„Qualität wird sich immer durchsetzen“, da sind sich besonders die Musikverlage sicher. Präsent zu sein auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse vom 09. bis 14. Oktober, war deren Motto, um Flagge zu zeigen gegen die Krise allerorts. Man bündelt die vorhandenen Kräfte für das Kerngeschäft, Priorität in der Messepräsenz hat naturgemäß die Musikmesse.
„Qualität wird sich immer durchsetzen“, da sind sich besonders die Musikverlage sicher. Präsent zu sein auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse vom 09. bis 14. Oktober, war deren Motto, um Flagge zu zeigen gegen die Krise allerorts. Man bündelt die vorhandenen Kräfte für das Kerngeschäft, Priorität in der Messepräsenz hat naturgemäß die Musikmesse. Die im Vorfeld der Buchbranchenmesse proklamierte Krisenstimmung war in den bisweilen recht leeren Hallen nicht zu leugnen. „Wesentlich ruhiger als sonst“, resümierte die Standbesetzung bereits am Messefreitag. Dabei ist der Anteil der Fachbesucher ebenso wie die Gesamtbesucherzahl von 265.000 – 2,6 Prozent mehr als 2001 – gestiegen. Gerade gute Gespräche gelingen aber nur in Ruhe und neben der Imagepflege war es das Anliegen der Aussteller, neue Kontakte zu knüpfen. Der etwas abseitige Standort der meisten Musikverlage in Halle 3.1 lag immerhin in Nachbarschaft wichtiger Bildungsverlage. Und Musikbildung prägt entscheidend das pädagogische Angebot.Ungebrochen bindend bleibt der Messetermin für Neuerscheinungen im Musikbuch. So glänzten denn „Orgeln! Orgeln“ im Wanddisplay des Bärenreiter-Standes neben dem „Kloiber“ – Handbuch der Oper, das rechtzeitig zur Messe fertiggestellt werden konnte: gelungener Mix zwischen musikwissenschaftlich-geschichtlichem Hintergrund und populär-verständlichem Musikbuch. Damit reagieren große wie kleinere Musikverlage auf gewandelte Kundeninteressen. Denn nur wenige wollen sich in den aktuellen Forschungsstand der Gesamtausgaben, etwa zu Robert Schumann, vertiefen, so Dr. Ann-Katrin Heimer, die bei Schott International wissenschaftliche Editionen betreut. Vielmehr geht der Trend zu kompakten und preiswerten Ausgaben, etwa Schott`s „Studienbuch Musik“. Praktisch aufbereitete Musikpädagogikliteratur zu Alexandertechnik für Pianisten, Anleitungen zur Hörschulung oder „Didaktik der Neuen Musik“ werden in hohen Tönen gelobt.
Daneben erweitern die Verlage das populärwissenschaftliche Buchprogramm. Erstaunlich stark locken schön aufgemachte Musik-Kinderbücher, teilweise mit CD, die bereits im Bilderbuch die wichtigsten Stationen im Musikgeschäft zeigen, etwa der „Opernführer für junge Leute“ neben der Serie von Andrea Hoyer zu verschiedenen Musikinstrumenten. Klar sollen hier bereits (Klein-)Kinder mittels Buch und dessen – noch nicht ausgeschöpfter – multimedialer Möglichkeiten für die Welt der Musik gewonnen werden. Comics waren dabei aber nicht primär Thema; im Gegensatz zum ansonsten auf der Messe gut platzierten Schwerpunkt des Comic-Zentrums, das es neben dem neuen Kinderbuchforum überzeugend vermochte, Kinder und Jugendliche für die Bücherwelt zu begeistern. Der große Andrang bei Lesungen und Signieraktionen machte für die Verlage die Messe zur erfolgreichen Bühne für die Vorstellung ihrer Autoren. Die Kombination zwischen Bewährtem und Neuem scheint das Rezept zu sein. Der Bärenreiter „Liederbär“ avancierte zum Bestseller, so dass dieser Erfolg anspornt zu weiteren populärwissenschaftlichen Werken, beispielsweise Nachschlagewerke („Jazz-Lexikon“) und Komponistenportraits. Solche Musikbelletristik fächert fast schon schmökerhaft das Leben von Zeitgenossen des 20. Jahrhunderts auf: Boulez, Schönberg, Gould. Da wird die zu oft in die Nische gedrängte „Zeitgenössische Musik“ plötzlich spannend und regt – auch mit „Essays... von Bach bis Holliger“ – an. Die Förderung zeitgenössischer Komponisten – neben der „Neuklassik“ unter den Komponisten natürlich auch die Nachwuchskomponisten – ist ein wichtiger kontinuierlicher Bestandteil im jeweiligen Verlags-Portfolio. Egal wie schwierig die Vergabe von (zum Beispiel) Kompositionsaufträgen auch sein mag.
