Thomas Hamori: 36 Improvisations-Modelle für Klavier zu 2 und zu 4 Händen,
HBS Nepomuk, MN 12036.
Der Autor widmet sich mit diesem Band einem Thema, das im instrumentalen Unterricht bewusster und stärker einbezogen zu werden verdiente. Improvisieren gehörte in früheren Jahrhunderten zum selbstverständlichen Handwerk eines jeden Instrumentalisten, nicht nur des Organisten. Man denke zum Beispiel an die Selbstverständlichkeit, mit der der Solist im Konzertsatz vor der Orchester-Coda eine kürzere oder auch längere Kadenz improvisierend realisierte. Seit dem 20. Jahrhundert gesellen sich Musiker aus dem Bereich der U-Musik inzwischen zum Kreis von oft großen Könnern des Improvisierens. Mit dem Notenband von Thomas Hamori liegt quasi ein kleiner Lehrgang zum Thema in einer gut aufgebauten Folge von unterschiedlichen Improvisationsmodellen vor, orientiert an dafür geeigneten Vorlagen differenziertester Art aus der musikalischen Formenwelt. Jedes dieser Modelle bleibt in der Behandlung konzentriert auf eine Doppelseite beschränkt. Hamori nimmt sich im Vorspann bescheiden zurück: „Es ist leichter, Improvisation zu unterrichten, als darüber zu schreiben.“ Es darf ergänzt werden: Man muss schon wissen, welche Register man in der Unterrichtspraxis zu ziehen hat. Dann kann man sie beschreiben. Hamori versteht wohl beides. Von Anfang an, bereits bei einfachen Grundübungen, bezieht Hamori auch das Improvisieren zu zweit, also vierhändig an einem Klavier, mit ein. Unausgesprochen bleibt, dass es auch an zwei Instrumenten stattfinden könnte.
Johannes Brahms: Ungarische Tänze für Klavier zu vier Händen,
Wiener Urtext Edition, UT 50 181
Den Notenausgaben, die zu diesem Werk bereits in großer Zahl vorliegen und meistens auch weiterhin im Musikhandel zugänglich sind, gesellte sich vor wenigen Jahren noch die Wiener Urtext Edition hinzu. Ernst Herttrich besorgte die wissenschaftlich-textkritische Begleitung der Ausgabe, Peter Roggenkamp die spieltechnische mit Fingersätzen und fundierten Hinweisen zur Interpretation. Zum Notentext selbst waren weniger noch neue Erkenntnisse zu erwarten. Mit dem Notenbild in Partiturform, das heißt dem Notentext für beide Spieler untereinander, unterscheidet sich diese Ausgabe jedoch in einem wesentlichen Punkt von der über Generationen im allgemeinen üblich gewordenen Präsentation des Druckes für Primo und Secondo getrennt auf gegenüberliegenden Seiten. Spieler, die das weniger gewohnt sind, sollten nicht vor dieser Leseweise zurückschrecken. Peter Roggenkamps Bemerkungen dazu, wie auch zu so manchen spieltechnischen Fragen, sind sehr hilfreich. Man spürt den Praktiker mit großer Erfahrung. Nicht nachzuvollziehen ist die Einordnung der Ungarischen Tänze für Klavier zu 4 Händen durch den Wissenschaftler als „Arrangement“ (So liest man in Herttrichs Vorwort). Die Ungarischen Tänze in der vierhändigen Form sind die Originalfassung, unabhängig davon, dass die zweihändige Klavier- oder Orchesterfassung dicht aufeinanderfolgend entstand. Bei den Walzern op. 39 von Brahms ist es bekanntlich ähnlich gewesen.
Stefan Heucke: Der selbstsüchtige Riese, Märchen nach Oscar Wilde für Sprecherin oder Sprecher und Klavier zu vier Händen, Schott, ED 9895
Die Märchenwelt wird in der Musik gerne vier Händen am Klavier anvertraut, und sie verbindet sich dann natürlich eher mit leichten Stücken für den Klavierunterricht. Hier ist ein Werk vorzustellen, bei dem der Komponist einen anderen Weg gegangen ist. Für die als aktive Beteiligte zu Interessierenden kommen nur sehr weit fortgeschrittene Klavierschüler, Studierende, beziehungsweise professionelle Spieler in Betracht. Die Anforderungen in der Lauftechnik mit komplexem Figurenwerk und Akkordpassagen sind sehr hoch, darunter Terzentonleitern in recht schnellem Tempo. Höchste Disziplin ist im Miteinander der Spielpartner gefordert. Die Musik ist spürbar an tonmalerischen Impulsen orientiert. Die Dreiklangswelt ist facettenreich präsent, ohne sich dem Regelwerk der Klassik unterzuordnen. Bitonale Klangschichtungen, Cluster und andere Verfremdungen sind einbezogen. Die Geschichte „Der selbstsüchtige Riese“ von Oscar Wilde ist melodramatisch als Sprechpartie in die Musik von Heucke eingearbeitet und entsprechend zu realisieren. Das Angebot für den nur rezipierenden Interessentenkreis hält das Werk als Bilderbuch bereit mit dem Text in deutscher Übersetzung und hübschen kindgerechten Zeichnungen sowie einer CD, die in hervorragender Wiedergabe des Klavierduos Andreas Grau und Götz Schumacher mit Bettina Böttinger als Sprecherin das Werk akustisch vermittelt: ED 9686. Diejenigen, die nach der Komposition Henckes mit dem vollen Notentext Ausschau halten, werden nochmals auf die bereits oben genannte Verlagsnummer hingewiesen. Die Notenausgabe enthält auch den originalen Text in englischer Sprache.