Kurz nach des Dirigenten Tod am 22. Februar 2013 hat Hänssler Profil als erstes und bisher einziges Label die früher gängige Praxis aufgegriffen, verstorbener Interpreten mit einem Ausschnitt aus ihrem zur Edition gebündelten Aufnahmeschaffen zu gedenken.
Das geschieht hier auf besondere Art, denn die Box mit acht CDs lenkt die Aufmerksamkeit auf ein Repertoire, das man mit Sawallisch nicht unmittelbar verbindet, weil es abseits von Wagner und Richard Strauss liegt. Bei den ausgewählten Tondokumenten, Eigenproduktionen des Bayerischen Rundfunks, betrifft die älteste von 1958 Orffs „Antigonae“, die jüngste von 1998 Mozarts Haffner- und Jupiter-Sinfonien.
Die außergewöhnlichen Führungs-Fähigkeiten des klavierspielenden Kammermusikers Sawallisch belegt Schuberts Forellenquintett im Zusammenspiel mit Wiener Musikern 1997 (von Hänssler 2004 veröffentlicht). An Sawallischs Orff-Affinität erinnert die ganz aufs Wort gestellte „Antigonae“, das erste von Orffs Griechendramen, die zu seinen bedeutendsten Schöpfungen gehören. Mit der Darstellung der Mozart-Sinfonien wie auch von Haydns „Jahreszeiten“ beweist Sawallisch seine Bekenntnishaltung zum traditionellen Aufführungsstil in der Nachfolge Bruno Walters und Klemperers.
Er hat sich nie auf spekulative Reformversuche eingelassen. Sein Erkennungszeichen war der unpathetisch-zügige Zugriff. Ein stets fassbares Persönlichkeitsbild als conditio sine qua non bestimmte seine musikalische Arbeit. Die Edition bestätigt den oft unterschätzten Rang des universellen Interpreten und dessen abgesicherten Künstlerstandort in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.