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Play alone oder Play-along – Trend zur multimedialen Note

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Das Notenheft mit CD, DVD und Midifiles: Spielmaterial für Auge und Ohr
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Im Buchdschungel der Notenpublikationen finden sich unter anderem auch gedruckte Versionen der Filmmusik zum „Dschungelbuch“. Sie bedienen das, was die längste Zeit das Kerngeschäft von Musikverlegern war: den reinen Notenmarkt. Das hat sich in den letzten Jahren rasant und gravierend verändert. Didaktische und Repertoire-Ausgaben sind mittlerweile unabhängig vom Musikstil in ungezählten Kombinationen aus Heften und/oder Datenträgern wie CDs, DVDs, Midifiles erhältlich. Eine inflationäre Entwicklung, die bei der Auswahl gründliches Hinschauen erfordert. Deshalb ein Rundblick über berechtigte Ansprüche und formale Realitäten, notwendigerweise mit Mut zur Lücke.

Jeder Musikfreund auf der Suche nach Noten und Spielmaterial kennt das Problem: Wie finde ich in dem inflationär wachsenden Notenmarkt, zum Teil unter regelrecht recycelten Ausgaben, das für mich passende Material? Was taugt für mich als Autodidakten oder für mich als Lehrer? Die Buchautoren und Musiker sind Könner ihres Faches, doch wie bereiten die Verlage den Inhalt auf? Worauf muss ich bei Inhalt, Form und Qualität achten, um mir keinen Schrott einzufangen? Bin ich didaktisch ignorant, wenn ich meine Noten ohne Begleit-CD kaufen möchte? Stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis bei einem CD-DVD-Noten-Paket, oder wird dem Geldbeutel eine durch Inhaltsverdopplung nicht real existierende Informationsfülle vorgegaukelt? Die eine Antwort darauf gibt es nicht.

Jeder Nutzer hat andere Ansprüche, Voraussetzungen und Herangehensweisen. Beim einen oder anderen stellt sich erst bei der konkreten Notensuche heraus, dass dies gar nicht so klar definiert ist. Das fängt an beim Schwierigkeitsgrad: Es gibt keine einheitliche Einstufung, auf die man sich verlassen könnte. Schwierig, wenn hier nicht der informierte Lehrer oder Ensembleleiter die Beratung oder Auswahl übernimmt. Das allzu weitläufige Internet hilft trotz Anbietern wie musia.de nicht flächendeckend weiter – es sei denn, Sie wissen sowieso schon genauer, wonach Sie suchen. Sich mit Katalogen der großen Verlage einzudecken hieße die vielen kleineren, in ihren Spezialgebieten ebenfalls sehr engagierten zu übergehen. Die tatsächlich weiterführende Adresse wird hier für viele der Musikalienhändler sein. Er muss letztendlich den Überblick wahren. Zum Beispiel bei reizenden, medial modern aufbereiteten Ausgaben für die Kleinsten, die mehrere Sinne ansprechen (Toni Tropf, „Die Reise einer Schneeflocke – Ein Lese-, Sing und Malbuch für Schüler“ + CD, Schroedel). Manchmal enthalten die Medienpakete gleich noch das Instrument und Zubehör neben den Noten und CD (Hintermeier/Baude, Flötenlilli Blockflöten-Set, ab 4 Jahren, Hage). Davon grenzt sich das Meer von Literatur für Kinder und Jugendliche ab: eher von 4–9 oder von 8–13 Jahren? Hier bietet zum Beispiel Fidula seit Jahren sehr gelungene Editionen, bestehend aus Textheften, Klavierpartitur und CD, mittels derer auch ungeübte Schüler mit ihren Lehrern hinreißende Schüler-Musicals einstudieren können. Ob allein oder in der Gruppe, für alle gängigen Instrumente und Besetzungen von Mundharmonika bis Bläserquartett lässt sich ein breites Spektrum an Klassikern und Neukompositionen finden (vor allem Letzteres: deHaske).

Man muss allerdings mögen, wenn sich die Ausgaben auf Leadsheets und CD beschränken; solch wortlose Hefte (abgesehen von einleitenden Erklärungen) sind nicht für jeden geeignet. Wer damit allein zurechtkommt, kann auf der Begleit-CD die Vollversion hören oder mittels Notenheft zum Play-along mitspielen. Für intensiveres Studium ist hier aber die begleitende Erfahrung eines Lehrers wichtig, der Spieltechniken korrigiert und Hintergrundwissen liefert.

Hefte, die nur die Melodie enthalten, ohne ausgearbeitete Begleitung in den Noten, aber mit CD (Axel Kühn, Pop & Jazz Flute, 13 all-time Favourites, Heft + 2 CDs, DUX) sind in Ordnung, wenn Sie nur für sich bleiben möchten oder einen Crack an den Tasten haben, der Sie ohne Vorlage begleiten kann. Ein Stichwortverzeichnis (Index) ist nur nötig bei umfangreicheren didaktischen Ausgaben.

