Volkslieder. Idee von Cornelius Hauptmann, herausgegeben von Barbara Mohn und Dagmar Munck | Volkslieder-Buch incl. Mitsing-CD, € 24,90, Nr. 2.401, ISBN 978-3-89948-151-8 | Klavierband, € 24,90, Nr. 2.401/03, ISBN 978-3-89948-150-1 | Volkslieder CD-Sammlung, Vol. 1 Nr. 83.003, Vol.2 Nr. 83.004, je € 17,90,- Neu im Carus-Verlag 2010
Noch ein weiteres Volksliederbuch? Davon gibt es doch schon zahlreiche, auch Bestseller, die sich schon Jahrzehnte lang bewährt haben. Muss das Rad immer wieder neu erfunden werden? Bei der neuen Edition des Carus Verlags lohnt es sich, genau hinzusehen. In vielerlei Hinsicht hebt es sich von herkömmlichen Zusammenstellungen von Volksliedern ab. Denn es handelt sich hier um ein umfassendes Projekt. Es ist der zweite Teil eines größeren Liederprojekts. 2009 erschienen „Wiegenlieder“, weitere Teile sind für 2011 mit „Kinderlieder“ und 2012 „Weihnachtslieder“ geplant.
Das „Volksliederbuch“, gebunden in Halbleinen und Hardcover, mutet bei der ersten Begegnung bereits zu ästhetischen Empfindungen an. Christoph Mett malte in warmen, kräftigen Farben in Dimension verzerrte Illustrationen zu einzelnen Liedern, die gleich beim ersten Durchblättern zu aufmerksamem Hinschauen bewegen, gegebenenfalls nicht jedermanns oder jederfraus Geschmack, dafür ausdrucksstark, klar und nicht kitschig. Konsequent in der Liedauswahl ist das dazu berufene Team in der Auswahl von deutschsprachigen Liedern gewesen. Musikalität und Poesie waren wichtige Kriterien in der Qualitätskontrolle, so dass eine Sammlung von 77 Volksliedern entstanden ist, die in verschiedenen Jahrhunderten ihren Ursprung haben. Wiegen-, Kinder- und Weihnachtslieder sind dann in den erwähnten anderen Sammlungen zu finden. Thematisch sind die Lieder sortiert nach üblichen Themenkreisen zum Tagesablauf, Jahreszeiten, Liebe, Abschied, Wandern, Handwerk, Geselligkeit und Märchen. Jedem Lied ist im Druck eine eigene Seite eingeräumt, das Notenbild ist klar, weitere Strophen gibt es zu jedem Lied soweit überliefert und die hinzugefügten Gitarrenbegleitakkorde bewegen sich im Raum der Grundakkorde, ohne einfältig zu sein. Die Lage der Lieder möchte deutlich das Singen in der mittleren bis oberen Lage fördern: Viele Lieder erreichen das d’, manche das e’. Von großem Wert sind die in wenigen Worten gehaltenen Angaben zur Herkunft der Lieder. Nicht nur Komponist und Textdichter, Jahr, gegebenenfalls Ort, sondern auch Hinweise zu mehreren Fassungen der einzelnen Liedern lassen die gründlichen Recherchen der Herausgeber verdeutlichen. Die Mitsing-CD ist jedem Liederbuch hinzugefügt. Die eingespielten Begleitungen sind unterschiedlich instrumentiert, mit Christine Busch, Violine, Libor Sima, Saxofon und Fagott, Juliane Ruf, Klavier und Anne-Maria Hölscher, Akkordeon und anderen. Abwechslungsreich, schwungvoll im Tempo und anrührend musiziert kommt Lust zum Mitsingen auf – oder nur Zuhören. Beim Mitsingen wird die hohe Lage des Satzes der Lieder besonders deutlich, denn eine Anpassung an die Instrumente ist ja erforderlich.
