Der Autor weiß, wovon er spricht: Hollow Skai – alias Holger Poscich – begleitet die Popgeschichte der Bundesrepublik seit Ende der 60er-Jahre, schrieb bereits seine Examensarbeit zum Thema Punk, gründete 1980 das Punklabel „No Fun Records“, war Kulturredakteur beim Stern, schrieb unter anderem eine Rio-Reiser-Biografie und lebt jetzt als freier Autor, Lektor und Journalist in Hamburg.
Mit „Alles nur geträumt“ will er beweisen, dass die legendäre Neue Deutsche Welle mehr war als das dümmlich-dämliche Trällern einer „Ich-will-Spaß-Generation“, und das gelingt ihm durch profundes Wissen und gut durchdachte Statements.
Unterhaltsam, manchmal etwas lehrmeisterhaft, aber immer gründlich recherchiert beschreibt er die Entstehung des wohl „einzig nennenswerten Pop-Ereignisses in Deutschlands populärer Musik“ (Fehlfarben-Gitarrist Thomas Schwebel), das eigentlich aus der deutschen Punkbewegung heraus entstanden ist und erst viel später in den Fängen der Plattenindustrie zu einem „eher hirnlosen Gekaspere“ von Trittbrettfahrern wurde. Was Oliver Geißen oder Hugo Egon Balder in ihren NDW-Shows zeigten, habe mit der ursprünglichen Independent-Bewegung der 80er so gut wie gar nicht zu tun.
Hollow Skai hat das schließlich alles live und hautnah miterlebt: wie der Punk nach Deutschland kam, sich plötzlich überall Bands gründeten, die schon bald deutsch sangen, weil sie es satt hatten, auf englisch zu radebrechen, wie sich Medien und Musikindustrie anfangs mit Händen und Füßen gegen diese neue Bewegung und das Lebensgefühl wehrten und sich – als sich der Erfolg einstellte – auf alles stürzte, was deutsch sang und allem und jedem das NDW-Etikett verpasste.
Fast schon wehmütig könnte man werden, wenn man ihm zur „Brutstätte“ der NDW folgt, dem Ratinger Hof in Düsseldorf, wo die „Mutter der Bewegung“, Carmen Knoebel, 1977 die erste Bühne für Postpunk und eine Begegnungsstätte für Künstler und Musiker ins Leben rief. Bands, die heutzutage fast niemandem mehr ein Begriff sind, ohne die die deutsche Popszene heute ein anderes Gesicht hätte, tauchen hier wieder auf: Suicide, Din A Testbild, Male, Östro 430 oder die einflussreichen „Charley’s Girls“…
Über David Bowies und Iggy Pops Berliner Zeit wird hier Einiges verraten, kurz das Buch macht Lust auf mehr, Lust darauf, sich wieder legendäre Alben wie Fehlfarbens „Monarchie und Alltag“ oder Trios „Trio“ neu zuzulegen und zu genießen – mit einem etwas melancholischen Lächeln, denn danach kann man das eintönige pseudo-poetische Gejammer von Bands wie Silbermond, Xavier Naidoo, Ich & Ich oder Rosenstolz so gar nicht mehr hören.