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Neue Noten 2024/04 – Kompositionen für Klaviertrio

Neue Noten 2024/04 – Kompositionen für Klaviertrio

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Neue Noten 2024/04 – Kompositionen für Klaviertrio

Untertitel
Musik von Sebastian Fagerlund, Shen Ye, Michael Obst, Tobias PM Schneid und Britta Byström
Vorspann / Teaser

Sebastian Fagerlund: Remain | Shen Ye: Five Folk Songs | Michael Obst: Nachklang. Musikalische Reflexionen über D. Sch. | Tobias PM Schneid: Drittes Klaviertrio „Amadé“ | Britta Byström: Doppelgänger Music

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1

Sebastian Fagerlund: Remain (2022) für Violine, Violoncello und Klavier.
Edition Peters, Leipzig. EP 14650 (Partitur und Stimmen).

Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Ausdrucksgesättigte zeitgenössische Tonsprache voller versteckter historischer Referenzen; die Wirkung ergibt sich aus dem abwechslungsreichen Ineinandergreifen von Expressivität, rhythmischer Energie und ruhiger Klangentfaltung.

Form, Struktur
Dreisätzige Komposition mit rhythmisch energischem, von kanonischen Strukturen geprägtem Kopfsatz (Capriccioso, ben ritmico), langsamem Mittelsatz in A-B-A’-Form (Adagio molto) und sechsteiligem Rondo-Finale (Esaltato) mit einem auf Tonrepetitionen basierenden Thema.

Notation, Dauer, Schwierigkeit
Herkömmliche Notation; vor allem die Streicherparts enthalten gelegentlich ausführliche Anweisungen zur differenzierten Klanggestaltung.
Dauer: ca. 21 Minuten.
Schwierigkeitsgrad: schwer.

Kommentar
Die Musik erfordert sowohl rhythmisch präzise Ausführung und als auch einfallsreiche klangliche Realisierung; das Stück kann allerdings auch von Ensembles bewältigt werden, die keinerlei umfassende Erfahrungen mit zeitgenössischer Musik haben.

2

Shen Ye: Five Folk Songs (2011) für Klaviertrio.
Breitkopf & Härtel, Wiesbaden. Edition Breitkopf 9382 (Partitur und Stimmen).

Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Klanglich feine, der charakteristischen Idiomatik chinesischer Musikinstrumente verpflichtete Volksliedbearbeitungen in erweiterter Tonalität, bei der die Melodien in ein Gewebe aus filigranen Flageoletttexturen und ornamentalen Klangkaskaden eingehüllt werden.

Form, Struktur
Fünf jeweils auf einem Volkslied basierende Sätze von unterschiedlicher Länge; die Formverläufe sind jeweils von den zugrundeliegenden Melodien abgeleitet, der Charakter ist durch Orientierung an volksmusikalischen Musizierweisen geprägt.

Notation, Dauer, Schwierigkeit
Herkömmliche Notation mit sehr differenzierten, gelegentlich assoziativen Anweisungen zur klanglichen Realisierung sowie einzelnen, leicht erschließbaren Notationssymbolen für erweiterte Spieltechniken.
Dauer: ca. 17 Minuten.
Schwierigkeitsgrad: schwer.

Kommentar
Zeitgemäße und musikalisch attraktive Befragung der Inspirationsquelle Volksmusik, die mit vielen Gestaltungsaufgaben für das Ensemble aufwartet und einige Grundkenntnisse im Umgang mit erweiterten Spieltechniken erfordert.

3

Michael Obst: Nachklang. Musikalische Reflexionen über D. Sch. (2006/2015) für Violine, Violoncello und Klavier.
Verlag Neue Musik Berlin. NM 3945 (Partitur und Stimmen).

Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Klanglich raffinierte kompositorische Auseinandersetzung mit spezifischen Stimmungen, melodischen Elementen, harmonischen Konstellationen und instrumentalen Gesten aus der Musik von Dmitri Schostakowitsch.

Form, Struktur
Mittels Fermatenzäsuren gegliederte Aufeinanderfolge mehrerer in Tempo, Dynamik, Charakter und musikalischer Dichte miteinander kontrastierender Abschnitte, die durch Einsatz der Tonbuchstaben D-S-C-H motivisch vereinheitlicht wird.

Notation, Dauer, Schwierigkeit
Herkömmliche Notation ohne Besonderheiten.
Dauer: ca. 9 Minuten
Schwierigkeitsgrad: schwer.

Kommentar
Das Werk ermöglicht einen spieltechnisch nicht allzu komplexen Einstieg ins zeitgenössische Komponieren und eignet sich hervorragend – aber nicht ausschließlich – als musikalisches Gegenüber für die Klaviertrios von Schostakowitsch.

4

Tobias PM Schneid: Drittes Klaviertrio „Amadé“ – Korrespondenzen und Dialoge (Annäherung, Entfernung und Rückkehr) (2018/2023).
Edition Peters, Leipzig. EP 14734 (Partitur und Stimmen).

Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Angeregt von einer Briefpassage Wolfgang Amadeus Mozarts über den Tod sowie unter versteckter und offener Bezugnahme auf Mozarts Musik lotet die Musik das Aufeinandertreffen von musikalischen, klanglichen und emotionalen Gegensätzen (Hell/Dunkel, Trauer/Heiterkeit etc.) aus.

Form, Struktur
Einsätzige Komposition; einem Anfangsteil voller fast stillstehender Klangwechsel folgen mehrere stark kontrastierende Episoden, in denen mitunter traditionelle Satzcharaktere anklingen, bevor am Ende der Bogen zurück zur Stimmung des Beginns geschlagen wird.

Notation, Dauer, Schwierigkeit
Herkömmliche Notation mit vielen differenzierten Anweisungen zur Ausführung von Flageoletts, zur Handhabung von Bogen und Kontaktstelle sowie zur flexiblen Klanggestaltung.
Dauer: ca. 21 Minuten.
Schwierigkeitsgrad: sehr schwer.

Kommentar
Das technisch anspruchsvolle Stück stellt hohe Anforderungen an die musikalische Gestaltung, verlangt ein klanglich ausbalanciertes Zusammenspiel und setzt insbesondere bei den Streichern gewisse Erfahrungen im Umgang mit erweiterten Spieltechniken voraus.

5

Britta Byström: Doppelgänger Music (2022) für Klaviertrio.
Edition Wilhelm Hansen Copenhagen. WH 33525 (Partitur und Stimmen).

Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Zarte Musik, die aus weitgehend basslosen, in hohen Registern lokalisierte Tonkaskaden, Phrasen und Patterns besteht und diese zu atmosphärischen Momenten voller Verdopplungen, Klangschatten und Überlagerungen verdichtet.

Form, Struktur
Die einsätzige Komposition geht von einem charakteristischen Skalenmotiv im Klavier in Kombination mit Flageoletts in den Streichern aus; im weiteren Verlauf werden diese Elemente in unterschiedliche Kontexte gestellt und zu wechselnden Klangsituationen entwickelt.

Notation, Dauer, Schwierigkeit
Herkömmliche Notation ohne Besonderheiten.
Dauer: ca. 10 Minuten.
Schwierigkeitsgrad: mittelschwer bis schwer.

Kommentar
Die vom Konzept des „Doppelgängers“ aus der romantischen Literatur inspirierte Musik nimmt durch ihre fragile Klanglichkeit für sich ein; das Werk ist eine reizvolle Repertoireerweiterung für Ensembles ohne größere Erfahrungen mit zeitgenössischer Musik.

in: nmz – neue musikzeitung 73 (2024), H. 4, S. 10

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