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Felix Janosa: „Science Fiction Piano – 19 galaktische Klavierstücke“, 24 Seiten, mit Computerillustrationen von Jörg Hilbert, ConBrio-Verlagsgesellschaft, Regensburg 1999, 18,50 Mark.
Wenn man sich fragt, wo der Schub herkommen soll, der lamentierenden Musikschulen und Verlagen und angebotsübersättigten Besuchern von Musikmessen und Musikalienläden wieder Auftrieb geben könnte – hier ist eine mögliche Antwort: er könnte aus dem Weltall kommen. Am Rande von Regensburg ist ein Raumschiff namens „Science Fiction Piano“ gelandet, der Kosmonaut, der es dorthin gebracht hat, heißt Felix Janosa.
Das kürzlich beim ConBrio-Verlag erschienene Klavierheft mit den „19 galaktischen Klavierstücken“ gehört für mich mit zum Erfrischendsten, was mir in den letzten Jahren an Klavierliteratur im mittleren Anfängerbereich begegnet ist.
Spannend allein schon ist die absolut stimmige grafische Aufmachung mit den sciencefictionmäßigen Computerillustrationen von Jörg Hilbert, spannend lauten die Titel der Musikstücke („X-periment“, „Funky Mutants“, „Ufo Attack“ oder „Time Tunnel“), und spannend sind vor allem die Kompositionen.
Sie sind allesamt motivisch-sparsam gebaut – und deshalb einprägsam –, sie arbeiten mit vielen Wiederholungen (zwei Endlosschleifen zeigen jeweils an, welche Partien nach Belieben oft gespielt werden können), sie sind dynamisch markant und sie schaffen immer eine Stimmungsdichte, von der man sich faszinieren lassen kann.
Egal, ob es der zum Einstieg gereichte „Space Cocktail“ ist, der mit einer schillernden Achtelgirlande drapiert ist, oder der in martialischen Rhythmen und Akkordrückungen daherkommende „Battlestar“, die im 3-3-2-Achteltakt tickende „Pase Two“, das in Quinten, Quarten und Sekunden oszillierende „Stargate“ – immer fühlt man sich sofort in irgendwelche Ereignisse oder Szenen versetzt; wer Science-Fiction-Filme gesehen hat, „weiß“ sofort...
Daß Janosas Klavierstücke stilistisch letztlich der Pop- und Rock-Ecke zuzurechnen sind, sagt wenig über ihren musikalischen Gehalt. Es sind die metrischen, rhythmischen und harmonischen Finessen, die diese Sammlung von zig anderen Rockmusik-Veröffentlichungen abheben. Man merkt, hier war ein Künstler am Werk. Wenn es wieder einmal zu einer Diskussion über die unselige deutsche Unterscheidung von E- und U-Musik kommen sollte, dann könnte man die galaktischen Stücke als Beweis für das Gegenteil in den Zeugenstand schicken.
Und bedürfte das „Science Fiction Piano“ eines renommierten Schutzpatrons, der lächelnd – über den E/U-Graben hinweg – die Hand zum Bunde reicht, so fällt mir zuallererst Eric Satie ein. An einem Stück wie „X-periment“ (mit seinem synkopisch vertrackten, von Anfang bis Ende sich frech wiederholenden Motiv) hätte er sicherlich eine Mordsfreude gehabt. Nun bleibt der Spaß eben den jungen und junggebliebenen Klavierspielern vorbehalten. Spaß darf man an der Musik doch haben, oder?
Noch ein kleines Postskriptum: Als einer, der selbst immer wieder mit Musikverlagen zu tun hat, weiß ich, daß ein gutes Notenheft nicht nur vom Komponisten gemacht wird – dazu braucht es auch ein engagiertes und kreatives Lektorat. Das scheint es bei ConBrio zu geben.