Johann Sebastian Bach: Goldberg-Variationen. Aria mit verschiedenen Veränderungen BWV 988 für Streichquartett bearbeitet von Woo Joon Im. Doblinger +++ Johann Sebastian Bach: Triosonate für Flöte, Violine und Continuo G-Dur BWV 1038, Urtext +++ Johann Sebastian Bach: Triosonate für Oboe (Oboe d‘amore) Viola (Viola da Gamba) und Basso continuo g-Moll nach BWV 76/8 und 528. Kammermusik-Bibliothek Breitkopf & Härtel
Johann Sebastian Bach: Goldberg-Variationen. Aria mit verschiedenen Veränderungen BWV 988 für Streichquartett bearbeitet von Woo Joon Im. Doblinger. Partitur 36108-PA, Stimmen 36108-St., ISMN 9790012202165
Als Teil der „Clavier Übung voors Claviercimbal mit zwei Manualen denen Liebhabern zur Gemüths-Ergetzung vorfertigt“, so bescheiden tituliert war die Druckversion aus dem Jahre 1741, geschrieben wohl als Lernstück für seinen Schüler Johann Gottlieb Goldberg. Doch höchster technischer Anspruch und musikalische Herausforderung lässt Pianisten zögern, diese so genannten Goldberg-Variationen, nahezu Konzertabend-füllend, ins Vorspielprogramm aufzunehmen. In ihrer wohldurchdachten Satzfolge und in ihrer inneren kompositorischen Konstruktion ein „Höhepunkt barocker Variationskunst“, gehören sie wie die „Kunst der Fuge“ zu den Werken Bachs, die im Interesse transparenter Vermittlung immer wieder alternative Darstellungen herausfordern. Um die interessante kanonische Führung der Oberstimme und die auf 30 Fundamental-Noten sich beziehende Basslinie plastischer, farbiger heraustreten zu lassen, werden die verschiedensten Instrumentierungen bemüht, durch mehr oder weniger eingreifende Bearbeitungen spielfähig gemacht für Tasteninstrument mit nur einer Klaviatur oder aufgeteilt für zwei Klaviere, ebenso für Orgel, für Akkordeon und Bandonium bis hin für Kammerorchester, sogar mit einbezogener Live-Elektronik und Jazzelementen. In wohl größter authentischer Nähe trifft man dieses Opus in Triobesetzung, immer wieder eindruckvoll dargestellt zum Beispiel vom Amati String Trio, Jacques Loussier Trio, Trio Legato, Trio Broz, Dresdner Streichtrio, oder mit völlig anderem Klangspektrum in Quartettbesetzung mit Flöte, Klarinette, Viola und Cello. Verständlich bleibt die Neigung, dieses artifizielle Standardwerk des Hochbarocks auch ins Streichquartett-Repertoire einbeziehen zu wollen. Der in diesem Sinne sorgsam vorgelegte Bearbeitungsversuch des Koreaners befriedigt allerdings nur partiell; in seiner Fassung bleibt fast die Hälfte der Variationen ohnedies in Trio- oder gar Duobesetzung. Die beiden Geigen beherrschen im Großen und Ganzen das kontrapunktische Flechtwerk der Oberstimmen. Auf die beiden tiefen Streicher, vereinfacht gesagt, die linke Klavierhand aufzuteilen, erscheint ein wenig gekünstelt und dürfte so realisiert kaum allzu großen Gewinn und musikalisch ausreichende Befriedigung mit sich bringen.
Johann Sebastian Bach: Triosonate für Flöte, Violine und Continuo G-Dur BWV 1038, Urtext Henle HN554 (2013), ISMN 979-0-2018-0554-2
Für auf alte Musik eingeschworene Ensembles gehört diese Triosonate zu den auch bei Laienspielern gern gespielten Kammermusiken. Wie enttäuschend, jetzt zu erfahren, dass gerade ein Drittel der Triosonate wirklich von des Meisters eigener Hand geschrieben ist, nicht aber die Oberstimmen, die vielleicht unter Obhut von Vater Bach, von Schülerhand – gleichwohl in kunstvollem Kontrapunkt – darüber gesetzt wurden. Die Basso-Continuo-Linie gehört zunächst zur Violinsonate G-Dur BWV 1021, authentisch von Vater Bach verfasst, fand dann auch in der Sonate für Violine und obligates Cembalo F-Dur BWV 1022 und erneut in der Triosonate G-Dur BWV 1038 Verwendung. Diese Zusammenhänge der eigenartigen Werkentstehung (datiert auf die Jahre 1732/38) und deren Autorschaften zu klären, darüber haben sich Generationen von Musikforschern Gedanken gemacht, gerätselt und Mutmaßungen angestellt. Den derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hat Herausgeber Peter Wollny in seinem Vorwort einleuchtend zusammengefasst und für diese Neuausgabe die Quellen erläutert – wobei seine Interpretationen zur Werkentstehung sich von jenen Barthold Kuijkens in der Breitkopf-Urtext-Ausgabe (2012) durchaus anders darstellen. Die Praktiker, die sich noch mit der überladenen Leipziger Ausgabe aus den Dreißiger Jahren abquälen, freuen sich nun über eine der Henle-Tradition gemäße sehr lesegefällige Druckausgabe mit großzügigem Notenbild, zwei Partiturstimmen, eine ohne, eine mit sparsam ausgesetztem Continuo, dazu Zusatzstimme in Griffnotation für die in der Spielpraxis der Zeit oft umgestimmte Violine (scordatura).
Johann Sebastian Bach: Triosonate für Oboe (Oboe d‘amore) Viola (Viola da Gamba) und Basso continuo g-Moll nach BWV 76/8 und 528. Kammermusik-Bibliothek Breitkopf & Härtel KM 2306 (2013). Rekonstruktion und Continuo-Aussetzung von Pieter Dirksen, ISMN 979-0-004-50342-3
Die nicht gerade üppige Hinterlassenschaft an Kammermusik von J. S. Bach verführt dazu, sein Werk in dieser Richtung durchzuforsten. Dabei entdeckt man, wie sehr sein Opus generell kammermusikalisch orientiert ist, einzelne Werkteile variabel, wiederholt und in veränderten Werkkombinationen rationell eingesetzt wurden, oft von zeitbestimmten Werkaufträgen ausgelöst. In dieser Richtung weitergedacht hat Pieter Dirksen und ohne viel Änderung aus einer Trio-Sonate für Orgel (BWV 528) ein Triosonate gezaubert, für deren Besetzung er sich der Sinfonia e-Moll aus der Kantate „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ (BWV 76) für Oboe und Gambe erinnert, beide Werke in Leipzig wohl um 1723 entstanden.
Dabei ist die Sinfonia als erster Satz der Orgelsonate nahezu deckungsgleich übernommen. Mit welchen Stimmtonhöhen die Aufführungspraxis problematisiert war, welche Besetzungsvarianten für die Rekonstruktion dieser wohl erfundenen Triosonate in Anbetracht kommen, führt der Herausgeber in seinem einführenden Text und im Revisionsbericht einsichtig aus und offeriert für drei denkbare Aufführungsvarianten die notwendigen Stimmen (in g-Moll und e-Moll), alles in einem lichten und großzügigen Notensatz.