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Noten-Tipp 2024/11

Untertitel
Nils Franke (Hrsg.): 9 Komponistinnen aus 3 Jahrhunderten
Vorspann / Teaser

Der vorliegende Band stellt Komponistinnen vor, die zwischen 1750 und 1920 lebten und ihre künstlerische Tätigkeit auf ganz unterschiedliche Weise ausübten. 

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Elisabetta de Gambarini (1730–1765) ist mit fünf schlichten barocken Stücken unterschiedlichen Charakters vertreten, die erkennbar ihre allgemeinmusikalische Ausbildung unter Beweis stellen. Auch Marianna von Martines (1744–1812) war umfassend ausgebildet, gab Konzerte und unterrichtete als Klavierlehrerin. Die Behandlung der Motive im „Tempo di Minuetto“ fußt auf Einfallsreichtum, mit einem Potenzial von Wandlungsfähigkeit. Louise Farrenc (1804–1875), die als Professorin am Pariser Konservatorium wirkte, trat vorwiegend mit der Herausgabe von Etüden-Sammlungen in Erscheinung. Es sind Ergebnisse ihrer Forschung zu Technik und Klang, die sie perfektionieren und mit geeigneten Stücken bereichern wollte. Die ausgewählten fünf Etüden widmen sich sinnvollerweise je einem speziellen spieltechnischem Problem und könnten mit den Etüden von Stephen Heller verglichen werden. 

Die beiden deutschen Komponistinnen Clara Schumann und Fanny Hensel waren an erster Stelle hervorragende Pianistinnen, wenngleich Fanny Hensel, die Ältere, nur im intimen Kreis auftreten durfte. Ihr pianistisches Talent ist in der „Pas­torella“ spürbar, die Vorliebe für großgriffige Akkordik bekannt. Im „Übungsstück“ spielt Hensel mit spätbarocken Mustern, die sicher nicht nur den Fokus auf die Spieltechnik richten, sondern durchaus auch als Kompositionsübung verstanden werden können. Im „Scherzo“ von Clara Schumann kann auch das rasende Tempo nicht über die motivische Teilung in 5 und 7 Takte, die sich durch das ganze Stück zieht, hinwegtäuschen – nur der Mittelteil, tranquillo, hält sich an Gleichmäßigkeit. Die Romanze in F-Dur trägt ein immer fortschreitendes Akkordgefüge von besonderer Klarheit, das fast an einen Choral erinnert, aber lieblich-zart berührt. Marie Jaëll (1846–1925) studierte Klavier und Komposition in Leipzig und Paris und feierte Erfolge als bekannte Virtuosin. In den fünf ausgewählten Charakterstücken glänzt sie als besonders feinfühlige Komponistin, die den Spagat zwischen gut durchgehörten Stimmen, Sinnlichkeit und Ekstase mühelos zu meistern scheint. 

Die einzige außereuropäische Komponistin, Chiquinha Gonzaga (1847–1935), steuert zur Sammlung einen brasilianischen Tango im 2/4-Takt bei. Das Klavier war nicht das traditionelle Instrument für den Tango und vielleicht war sie sogar die Erste, die den rhythmisch-leidenschaftlichen Tanz, hier in F-Dur, graziös auf die Tasten brachte. Mel Bonis (1858–1937) stellt eine kanonische Fassung des bekannten Liedes „Frère Jacques“ vor, die in den Stimmen ständig variiert. Schöne klangliche Metaphern verzaubern im „Bébé s’endort“, während in der „Méditation“ geerdete Sechzehntelfiguren, die sich durch das ganze Stück ziehen, der darüber liegenden Melodie ein Fundament bieten. Schließlich kommt Lili Boulanger (1813–1918) zu Wort: D’un jardin clair“, ein 1914 entstandenes, in sich gekehrtes Stück von strahlender Schönheit und Friedfertigkeit.

Die informativen Ausführungen des Herausgebers Nils Franke am Ende der Ausgabe sollten unbedingt beherzigt werden.

  • Nils Franke (Hrsg.): 9 Komponistinnen aus 3 Jahrhunderten. 25 leichte Klavierstücke mit Spiel- und Übetipps. Wiener Urtext Edition UT52013

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