Berlin (ddp). Die Folgen der weltweiten Finanzkrise sind in düsteren Farben skizziert: Wachstumsprognosen gehen in den Keller, viele Branchen befürchten Umsatzeinbußen, Menschen bangen um ihren Job. In den USA stehen die meist privat geführten Kulturinstitutionen vor existenziellen Schwierigkeiten, der Kunstmarkt leidet bereits unter Preisverfall.
In Deutschland müssen die zum größten Teil von der öffentlich Hand getragenen Opernhäuser, Theater und Museen derweil nach Einschätzung von Experten vorerst nicht um zusätzliche finanzielle Unterstützung aus der Wirtschaft bangen.
Derzeit gebe es noch keine Anzeichen dafür, dass Unternehmen sich aus dem Kultursponsoring zurückzögen, sagt der Geschäftsführer des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI, Stephan Frucht, im ddp-Interview. Allerdings sei auch eine Verunsicherung in der Wirtschaft zu spüren. Er könne sich vorstellen, dass es künftig zum Beispiel schwieriger werde, Partner für neue Projekte zu finden. In Krisenzeiten werde «oft alles auf den Prüfstand gestellt», was nicht zum Kerngeschäft der Unternehmen gehöre - also auch die Kulturförderung.
Noch hält die Wirtschaft nach eigenen Aussagen an der kulturellen Unterstützung fest. Der Sprecher der Deutschen Bank, Klaus Winker, betont auf ddp-Anfrage: «Wir bleiben bei dem Level, das wir jetzt haben.» Das kulturelle Engagement des Konzerns sei mittel- bis langfristig aufgebaut. Die Partnerschaften liefen über mehrere Jahre. Die Deutsche Bank gab 2007 nach eigenen Angaben weltweit 82,2 Millionen Euro für gesellschaftliches Engagement aus, davon entfielen 24 Prozent auf die Kunst.
Auch beim Spirituosenhersteller Jägermeister, der jährlich die «Jägermeister Rock: Liga» veranstaltet und jungen Bands dafür eine große Bühne sponsort, heißt es: «Es gibt keine Kürzungen von unserer Seite.» Die Planungen für das Musikturnier für 2009 liefen bereits auf Hochtouren, sagt Jörg Staege, der bei dem Getränkekonzern für das Eventmanagement zuständig ist.
Auch die deutschen Bühnen blicken gelassen in die Zukunft: «Im Großen und Ganzen lebt diese Szene von öffentlichen Mitteln», sagt der Geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin. Zukünftige Einschnitte seien ihm nicht bekannt. Laut Bolwin liegt das Gesamtbudget der Bühnen bei 2,5 Milliarden Euro, davon sind knapp zwei Milliarden Euro öffentliche Zuschüsse, rund 483 Millionen Euro Eigeneinnahmen und 21 Millionen Euro private Mittel.
Die Geschäftsführerin des Deutschen Museumsbundes, Mechtild Kronenberg, erwartet für ihren Bereich ebenfalls «keine strukturellen Veränderungen». Möglich sei allenfalls, dass zum Beispiel Sponsoren aus der Wirtschaft bei Ausstellungsprojekten genauer prüften, wo sie sich tatsächlich engagierten, sagt sie.
Der FDP-Kulturexperte Hans-Joachim Otto sagt indes: «Es wäre naiv zu glauben, es gibt durch die Krise überall Veränderungen, nur nicht im Kulturbereich.» Er appelliert jedoch an die Wirtschaft, Verträge einzuhalten und sich auch künftig nicht aus der privaten Kulturfinanzierung zurückzuziehen. Dazu sei «ein klares Bekenntnis» gefordert: Alle Sponsoren und Mäzene sollten klarstellen, dass sie zu ihren Zusagen stünden und das Niveau auch langfristig nicht senken wollten, sagt der Vorsitzende des Bundestags-Ausschusses für Kultur und Medien.
Kulturkreis-Geschäftsführer Frucht kann der aktuellen Situation aber auch etwas Gutes abgewinnen: «Künstlerisches Schaffen ist gerade in Krisenzeiten besonders wichtig und gelegentlich auch Anfang eines Auswegs», sagt er.
Einen Nutzen aus der Krise zieht auch das kleine Label Bear Family Records. Die Plattenfirma bringt jetzt die Compilation «Hilfe! Mein Geld ist weg - Songs zur aktuellen Lage der knappen Kassen» auf den Markt. Darauf zu hören sind auch musikalische Untermalungen von Politikerreden wie Franz Josef Strauß mit «Wenns ums Geld geht» und Helmut Schmidt mit «Vertrauen in die Währung».