Wird eine Begleit-CD als „spektakuläre Mitspiel-CD“ angekündigt, sollte durch schlichtes Reinhören geklärt werden, ob hier Verleger und Kunde der gleichen Meinung sind („The Christopher Norton Concert Collection for Alto Saxophone“, Heft + CD, Boosey & Hawkes).

Technisch Interessierte finden auch heute noch Midifiles, die ihnen vor allem in der Welt der Schlager und Oldies eine musikalische Stütze bieten (bei Hage über 30.000 Midifiles verschiedener Anbieter; auch Hildner bietet zahlreiche Midifiles und Playbacks für diesen Kundenkreis). Von hier ist es nicht mehr weit zu Techniken wie dem altbekannten „Music minus one/MMO“: (Nicht mehr nur) der Klassikfreund kann sich in seiner direkten Umgebung Konzertpodium-Atmosphäre schaffen. Hier werden auf CD in erster Linie instrumentale Solokonzerte und Kammermusik (mittlerweile aber auch moderne Methoden und Repertoire für Banjo oder Schlagzeug) angeboten, bei deren Aufnahmen eben die Solostimme ausgeblendet ist.

Zum Beispiel finden sich dazu auf www.shop.famiro.com Infos und Werke von Klassik bis Jazz. Andere Modelle dieser Methode bedienen praxisnah die Sänger: „Coach me“, „Pocket song“ et cetera präsentieren Material von Opernarien bis hin zu Karaoke. Künftige Chorsänger werden bei Peters dank separater CDs für jede Stimmlage von „Chorsingen – leicht gemacht, Lernen im Selbststudium“ angeleitet.

Nur mit Körpereinsatz kommt ein Produkt aus, das die Bewegungsfreude anspricht: Corina Oosterveen, „Tanzarello“, Buch + CD, Folk-Tanzen in der Grundschule (Fidula). Tanzanfänger – Lehrer wie Schüler! – kommen leicht zurecht: unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, geduldig-ausführliche Anleitungen und Hintergründe. Spielerische Vermittlung von Wissen.

Noten mit Akkordbuchstaben. Im Anhang unter anderem Übersichten über die Abläufe der einzelnen Tänze sowie – in Tabellenform – aller Merkmale und Infos der Tänze. Geballte Information für die Praxis. Visuell orientierte Nutzer (ab Kindergartenalter) können ihren Bewegungsdrang mit der ungewöhnlichen, praxisorientierten DVD „JUBA – Die Welt der Körperpercussion“ (Jürgen Zimmermann, Fidula) stillen. Die DVD spricht für sich, ist aber auch als Buch erhältlich. Sollen DVDs pur zum Erlernen eines Instruments und seiner Spieltechniken eingesetzt werden, sind sie nur aussagekräftig, wenn parallel ein Split-Screen zu sehen ist, der Details aus mehreren Perspektiven wiedergibt. Schlagzeuger sollten ihr Set in Sichtweise des DVD-Players stehen haben – nicht immer leicht zu realisieren. Didaktisch angelegt, trotzdem ohne Papier: Die DVD von Thomas Lang, „Ultimatives Schlagzeug 1 & 2“, Hudson Music, kommt ohne Booklet oder gar Notenheft aus.

Besonders für Gitarre gibt es Material in Hülle und Fülle aus all diesen optisch-akustisch-visuellen Elementen; hier ist noch dazu zu unterscheiden nach Art der Notation: mit Notenschlüssel oder Tabulatur (sehr gut die aufmerksam gemachten Hefte von Acoustic Music Books) oder mit Griffbildern beziehungsweise Akkordangaben zu Liedtexten (Martin Kuhnle, Die Lagerfeuer-Gitarre – Gitarre lernen ohne Noten, Heft + CD, DUX). Verlockend, aber das ist nur begrenzt förderlich für die Weiterentwicklung: Mangels Notenkenntnis erschwert es das Zusammenspiel mit den Noten anderer. Man muss allerdings alle Melodien der erarbeite-ten Stücke im Kopf haben oder sich aneignen. Nicht wenige Menschen im musikalischen Rampenlicht gestehen, keine Noten lesen zu können.

Wer beim autodidaktischen Lernen gern online kommuniziert, findet Antworten zu seinen Fragen eventuell auf angeschlossenen Foren (Bernd Brümmer, „Garantiert Gitarre lernen“, Heft + CD + Online-Support in Form eines Forums für Fragen und Austausch, Alfred Publishing).
Eine Option ist auch das Ausdrucken der Noten zum Üben. Dazu kann die Heft-begleitende CD dienen (Klaus Dapper, „Das Saxophonbuch 2“, Voggenreiter Verlag; die Klavierbegleitung kann von der CD gedruckt werden) oder die selbständig vorliegende CD (Jörg Sieghart: Playalongs für Bassisten, Blues Vol. 1, Tunesday Records; Basslinien und Leadsheets auf dem CD-ROM-Track). Oder die Dateien zum Download sind im Internet zu finden (Stefan Berker: Playbacks zum Improvisieren für alle Instrumente außer Schlagzeug: II–V–I-Verbindungen, Jazz Vol. 4, Tunesday Records). Umfangreiche Noten aus dem klassischen Repertoire in unterschiedlichen Besetzungen bis hin zu Opern zum Ausdrucken finden sich unter www.noten-digital.de.

