Besten, was seinerzeit für diese Besetzung komponiert wurde“, meint Wulfhorst. Zumindest eine seltene Besetzung, die in klassischen Zeiten ein Pendant im Oboen-Quartett KV 370 hatte, das Mozart 1781 in München für einen Mannheimer und Münchner Oboisten geschrieben hat. Hier brilliert die Oboe, sekundieren die Streicher, quasi zum Luftholen des Bläsers, hier mischen sich die Farben, wechseln die Ton- und Taktarten und Modi. In schwelgerischen Skalen, dann wieder in ruhigen lyrischen Cantilenen im Nichts ersterbend, so kontrastreich gemischt, so aufregend kommt die Musik, so suchen diese Quartette ihr Publikum.