Alexander Wustin: Solo für Violine. M.P. Belaieff Nr. 751, Mainz 2007
„Beeindruckt von ihrem Lächeln und ihrer meisterlichen Spielweise“ war der Komponist Alexander Wustin (geb. 1943), als er die ebenfalls aus Russland stammende Geigerin Anna Rabinova kennenlernte. Ihr widmete er sein „Solo für Violine“, eine Komposition von etwa sechs Minuten Dauer, die sich aus früheren Werken Wustins der Jahre 1975 und 1984 zusammensetzt. Sie besteht aus zwei Teilen: einer „Widmung“ und einer „Szene“. Alexander Wustins Kompositionsstil folgt keiner bestimmten Schule oder Mode, was sich auch im „Solo“ deutlich zeigt. Tänzerische, an Folklore erinnernde Passagen folgen auf mystisches Tremolo-Flageolett und flirrende Quintolen-Läufe. Ein entscheidendes Element ist für Wustin die Einbeziehung der Zeit: „Als meine Aufgabe betrachte ich es, in jedem Einzelfall die Wirkung eines allgemeinen Gesetzes nachzuspüren und mich ihm im Kompositionsprozess unterzuordnen. Die Unterordnung der konkreten Zeit eines Werkes unter absolute, auf Zahlen zurückführbare Gesetzmäßigkeiten macht ein Werk aufregend und anspruchsvoll.“ An Anspruch fehlt es dem „Solo“ sicher nicht. Einige auf den ersten Blick nicht ganz eindeutige Spielanweisungen fordern eine intensive Beschäftigung mit dem Material. Doch wer bei Taktangaben wie „5/4+3/8“ und wiederholten Vorzeichen vor jedem Ton nicht aufgibt, den erwartet ein effektvolles Stück Violinliteratur.
Lera Auerbach: Sonate Nr. 2 für Violine und Klavier „Der 11. September“. Edition Sikorski 8551. Exempla nova
Unmittelbar nach den Ereignissen des 11. Septembers 2001 begann die russisch-amerikanische Pianistin und Komponistin Lera Auerbach (geb. 1973), ihre Gefühle in der Sonate Nr. 2 op. 63 für Violine und Klavier zu verarbeiten. Die Komponistin selbst schreibt über die Entstehung des einsätzigen Werks: „Wie der Phönix, der stirbt, um wiedergeboren zu werden, wurde diese Sonate aus dem Tod geboren. All die verschiedenartigen Emotionen, die ich damals durchlebte – Schock und Schmerz, Trauer und Hoffnung, Wut und Verzweiflung, Erinnerung und Zweifel –, nahmen im Material dieses Werkes Gestalt an.“ Dies geschieht kontrastreich in Form von einerseits minimalistischen Sechzehntelwiederholungen und Akkorden im marcato energico, dann wieder in ausgehaltenen Klängen und melodischen Abschnitten. Ein sehr persönliches und emotional aufwühlendes Werk. Sowohl der virtuose Violin- als auch der Klavierpart sind in herkömmlicher Notation geschrieben und daher sofort umsetzbar. Genaue Angaben zur Spielweise erleichtern die Interpretation des anspruchsvollen, etwa 10-minütigen Stücks. Fingersatzvorschläge sind in den Stimmen nicht angegeben. Im Oktober 2003 wurde die Sonate „Der 11. September“ in New York uraufgeführt. Eine erste CD-Einspielung mit Vadim Gluzman und Angela Yoffe liegt bereits vor.
Leopold Dancla: Trio in G op. 25 für zwei Violinen und Viola oder Cello. Musikverlag Varner München 2006, MCV 1080
Leopold Dancla lebte von 1822 bis 1895. Er war Schüler von Baillot und später selbst erfolgreicher Professor am Pariser Konservatorium. Dancla schrieb, geprägt von Paganini und Vieuxtemps einige Kammermusikwerke. Mit seinen Brüdern Charles und Arnaud Dancla spielte er seine Werke regelmäßig in Kammermusikabenden. In seinem Besitz befanden sich vier Stradivariusgeigen, die später den Namen „Dancla“ erhielten. Das vorliegende Trio op. 25 ist seit Jahrzehnten vergriffen und jetzt dankenswerterweise in typisch edel-stylishem Varner-Format erneut auch Mittelstufenschülern, die sich mit Doppelgriffen auskennen, zugänglich.
Peter I. Tschaikowsky: Violinkonzert op. 35. Ed. P. Vajdman und W. Haug-Freienstein. G. Henle Verlag München 2005, HN 685
Eduard Hanslick, der gefürchtete Kritiker seiner Zeit, fand anlässlich der Uraufführung nur wenig gnädige Worte: Es werde nicht mehr Violine gespielt, sondern „gezaust, gerupft, gebläut“. Den Siegeszug von Tschaikowskys einzigem Violinkonzert konnte er dennoch nicht aufhalten. Endlich und erstmals liegt nun auch dieser Meilenstein der Violinliteratur in einer textkritischen Ausgabe vor, die seiner ursprünglichen Gestalt gerecht wird.
Kim Märkl: „Die geheimnisvolle Schachtel“ für Violine, Sprecher und Klavier. Zimmermann, ZM 34920, Frankfurt a. Main 2007, als Buch (ZM 00031) bereits 2004 erschienen, Audio-CD erhältlich (ZM 75002)
In einer „geheimnisvollen Schachtel“ auf dem Dachboden befinden sich handgeschriebene Geschichten, die der Urgroßvater eines Jungen mit Namen Rafael geschrieben hat. Eine davon erzählt von einem 12-jährigen Jungen, der ebenfalls Rafael heißt, beim Geigenbauer Niccolò Amati in der Werkstatt arbeitet und dessen größter Wunsch es ist, selber Geige spielen zu lernen. Heimlich übt er auf den wunderbaren Geigen des Meisters, der seinen Wunsch, Geiger zu werden, erkennt und ihm eine Geige baut, die, als Rafael sie spielt, den schönsten Klang der Welt hat.
Diese Geschichte wird von einem Erzähler rezitiert, dazwischen klingt virtuose, gefühlvolle Musik, gespielt von Geige und Klavier (ursprünglich Streichorchester). Kim Märkl, 1961 in den USA geboren, hat romantisch bis modern klingende tonale Melodien komponiert, begleitet vom weitgehend in traditioneller Harmonik gehaltenen Klavierpart. Beide Stimmen verlangen fortgeschrittenes Können. Auf der Geige ist das Spiel in höheren Lagen, Doppelgriffe und differenzierte Bogentechnik gefragt.
Die Geschichte rund um die Musik mag motivierend für den Spieler wirken, kann aber auch helfen, die Musik zu verstehen, nachzuempfinden und damit überzeugend vortragen zu können. Ein Werk, das ausdruckstarkes Spiel fördert und besonders für Geigenspieler mit einer Neigung zu romantischen Lebensgefühlen geeignet ist.