Heinz Erhardt … mal klassisch. Klavierkompositionen von 1925–1929. Verlagmusiktotal 3-3938967
Während des Krieges hatte sich Heinz Erhardt als „Nichtschwimmer bei der Marine“ mit Klavierspielen über Wasser gehalten. Erhardt, ein deutscher Schwejk? Aus heutiger Sicht betrachtet, wirkt der populärste Komiker der Nachkriegsära jedenfalls größtenteils harmlos. Dabei hat Erhardts Humor durchaus subversive Seiten – der Spießer der 50er- und 60er-Jahre lachte in den Vorstellungen des Kabarrettisten mit Begeisterung über sich selbst.
Diese Seite Erhardts ist bekannt und wird 2009 zum hundertsten Geburtsjahr des Komikers des Wirtschaftswunders gebührend wahrgenommen. Weniger bekannt ist, dass Erhardt eigentlich nicht Kabarettist werden wollte, sondern Pianist. Von 1926 bis 1928 besuchte er das Konservatorium in Leipzig und studierte dort Klavier und Komposition. Im Nachlass von Erhardt fanden sich zahlreiche Klavier-Kompositionen, die er zwischen 1925 und 1931 geschrieben hatte. 23 dieser Stücke wurden 1994 erstmals veröffentlicht, 20 weitere brachte jetzt der Verlag musiktotal heraus. Es sind leichte Stücke, Miniaturen, die dann mittelschwer werden, wenn man sie mit der von Erhardt intendierten Hintergründigkeit darstellen will. Erhardt spielt in diesen Moments musicaux so souverän und komisch mit Kadenzen und Melodien wie sonst mit Reimen und Versmaßen. Auch als Musiker gewann Erhardt sein Publikum immer „mit Liszt, nicht mit Gewalt“.
Neben programmatischen Stücken wie der „Walzer eines Wahnsinnigen“, „Spuk im Schloss“ oder „Riga“ – Erhardts Geburtsstadt – sind besonders die acht in dem Band versammelten Präludien bemerkenswert. Man kann aus beinahe jedem Stück heraushören, wie sehr Erhardt es bedauerte, nicht im 19. Jahrhundert, dem romantischen, geboren zu sein – weit weg von den Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Im selben Verlag erscheint auch eine hörenswerte CD-Einspielung aller Stücke dieses Bands durch die japanische Pianistin Chie Ishii.