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Klavierstücke auf den Wunschzettel

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Eine Auswahl für Anfänger und Fortgeschrittene
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Ausgaben, die Klavierstücke unter einem speziellen Gesichtspunkt bündeln, erfüllen nicht nur einen praktischen Zweck. Sie eignen sich auch zum Verschenken und sollen als Tipp für das bevorstehende Weihnachtsfest angesehen werden. Die Auswahl erfolgte unter Berücksichtigung unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade und verschiedener Genres.

Russische Klaviermusik, Bd. 1, Sikorski 2409

Im Zuge einer systematischen Breitenförderung in der Sowjetunion, die auf einem pädagogisch fundierten Unterrichtskonzept fußte, entstanden Klavierstücke, die in ihrer Komplexität und Praxisbezogenheit kaum ein Pendant finden. Die vorliegenden 76 Miniaturen legen darüber beredt Zeugnis ab. Sie bewegen sich im leicht-mittelschweren Bereich, beziehen sowohl Kompositionen russischer Spätromantiker als auch die der Moderne mit ein und streifen regionale Gebiete, um deren Vielfalt in der Musiktradition hörbar machen zu können. Es erübrigt sich fast der Hinweis, dass die Auswahl äußerste Kompetenz verrät. Sie berücksichtigt nicht nur spieltechnische Komponenten, sondern verweist auch auf formelle und stilis-tisch-programmatische Aspekte, die Spielfreude garantieren.

Classical Favourites from Russia, Universal Edition, UE 36070

Melodien aus russischen Opern und Balletten sind auch Jugendlichen vertraut, denn oft wird der Wunsch ausgesprochen, die Themen auf dem Klavier spielen zu wollen. Die von Nicolai Podgornov vorgenommenen Bearbeitungen dürften also auf Resonanz stoßen. Positiv sei vermerkt, dass die Orientierung am Original oberste Priorität besitzt, denn allzu oft wird eine Adaption auf das Thema, in leicht spielbarer Fassung, reduziert. Die anspruchsvolle Variante setzt allerdings mehrjährige Spielpraxis voraus. Das Repertoire spannt einen Bogen von den „Schwanensee“- und „Nussknacker“-Themen Tschaikowskis, dem „Tanz der Polowetzer Mädchen“ Borodins, dem Walzer aus Schostakowitschs „Jazz-Suite“ Nr. 2 über „Montagues und Capulets“ von Prokofieff, dem „Säbeltanz“ Chatschaturjans bis hin zu Rimski-Korsakows „Hummelflug“ – Ohrwürmer allesamt.

Diego Collatti: Viva el Tango!, Universal Edition, UE 35571

Die Liebhaber des Tangos erwartet kein flüchtiges Tanzschema, sondern ein stilistisch transparent ausgedeuteter Tango in all seinen Schattierungen. Das Studium desselben erfordert Erfahrung, Kenntnis der elementaren Stilmerkmale und nicht zuletzt eine ausgefeilte Spieltechnik, die dies alles zu subsumieren vermag. Eingangs ausgeführte Erläuterungen zu den einzelnen Tangos erweisen sich als durchaus hilfreich und vermitteln viel Wissenswertes. Collatti präsentiert sich mit einer Suite und zwei Einzelstücken. Die Tangos von Horacio Salgán, Carlos Gardel, Astor Piazzolla und Ángel Villoldo hat Collatti für das Klavier eingerichtet, rät aber zum Anhören der Originalversionen, um interpretatorischen Feinheiten nachspüren zu können.

Scott Joplin: Marches, Schott, ED 21185

Es mutet etwas seltsam an, dass der „King of Ragtime“ auch Märsche geschrieben hat. Sie verstehen sich als erste kompositorische Versuche, tragen aber das rhythmische Profil des Ragtimes unverkennbar in sich. Sogleich hat man den Pianisten vor Augen, der das, vielleicht schon nicht mehr ganz nüchtern, in einer verrauchten Bar am verstimmten Piano spielt. Die Verwendung eines 6/8-Taktes wirkt irritierend, unterstreicht aber das Atmosphärische. Die Märsche sind gut spielbar und im Schwierigkeitsgrad auf Augenhöhe mit den Ragtimes.

