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Spielerischer und unverkrampfter Zugang

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Neues Notenmaterial für Flöten im Jazz
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Im letzten Jahr wurden zwei Beiträge zur Flöte im Jazz von bekannten Jazzflötisten publiziert. Jedes Buch hat einen anderen Fokus auf das Thema und in gewisser Weise ergänzen sie sich in ihrem Anliegen, den Flötisten die Welt des Jazz näherzubringen.

Dirko Juchem: Modern Flute Concept. Flöten-Workshop. Schott 2011, ED 21022
Die Flöte ist nach wie vor ein „traditionelles“ Instrument. Aber sie hat schon seit längerem Einzug gehalten in die Rock-, Pop- und Jazzszene. Auf die verschiedenen Fragen zum Jazz, der Spielweise und wie das Instrument eingesetzt werden kann, versucht der (Jazz-)Flötist Dirko Juchem Antworten zu geben. Er setzt voraus, dass der interessierte Leser und Spieler bereits Vorbildung in der Beherrschung des Instrumentes und des Notenlesens hat. Aber da es hier um Jazz und jazzverwandte Musik geht, ist ein elementarer Schwerpunkt die Improvisation, bei der wiederum das Notenlesen nebensächlich ist. In den vier Parts werden viele Übungen und Stücke auch mittels Play-along-CD vorgestellt, die in Schritten von einfachen zu komplexen Improvisationen führen. Damit diese im richtigen Sinne gelingen, wird der „theoretische Unterbau“, das heißt die Jazzharmonielehre, aufeinander aufbauend mit einbezogen. Quasi „nebenbei“ gibt es Spieltipps zu Spieltechniken wie Vibrato, Glissando, Artikulation, Doppelzunge, Flatterzunge, Bending, Singen und vielem mehr. Im Beitrag zum „Beat(Flute)boxing“ erklärt Juchem zu der allgemeinen Spielweise auch seine persönliche ausgetüftelte Technik. Kurze Artikel zu großen Interpreten der flötistischen Jazzszene werden dem Leser im Verlaufe des Buches vorgestellt. Die Atemübungen, die immer wieder eingestreut sind, sind pädagogisch fundiert, da auch Jazzflötisten über eine gute Atmung verfügen sollten. Die Platzierungen im laufenden Text sind aber ohne ersichtlichen Bezug zu den jeweiligen behandelten Themen. Wenn schon allgemeine Flötentechnik ein Thema ist, dann fehlt doch dringend  ein Beitrag zur lockeren Flötenhaltung des Jazzflötisten. Insgesamt ein informatives Unterrichts- und Nachschlagewerk für Alle, die sich für die Flöte im Jazz interessieren.

Tilmann Dehnhard: The New Flute. Universal Edition 2013, UE 35 320
Der Jazzflötist Tilmann Dehnhard ist vielen Flötisten bekannt durch seine Kompositionen, Konzerte und Workshops. Sein großes Anliegen in seiner Publikation gilt der technischen Vermittlung von Fertigkeiten, die zum Spiel der Jazzmusik, aber auch anderer moderner Musik nützlich und gefordert sind. So entstand das vorliegende Compendium, das er mit viel Herzblut und pädagogischem Wissen zusammengestellt hat. Natürlich erfindet Dehnhard das Instrument Flöte nicht neu. Auch viele „moderne“ Techniken, die Flöte zu bedienen, findet man bereits in anderen Büchern. Er beleuchtet diese aber aus dem Blickwinkel des Jazzflötisten und gibt viele Anregungen, sich diesen Spielarten zu nähern und diese stilistisch anzuwenden.
Er beginnt mit „singen und spielen“, einer schon „älteren“ Spielart. Aber haben Sie schon mal mit sich selbst im Kanon gespielt und gesungen? Oder eine zweite Stimme zu einer Melodie? Da erwacht doch der Spieltrieb und der Ehrgeiz! Einen großen Raum nimmt „Beatboxen = Fluteboxing“ ein, eine Technik aus der vokalen Popmusik, aber auf die Flöte übertragen. Diese Art, mittels Konsonanten („Putzekatze“) ein Schlagzeug zu imitieren, ist im Jazz inzwischen eine gängige Technik. Denhard bietet dazu viele Übungen und prägnante Erklärungen. Auch in den Kapiteln über Whistles, Windgeräusche, perkussive Klänge, Glissandi, Obertöne, Zirkularatmung, Multiphonics und noch weitere Techniken kann man sich auch als gestandener Flötist noch so manche Anregung holen. Auf der beigefügten CD/DVD gibt es zusätzliche Übungen, auch zum Ausdrucken. Sein ganz elementares Anliegen beschreibt Juchem im sehr ausführlichen Vorwort: „Das vorliegende Buch ist eine Ideensammlung, ein Malkasten voller Farben.“ Der Spieler möge sich mit dem Instrument unterhalten; mit dem alten „passiven“ Wortschatz, den man bereits gelernt hat, und den neuen Möglichkeiten improvisieren; neue Klangwelten für sich erfinden und entdecken. Ein gelungenes Buch zum Einstieg und zur Vervollkommnung in erweiterte Spieltechniken und ihren Einsatz im Bereich der Jazzimprovisation  – nicht nur für ambitionierte und angehende Jazzflötisten!

