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Erwin Schulhoff: Jazz-inspirierte Stücke für Klavier. Bärenreiter BA 9559
Erwin Schulhoff: Jazz-inspirierte Stücke für Klavier. Bärenreiter BA 9559
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Unter Grenzgängern

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Aktuelle Ausgaben für Klavier in allen Schwierigkeitsgraden (Teil 2)
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The Classical Piano Solos. 106 Graded Pieces from Baroque to the 20th C. +++ Reynaldo Hahn: Le Rossignol éperdu, Volume 1, Première suite. +++ Firouz Bakhor: Album für Suchra. +++ Karl Jenkins: Piano. +++ Béla Bartók: Improvisationen über ungarische Bauernlieder op.20. +++ Erwin Schulhoff: Jazz-inspirierte Stücke für Klavier.

The Classical Piano Solos. 106 Graded Pieces from Baroque to the 20th C. Hrsg. von P. Low, S. Schumann, C. Siagian. Hal Leonard HL 00289444

Diese Sammlung von 100 Klavierstücken könnte man als Klavier-Basic bezeichnen. Auf 250 Seiten findet sich ein Querschnitt aus allen Stilrichtungen. Vergleichbare Ausgaben in diesem Umfang widmen sich meist den Highlights der Klavierliteratur. Die vorliegende Sammlung lässt sich von allem Anfang an verwenden und begleitet den Klavierschüler über viele Jahre hinweg. Der strukturelle Aufbau ist auf die verschiedenen Epochen gerichtet und steigt im Schwierigkeitsgrad progressiv an. Neben den auch hier integrierten bekannten Stücken gibt es zahlreiche Miniaturen, die gut ausgesucht wurden und dem Klavierschüler die Möglichkeit eröffnen, auch einmal Stücke zu erlernen, die er nicht schon im Ohr hat. Die meisten Neuentdeckungen gibt es in der Romantik, aber auch das 20. Jahrhundert hält Anregendes bereit. Bei der Auswahl der Stücke legten die Herausgeber nicht nur Wert auf Vielfalt, sondern bezogen in ihre Überlegungen auch eine gewisse Flexibilität in der Handhabung mit ein. Dank der praktischen Spiralbindung hat dieser „starke“ Band auch einen guten Stand auf dem Pult.


Reynaldo Hahn: Le Rossignol éperdu, Volume 1, Première suite. Heugel S.A. HE 33879

Reynaldo Hahn (1875–1947) komponierte für Klavier nur eine überschaubare Anzahl von Stücken. Sein Schwerpunkt lag im vokalen Bereich, den er als Sänger fokussierte. So verwundert es nicht, dass Poesie und Melodie auch im Klavierwerk verschmelzen und auf nonchalante Art eine Synthese eingehen. Die zwischen 1899 und 1910 konzipierten 53 Miniaturen nehmen deshalb einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert innerhalb des französischen Klavierrepertoires am Beginn des 20. Jahrhunderts ein. Die Kohärenz von Literatur und Musik manifestiert sich auch darin, dass Hahn fast allen Stücken der Suite kleine Verse bedeutender Dichter voranstellt. Textzusätze sind vielleicht eine französische Eigenart, die wir auch bei Debussy oder Satie finden. Sie geben ein Programm vor, das ein Eintauchen in das Sphärische erst ermöglicht. Und es wäre eine Überlegung wert, diese anspruchsvollen Stücke den Mendelssohn’schen „Liedern ohne Worte“ konzertant gegenüberzustellen.