Für den Klavierband als Ausgabe für Singstimme und Klavier (mit allen Textstrophen) sind zahlreiche neue Arrangements angefertigt worden unter anderem von Helmut Barbe, Bobbi Fischer, Thomas Gabriel und Peter Schindler. In der Mittelstufe sind diese auch von Schüler/-innen musizierbar, also ein Beitrag zum häuslichen und schulischen Musizieren. Das ist zumindest die Absicht – um Jugendliche zu erreichen bedarf es sicher ermutigender Pädagogen und anderer Motivateure.
Kein Liederbuch ohne CD – auch diesem Buch ist eine zweiteilige CD hinzugefügt. Zahlreiche namhafte Künstler haben sich hierfür bereit erklärt, mitzuwirken. Dietrich Fischer-Dieskau, Peter Schreier und viele andere haben gagenfrei musiziert, so dass eine abwechslungsreiche, hörenswerte Sammlung entstanden ist, die ähnlich der Mitsing-CD unterschiedlich instrumentiert ist. Die Klarheit und Einfachheit der Lieder kommt hier besonders zur Geltung.
Warum gagenfrei musiziert wurde? Das Volkslieder-Projekt beinhaltet neben oben erwähnten käuflich erwerbbaren Elementen konzeptionelle Hintergedanken und weiterreichende Aktionen. Pro verkaufter CD gehen zwei Euro in ein das Singen von Kindern förderndes Projekt, das von „Herzenssache e.V.“ vermittelt wird. Dieser Verein ist eine Initiative des Südwestrundfunks, Saarländischem Rundfunk und anderen unter der Schirmherrschaft von Lothar Späth, der es sich zur Aufgabe macht, Menschen und ganz besonders Kindern im Sendebereich zu helfen. Musikalisch bedeutsame Projekte sind hier „Klasse, wir singen“ und „Singen in Sindelfingen“. Im Rahmen des ersteren wurden 80 Grundschulchöre in Baden-Württemberg gegründet, im zweiten kommen Singpaten in Kindertagesstätten, um dort mit Kindern zu singen.
So handelt es sich bei dem vorliegenden Projekt um ein Benefizprojekt, das das Singen mit Kindern ganz besonders fördern möchte. „Singen macht stark“ haben zahlreiche Studien in den letzten Jahren bewiesen – nicht nur Seelenhygiene, auch soziales Lernen und kognitive Leistungen werden vom regelmäßigen Singen positiv beeinflusst. In diesem Fall sollen alte Volkslieder wieder in das Bewusstsein rücken. Volkslieder haben nicht zuletzt durch den Missbrauch im Nationalsozialismus einen schweren Stand. Die Idee hier ist, einen neuen Blick auf die Lieder zu werfen, sie zu entstauben und eine Sammlung zusammen- zustellen, die zeitlos oder zeitgemäß heute auch Freude bereiten kann. CDs sollen beim Lernen der Lieder behilflich sein, und über Rundfunk der ARD sind die Lieder ab 1. Oktober 2010 immer freitags ein Jahr lang um 17:50 Uhr auf SWR2 zu hören. Über Internet sind weitere Ausstrahlungen anderer Rundfunkanstalten zu erfahren, sowie ein kostenfreies Liederarchiv mit zusätzlichen Informationen und Notentexten weiterer Lieder zum kostenlosen Herunterladen unter www.liederprojekt.org, www.swr2.de und www.zeit.de.
Die Medienpartnerschaft, bestehend aus der Kooperation von Carus, SWR2, Reclam, ZEIT-Online und anderen bietet vielfältige Werbehilfen an, so dass für die Verbreitung des Projekts ebenfalls gesorgt ist.
Bleibt zu wünschen übrig, dass Volkslieder wieder Herzenssache werden – denn das ist zu guter Letzt doch Sache „des Volkes“. Das Projekt „Volkslieder“ leistet dazu einen gründlichen und umfassenden Beitrag: Die optimalen Voraussetzungen zur Wiederbelebung werden mit modernen, zeitgemäßen Mitteln multimedial geschaffen.