Scott Joplin: The Chrysanthemum, bearbeitet von Cathrin Ambach für Flöte und Klavier. Schott 2011, ED 09878
Die vielen Ragtimes und Walzer von Scott Joplin sind eine Fundgrube zum Einstieg in die jazzverwandte Musik und deren spezifische synkopierende Rhythmik. Der Ragtime „The Chrysanthemum“ ist einer der bekannteren Tänze und liegt hier in einer Bearbeitung für Flöte und Klavier vor. Die Flötenstimme spielt durchweg die Melodie über einen gesamten Umfang von e’ bis f’’’ in den übersichtlichen Tonarten F-, B- und Es-Dur. Dem Klavier verbleibt fast durchweg die harmonische Unterstützung, manchmal mit etwas „Hüpferei“ in der linken Hand. Das Arrangement ist aber gut zu meistern für mittelmäßig fortgeschrittene Spieler.

Jeremy Norris: Jazz Suite für Flöte und Klavier. Schott 2011, ED 20922
Der Komponist hatte das Gefühl, dass neben der vielfachen und vielseitigen Musik für Flöte sich selten ein Komponist an vom Jazz inspirierte Musik gewagt hat. So entstand die „Jazz Suite“
mit fünf Sätzen, die auf zum Teil klassische Grundmuster zurückgreift (Sonatenform/Rondo) aber auch die charakteristischen Stile und Harmonien des Jazz aufweist. Insbesondere das Klavier bildet das harmonische Gerüst, teils mit dicken Akkorden und Arpeggien, auf dem sich die Flöte melodisch erzählend bewegen kann. Norris hofft auf ein breites Interesse an der Komposition, die nicht ohne Anspruch an die Interpreten ist, aber im Gegensatz zum „richtigen“ Jazz nicht improvisiert werden muss – alles ist ausnotiert – und damit einen spielerischen und unverkrampfteren Zugang zu dieser Art der zeitgenössischen Musik anbietet.

Armando Ghidoni: Jazzy Flute Challenge für Flöte und Klavier. A. Leduc 2013, AL 30658
Die „Jazzige Flöten-Herausforderung“ ist eine Auftragskomposition für den Internationalen Wettbewerb für Flöte Maxence Larrieu in Nizza. So ist klar, dass die Herausforderung  an die Adresse des Flötisten geht. Man sieht  zunächst buchstäblich schwarz durch die vielen Sechzehntel-Läufe, die sich durch das ganze Stück ziehen. Aber ein bluesiger ruhiger Teil in der Mitte lässt Spieler und Hörer Muße zum Verweilen, Träumen und Durchatmen, bevor die „Hetze“ wieder losgeht. Die Stimme unterstützt die rockigen Passagen und zum Ende kommt noch ein Schuss spanisches Flair hinzu. Der Pianist als Duopartner unterstützt, tritt in Dialog und verschafft in kürzeren Solopassagen dem Flötisten Raum zum Luftholen. Ghidoni, selbst Jazzmusiker, hat  ein wirkungsvolles Stück für ambitionierte Spieler kreiert. Das Werk soll circa zehn Minuten dauern.

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