Die Buchmessenhallen sind gepflastert mit Büchern und vermehrt Non-Books. Das für Musikverlage entscheidende Produkt aber hat dort nichts verloren – das umfangreiche Notenprogramm. Ohne dieses unverändert gut laufende Angebot mit bis zu etwa 30 Neuerscheinungen pro Jahr und Verlag könnten die bis zu etwa 20 Musikbuch-Novitäten nicht realisiert werden. Entsprechende Kontakte und Lizenzgespräche finden jedoch auf der Musikmesse statt. Das Geschäft mit den Noten verlagert sich zusehends ins Ausland; bei Breitkopf & Härtel etwa zu fast zwei Drittel. Hier ist auch der Programmbereich Neue Musik stark vertreten, etwa mit Partituren von Uraufführungen zum Beispiel zu den Donaueschinger Musiktagen. In der gleichbleibend bedeutsamen Kirchenmusik werden Orgel und Chor-Literatur stark nachgefragt. Auch hier hält das Elektronische Publizieren Einzug: in eine bundesweite Datenbank des Stuttgarter Verlagsbüros Wais & Partner können Kirchenmusiker Aufführungen und Ensembles eintragen.
Der Wissensdurst der Leser will gestillt sein, nicht im Sinn forschend-tiefgründiger Wissenschaftsliteratur, sondern fundiert allgemeinverständlich und lesefreundlich. Da reiht sich die Musikbranche in die allgemeine Entwicklung der „Wissensgesellschaft“ im 21. Jahrhundert ein. Dieser bot die neu konzipierte Halle 4.0. „Media & Information“ – 2001 versammelten sich Anbieter und Institutionen von und zu eCommerce und eBusiness im EMC (Electronic Media Centre) – mit reichhaltigem Veranstaltungsprogramm im ICICOM (International Centre for Information and Content Management) u eine zukunftsweisende Plattform für (nicht)digitale contentorientierte Ideen und elektronische Produkte. Zur Auseinandersetzung mit dem digitalen Wandel in der Verlags- und Medienbranche beleuchtete unter anderem der dmmv (Deutsche Multimedia Verband) e.V. künftige Chancen und Challenges als Brücke ins Informationszeitalter. Eindrucksvoll setzte die IT-Branche auch nach dem Crash der New Economy innovative Impulse. Dabei kam die Diskussion immer wieder auf Books/Print on demand. Was 2001 vom Grossisten libri auch für den Autoren im Selbstverlag vorgestellt wurde, professionalisiert sich zusehends. „Die technischen Möglichkeiten für print on demand sind bereits da“, so Annekathrin Mascus von Breitkopf & Härtel und stellen für Sonderanfertigungen oder kleinere Auflagen eine gute Alternative dar.
Die Konsolidierung spürte auch die Buchmesse, in weniger Hallen tummelten sich knapp 300 Aussteller weniger als 2001. Die 6.375 Aussteller, darunter viele kleinere, aus 110 Ländern präsentierten mit 81.424 zwar 17.000 Novitäten weniger, zeigten sich mit dem Messeverlauf aber sehr zufrieden, optimistisch und selbstbewusst. Buchmesse-Direktor Volker Neumann will jedenfalls „alles daran setzen, um mit der Buchmesse Frankfurt der Branche ein Instrument zu bieten, mit dem sie ihre wirtschaftliche Erholung beschleunigen kann.“ Dazu trug das attraktive Rahmenprogramm bei. So faszinierte das Gastland Litauen mit kleinem Budget und intelligenter Planung durch einen anspruchsvollen lebendigen Auftritt. Mit der Friedenspreis-Verleihung an den nigerianischen Schriftsteller Chinua Achebe würdigte der Deutsche Buchhandel den Vater moderner afrikanischer Literatur, einem scharfen Beobachter der politischen globalen Zustände. „Bridges for a World Divided“ titelte der interdisziplinäre Kongress im Internationalen Zentrum mit dem öffentlichen Symposium „Frankfurt Futura Mundi“ am 12. Oktober als Höhepunkt, veranstaltet von der Maleki-Group. Gerechtigkeit durchzog diesen Dialog über die Grenzen von Kulturen und Kontinenten hinweg. Dieses internationale Flair gepaart mit dem hier begonnenen „frischen Mut“ soll in den Verlagsalltag gerettet werden. Bis zur nächsten Messe (8. bis 13. Oktober 2003) bleibt es spannend, wie „hohe Qualität zum günstigen Preis“, so Corinne Votteler, Internationales Marketing bei Bärenreiter, erreicht werden kann. Ob es das geplante Gastland Russland samt seiner reichen Musiktradition vermag, auch das Verlagsgeschäft mit Musikalien spürbarer zu inspirieren?