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Noten-Tipps 2014/11

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Johannes Brahms (1833–1897): Trio nach dem Sextett in B Opus 18, bearbeitet von Theodor Kirchner, Urtext herausgegeben von Christopher Hogwood. Bärenreiter +++ Richard Wagner: Vorspiel zu Tristan und Isolde. Bearbeitung für Streichsextett von Sebastian Gürtler. Mit einem Geleitwort von Gidon Kremer. Partitur & Stimmen. Walhall +++ Alfred Schnittke (1934–1998): Suite im alten Stil für Streichorchester. Partitur, Einrichtung Jolán Berta. Ed. Sikorski

Johannes Brahms (1833–1897): Trio nach dem Sextett in B Opus 18, bearbeitet von Theodor Kirchner, Urtext herausgegeben von Christopher Hogwood. Bärenreiter BA 9441, ISMN 979-0-006-49408-8

Noch keine 30 Jahre jung war Brahms und doch schon auf einem Höhepunkt, als sein Sextett op. 18 Furore machte und, was ihm gar nicht so unlieb war, bereits Bearbeitungen, zunächst für Klavier zweihändig, gefragt waren, willkommen auch von Seiten des Verlegers alleine schon aus wirtschaftlicher Raison: Dieser Komponist ließ sich gut verkaufen. Brahms und sein Arrangeur, der Organist, Pianist und Komponist Theodor Kirchner (1823–1903) – das ist die Geschichte einer engen lebenslangen Freundschaft. Wie Kirchner 20 Jahre nach der ersten Drucklegung des Sextetts Opus 18 auf die Idee kam, daraus ein Klavier-Trio zu fabrizieren, vonseiten Brahms sogar gutgeheißen und 1883 bei Simrock veröffentlicht, das schildert Christopher Hogwood als Herausgeber in  seiner detaillierten Einführung (deutsch und englisch). Wie weit sich Kirchners Reduzierung auf Trio-Besetzung und das Original Opus 18 gleichen oder nicht und wie sich daraus Aspekte der Interpretation ableiten – das ist das Spannende vom Werden und Sein dieses ambivalenten Werkes. Damit liegen nun alle fünf Klaviertrios (Opus 18, 40, 87, 101, 114) in einer wissenschaftlich-kritischen Ausgabe bei Bärenreiter vor und vor allem in einer großformatigen, lesetechnisch gesehen bravourösen Druck-Version – eigentlich ein Kammermusikfest wert.

Richard Wagner: Vorspiel zu Tristan und Isolde. Bearbeitung für Streichsextett von Sebastian Gürtler. Mit einem Geleitwort von Gidon Kremer. Partitur & Stimmen. Walhall EW 913, ISMN M-50070-913-8

„Es ist ein glänzendes Stück Kammermusik – Wagners Partitur als farbige Kammermusik zu durchleuchten, ist eine wahre Entdeckungsreise in das uns allen so bekannte Wunderland“ – dieser treffenden Einschätzung des Geigers Gidon Kremer mag man nicht viel hinzufügen. Bleibt die Frage, inwieweit es der Interpretation durch die minimierte Streicherbesetzung gelingt, die „schmachtende“ Gefühlswelt zu erfassen und ins Nach-Erlebbare zu vermitteln. Sebastian Gürtler, Violinist und erfahrender Arrangeur des Ensemble Amarcord Wien, lieferte mit dieser, wie er selbst gesteht, additiven Bearbeitung eine minutiös ausgezeichnete Druckvorlage.

Alfred Schnittke (1934–1998): Suite im alten Stil für Streichorchester. Partitur, Einrichtung Jolán Berta. Ed. Sikorski ED. Nr. 1749 (2014), ISMN 979-0-003-04037-0

Für Alfred Schnittke, dem die Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar zu seinem 80. Geburtstag am 24. November 2014 ein Porträt-Konzert widmet, war Alte Musik ebenso faszinierend wie Musik der Avantgarde. Ähnlich Strawinsky mit seiner Pulcinella-Suite liebte Schnittke den Kontrast und hatte Lust auf heiter-fröhlichen Barock. Wie sehr er sich mit barocken Stilmitteln befasst hat, machen seine zahlreichen Concerti und Concerti grossi deutlich und eben auch diese 1972 geschriebene Suite, in der Urfassung allerdings für Violine mit Klavier komponiert. Die aus Ungar stammende Violinpädagogin Jolán Berta hat daraus eine Partitur für Streichorchester eingerichtet, gewissenhaft ausgezeichnet einschließlich Barockverzierung, Artikulation und praktischer Strichbezeichnung. Soli, in der Stimmlage wandernd, und Tutti müssen nun für den Concertino-Kontrast stehen. Wie hier barocke Meister nachempfunden, ihre Stilmittel kopiert sind, sich hier die fünf charakteristischen (Tanz-)Sätze plus Coda-Fuge frühbarocker Satzbezeichnungen bedienen, das lässt die Frage zu, wie viel Humor der Komponist dieser mit Ernst und Ehrfurcht komponierten Imitation  zugestehen würde. Welches Ensemble ehrt nun den Jubilar post mortem und holt sich das Stimmenmaterial dieser durch und durch originellen 16-Minuten-Suite? Jolán Berta hatte sie am 5. Oktober 1982 mit dem Brandenburgischen Kammerorchester Berlin erstaufgeführt.

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