Con variazioni: Easy Piano Pieces, Editio Musica Budapest, EMB Z.14 801

Dem ungarischen Verlag gelang seinerzeit mit der Herausgabe der „Alben“ ein bedeutender Wurf. Das Klavierwerk zahlloser Komponisten wurde in einem repräsentativen Querschnitt wie ein Kompendium aufgereiht. Dieser Tradition fühlt sich der Verlag weiterhin verpflichtet, erweitert sein Programm aber um Ausgaben mit thematischem Bezug. Die vorliegende hält manches Kleinod bereit. „Con variazioni“ beinhaltet leichte Variationswerke verschiedener Epochen, die (noch) nicht zum gängigen Repertoire von Klavierschülern gehören dürften, überschaubar im Umfang sind und Einblick geben in die vielfältigen historisch geprägten Verwandlungsmuster ornamentaler oder charakterlicher Art. Neben Liedvariationen von C.Ph.E. Bach, Czerny und Majkapar und Variationen über Opernmelodien von Köhler und Czerny stehen solche mit eigenen Themen der Komponisten Pachelbel, Benda, Häßler, Purcell, C.Ph.E. Bach oder Weber.

20th Century Italian Composers: Ricordi, NR 140727

Diese Ausgabe ist das Ergebnis einer von profunder Sachkenntnis getragenen Tat. Die vielfältigen Strömungen zeitgenössischer italienischer Klaviermusik finden hier Widerhall in einem von dem Pianisten Alfonso Alberti vorgenommenen repräsentativen Querschnitt.
Die Vielfalt äußert sich in unterschiedlichen Schreibweisen, in den formalen Strukturen und Klangschichtungen, aber auch durch frenetische Motorik oder mysteriös-düstere Melodik. Neben Kompositionen von Casella (Funebre und Ostinato über B-A-C-H), Busoni (Sonatina in diem nativitatis Christi) und Rota (Ippolito spielt) steht die „Kleine Invention“ von Petrassi, die gut von Schülern zu bewältigen ist, ebenso „Colloque au clair de lune“ von Pick-Mangiagalli und „Fughetta a tre voci“ von Pilatti, deutlich Bezug nehmend auf Bach. Als Einzelstücke spielbar sind die „Tre pastorali d’autunno“ von Davico. Zwei feierlich schwingende Stücke rahmen ein wohl „Allegro barbaro“-inspiriertes Stück ein. „Charlie“ von Castelnuovo-Tedesco, eine Reminiszenz an Chaplin, kolportiert das Komische auf die Tasten und verrät des Komponisten Nähe zum Film.
Eine ganz andere Gemütslage streift Malipiero in seinem „Epitaffio“ und spielt gekonnt mit Taktwechseln, die das Metrum fast verwischen. Im Präludium III aus den „Tre preludi su melodie gregoriane“ von Respighi wird ein immer gleicher rhythmischer Impuls aktiviert, in den die Melodie wie eingehängt erscheint. Jedes der Stücke ist mit einem erläuternden Eingangstext versehen, der auch eine Werkbetrachtung mit einschließt.

Mel Bonis: Klaviermusik, Vol. 5, Danses A, FURORE-Edition 4220

Noch immer scheint der Fundus unerschöpflich, in dem es auf dem Gebiet der Musik, die von Frauen geschrieben wurde, Neues zu entdecken gibt. Der über Jahrhunderte währenden Tendenz zum Totschweigen stellt sich heute eine Renaissance entgegen, die auf gestiegenem Selbstbewusstsein und parallel laufender Unermüdlichkeit im Suchen beruht. Die Französin Mel Bonis (1858–1937) ist eine der „gefundenen“ Künstlerinnen. Sie bevorzugte das Klavier als das für sie am besten geeignete Instrument künstlerischer Verwirklichung. Uns bleibt nicht verborgen, dass sie den Walzern der romantischen und Wiener Großmeister Facetten hinzuzufügen wusste, die wohl nur einem zutiefst weiblichen Empfinden entspringen können. Den hier in Druck genommenen Tänzen, eine Mazurka und mehrere national oder mental geprägte Walzer, haftet die Aura einer Zeit an, in der Frauen und Mädchen auf hohem Niveau musizierten, ihnen eine öffentliche Anerkennung aber verwehrt blieb.

Mike Cornick: Christmas Favourites, Universal Edition, UE 21565

Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Also nehmen wir in der Vorweihnachtszeit die Lieder zur Hand, die Jahr für Jahr mit unzähligen, meist unsäglich flachen Bearbeitungen für die richtige „Stimmung“ sorgen sollen. Da kommt ein neuer Band gerade recht. Cornick stöberte etwas wahllos, aber immerhin weltweit, im Repertoire und tat sich daran gütlich. Eine Seite Weihnachtslied, eine Seite Kommentar. Und ein Gratis-Download. Frohe Weihnacht!

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