Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonie in Es-Dur, KV 543. Herausgegeben von Cliff Eisen. Breitkopf & Härtel, Partitur PB 5296, Stimmen OB 5296, ISMN 979-0-004-21228-8
Mozarts Manuskript seiner drittletzten Symphonie zählt zu seinen am nachlässigsten notierten Autographen. Der Streit über Flüchtigkeitsfehler oder absichtliche Varianten wird kaum beizulegen sein.
Im Breitkopf Urtext zur beliebten Symphonie in Es-Dur KV 543 ist es nun gelungen, einen unverblendeten Blick auf das Autograph zu werfen und eine benutzerfreundliche, aber kritische Ausgabe herauszugeben. Der Musikwissenschaftler und Mozartexperte Cliff Eisen zeigt hierbei großes Geschick beim Umgang mit der schwierigen Quelle: offensichtliche Fehler werden bereinigt, kritische Varianten jedoch zunächst uninterpretiert übernommen.
Das Notenbild wird sehr nahe an Mozarts Handschrift herangeführt, Balkengruppen und Halsierungen in der Regel übernommen. Gerade in Bezug auf die umstrittenen Artikulationszeichen zeigt Eisen seine wissenschaftliche Versiertheit mit wenigen, plausiblen Eingriffen.
Im Vorwort zum Breitkopf Urtext (deutsch und englisch) legt der Herausgeber neben der Entstehungsgeschichte knapp die Probleme einer Edition Mozarts Symphonie dar und erläutert in verständlicher und nachvollziehbarer Weise sein Vorgehen bei dieser Ausgabe. Durch die bewusste Nähe zum Autograph und wenigen „erschlossenen“ zusätzlichen Einträgen, wie sie in der Regel in anderen Ausgaben den Musikern an die Hand gegeben werden, wird dem Dirigenten und seinen Instrumentalisten hier ein Fundament für die Interpretation im Sinne Mozarts bereitet. Selbst in der historisch-kritischen Neuen Mozart Ausgabe (1957) wimmelt es noch von auslegenden Zusatzeinträgen, insbesondere bei der Artikulation. Auf dem Weg der werktreuen Wiedergabe ist durch diese weise Reduktion von Cliff Eisen ein weiterer Schritt getan.
Der Urtext präsentiert sich in der hohen Qualität des Breitkopfstandards: Das Layout auf den großformatigen Partiturseiten ist durchwegs übersichtlich und harmonisch gestaltet, und lässt ausreichend Platz für Eintragungen. Papier und Bindung weisen die gewohnte Strapazierfähigkeit auf und bilden mit dem durchdachten Notensatz ein überaus aufführungsfreundliches Material. Bleibt die Ausgabe einerseits der Handschrift von 1788 treu, zeigt sie andererseits alle Vorzüge der modernen Notation auf. So werden beispielsweise Spielanweisungen wie Pizzicato bei Seiten- oder Systemumbruch wiederholt oder unnötige Vorzeichen benutzerfreundlich ausgespart. Auch auf Stricheinzeichnungen wird im oben beschriebenem Sinne verzichtet. Vorwort und kritischer Bericht runden die Ausgabe sehr gelungen ab.
Wollte man der Ausgabe einen Vorwurf machen, so könnte dies lediglich anhand von zwei Bindebögen im zweiten Satz geschehen: Das Fehlen des Bogens in der Flöte im Takt 63 scheint offensichtlich leider ein Druckfehler zu sein und der Entscheidung über die Länge des Bogens in Takt 70 wäre ein Kommentar im kritischen Bericht beizufügen. Dennoch können diese Marginalien keinesfalls das hervorragende Gesamtbild dieser Ausgabe trüben, welche eine wertvolle Arbeitsgrundlage zur werkgerechten Aufführung der Mozartschen Symphonie darstellt.