Firouz Bakhor: Album für Suchra. Peermusic PCH 3949

Firouz Bakhor wurde 1942 in der ehemaligen Sowjetrepublik Tadschikis­tan geboren und am Gnessin-Institut in Moskau ausgebildet. Die Namenspatronin des Albums, Suchra, ist eine in der orientalischen Poesie berühmte „himmlische“ Musikerin. So liegt es auf der Hand, dass in den Stücken Bakhors Lokalkolorit und zeitgenössische Kompositionstechniken verschmelzen. Die 26 Stücke sind progressiv ausgerichtet, das heißt sie können von Anfängern schon ge­spielt werden und führen bis zum mittelschweren Bereich. Anfangs laufen die Melodien im Unisono, meist im Fünftonbereich, verlaufen dann kanonisch, wechseln zu Melodie und Begleitstimme. Akkordisches Spiel im schnellen Tempo, polyphone Stimmen, Repetitionstechnik, Unabhängigkeit der Hände zeigen die Absicht des Komponisten, auch eine Verbindung von Klaviertechnik und kompositorischer Absicht herzustellen. Metrische Wechsel sind Ausdruck lokaler Inspiration, besonders auch im Kontext mit motorischem Spiel. Die letzten drei Stücke (Präludium, Präludium und Fuge, Sonatine) sind sehr anspruchsvoll, aber dankbar im Vortrag.


Karl Jenkins: Piano. Boosey & Hawkes M060136122

Der 1944 in Wales geborene Karl Jenkins kann als Ikone genreübergreifender Musik angesehen werden. Sein Œuvre umfasst Werke, die sich in allen Gattungen zu Hause fühlen. Liebhaber von Jenkins’ Musik haben nun ein Album mit Bearbeitungen seiner bekanntesten Choralwerke für Klavier vorliegen. Wie Jenkins betont, wurden die Vorlagen „bis auf ihr Gerüst gekürzt und klingen fast so, wie sie ursprünglich am Klavier erschaffen wurden“. Es gibt keine Schnörkel oder virtuose Einlagen – Jenkins wollte ganz absichtlich die atmosphärische Stimmung beibehalten. So entstanden Stücke, die sich selbst genügen, ohne großartige spieltechnische Anforderungen vorauszusetzen. Die Sammlung wurde zudem mit drei neuen Stücken ergänzt.


Béla Bartók: Improvisationen über ungarische Bauernlieder op.20. Henle HN 1405

Den in Kooperation mit Editio Musica  Budapest herausgegebenen Improvisationen wies Bartók einen gewichtigen Rang unter seinen zahlreichen Volksliedbearbeitungen zu. Bartók bemerkt hierzu, dass die „kompositorische Behandlung die Bedeutung eines originalen Werks erreicht und die verwendete Volksmelodie nur als eine Art Motto zu betrachten ist“. Nicht nur in kompositorischer Hinsicht ging Bartók hier an die Grenze. Der spieltechnische Anspruch ist äußerst hoch, da ja auch die Schwierigkeit der Notation von improvisatorischen Elementen mit in Betracht gezogen werden muss. Tatsächlich hat Bartók die Improvisationen selbst sehr selten in Konzerten gespielt; auch aus der Scheu heraus, dass die komplexen Bearbeitungen nicht verstanden werden könnten. In der von Lásló Somfai mit Sorgfalt editierten Ausgabe ist ein Verzeichnis der Melodien und Texte der Bauerlieder angefügt.


Erwin Schulhoff: Jazz-inspirierte Stücke für Klavier. Bärenreiter BA 9559

Wie viele seiner Zeitgenossen faszinierte auch Schulhoff der in den 1920er-Jahren aufkommende Jazz. In dieser Richtung sah Schulhoff einen in die Zukunft weisenden Weg und sah sich selbst als Ersten an, der einen „Kunst-Jazz“ geschaffen hat. Die Ausgabe umfasst mehrere Zyklen, die im Zeitraum von ungefähr zehn Jahren entstanden: „Partita“, „Cinq études de jazz“, „Esquisses de jazz“, „Hot Music“ und „Suite dansante en jazz“. Sie entstanden unter verschiedenen Einflüssen und Impulsen, waren skandalbehaftet, ernteten aber auch Lob in der Presse: „Diese Klavierstücke sind ungemein amüsant, geistvoll und keck. So frivol sie klingen, so tief durchdacht und sauber gemacht sind sie“. Weitere Informationen sind in dem verlagstypischen gut recherchierten Vorwort von Michael Kube zu finden.

 

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