Ein Paket für besonders multitaskingfähige Musiker bietet Gerhard Graf-Martinez’ „Gypsy Guitar“ (Schott) – es ist erhältlich als zwei CDs mit DVD, als Kombipaket CD-ROM + Notenheft in Deutsch oder Englisch, als DVD oder als Noten mit zwei CDs.

Bei der Online-Recherche nach Spielmaterial landet man schnell auch auf den Seiten von Anbietern in Übersee (www.pocketsongs.com: Paradies für Karaoke-Fans, CDs und DVDs) oder von bekannten Internetauktionshäusern. In jedem Fall lohnt sich ein Blick auf Lieferbarkeit, Zahlungs- und Lieferkonditionen.

Diesem breiten Angebot gegenüber stehen sehr praktische, teils banale Ansprüche an die Gestaltung, die zum Teil seitens der Verleger nicht umgesetzt werden, zum Teil in Sachen Preis zwar wertsteigernd, aber für den individuellen Käufer nicht immer wichtig sind. Bindung (Spiralbindung ist teurer, aber sehr belastbar), Papierqualität (dick genug?), Schriftgröße (kann ich den Notensatz auch etwas weiter weg vom Notenpult gut lesen?) sind individuell zu beachten. Tracksymbole müssen im Heft eindeutig den Noten zugeordnet sein, das ist leider nicht selbstverständlich. Das Trackverzeichnis sollte im Heft abgedruckt sein, und zwar (neben der Tracknummer) unbedingt mit Seitenzahl, sonst beginnt eine heillose Sucherei (Philipp Moehrke: Alto Sax Improvisations Concepts, Heft + 2 CDs, AMA Verlag; gutes Buch, aber schwierige Koordination Buch-CD-Trackverzeichnis-Instrument).

Dicke Bücher sind leichter zu benutzen, wenn auf jeder Seite der Kapitelname zur Orientierung beziehungsweise ein Reiter am Seitenrand steht. Ins Heft integrierte oder ausgelagerte Crashkurse (Akkordsymbole, Rhythmuspatterns etc.) (Michael Schäfer: Piano Tunes in different Styles, Buch + CD, AMA) für Autodidakten, teilweise auch als Anhang mit Links, Hörempfehlungen, Büchertipps, Termini: Das kann nie schaden, ist aber nicht zwingend weiterführend. Ob das Werk auch Musiktheorie, Musikgeschichte, Instrumentalpraxis et cetera umfassen muss, hängt vom Anspruch auf dem Buchtitel und des Nutzers ab. Besser neue Kompositionen oder lieber klassisches Repertoire? Kein Qualitätskriterium, das entscheidet der Geschmack des Käufers.

Fotos im Heft sind letzten Endes nur hilfreich, wenn sie eindeutige, gute Aufnahmen liefern, zum Beispiel von Griffen und Haltung des Instruments. Ein Buch mit CD und DVD, dazu das Instrument – nur bedingt empfehlenswert, weil logistisch überfordernd. DVDs kamen lange Zeit nur aus Amerika als Anthologien und Starporträts (original oder mit Untertitel), inzwischen mehren sich auch deutsche Produktionen.

In DVDs groß angekündigte Booklets sind oft nur magere Kopien – ob Ihnen das genügt, entscheiden Sie für sich durch einen Blick hinein; Bonus-Tracks sind in der Regel inhaltlich überflüssig (aber eine Aufwertung im Preis). Kommen Sie mit Englisch als Unterrichts-Sprache und eventuellen Untertiteln zurecht?

Eine Begleit-CD wiederum kann nur Anhaltspunkt zur Interpretation, nicht aber verpflichtende Zielvorgabe sein. Die CD-Verpackung: banales Detail, aber sehr wichtig. Hier taugt streng genommen nur die Plastikhülle; Papier-umschläge müssen aufgerissen werden und entbehren fortan eines Verschlusses, so dass die CD/DVD leicht herausfallen und verkratzen kann. CD-Einspielung mit echter Band oder aus der Retorte? Geschmacksfrage. CDs als Medium für selbst stimmbare Instrumente sollten unbedingt einen Stimmton haben.

Ob Sie also nach Musikstil, Schwierigkeitsgrad oder Geldbeutel Ihre Wahl treffen, lieber allein am Pult oder zu einem Datenträger mitspielen: Die Qualität des ausgewählten Spielmaterials muss zuerst Ihnen allein zusagen und lässt sich anhand der umrissenen Gesichtspunkte individuell bestimmen. Vielleicht ist dann für Sie eine papierlose Form ideal, möglicherweise aber auch gerade der 14. Aufguss von Gitarrenhits im Sampler, weil nur hier Ihre Lieblingsstücke versammelt sind.

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