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Bonjour, Kathrin!

Untertitel
Zwischen Schlager & Jazz: ein Nachruf auf die Valente
Vorspann / Teaser

Sie war die weibliche Ikone der Wirtschaftswunderzeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Caterina Germaine Maria Valente. Geboren 1931 in Paris, stieg sie in den fünfziger und sechziger Jahren zum polyglotten Weltstar auf. Die Valente war DAS „Schlagerfräulein“ aus Germany. Ein Multitalent, das singen, tanzen und schauspielern konnte. Dieses „Zirkuskind“, das einst zusammen mit ihrer Familie in einem Nebenlager des KZ Breslau gefangen gehalten wurde, wurde zur perfekten „Botschafterin“ deutscher Unterhaltungskultur. 

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Es war der legendäre Clown Grock, der sie in den frühen fünfziger Jahren als Sängerin „entdeckt“ hatte. Kurze Zeit später entstanden die ersten Plattenaufnahmen. 1954 kam der Durchbruch. Mit dem Cole-Porter-Song „Ganz Paris träumt von der Liebe“ eroberte sie die Herzen deutscher Schlagerfans. Im selben Jahr begleitete sie Chet Baker bei einem anderen Porter-Standard an der Trompete: „Every Time We Say Goodbye“. Cole Porter war gewissermaßen das „Link“ gewesen zwischen ihrer Liebe zum Jazz und der Schlagerwelt, die sie fast ein Jahrzehnt lang beherrschen sollte. In den Fünfzigern war sie der Schlagergoldesel der Polydor und in den Sixties begeisterte sie bei der Telefunken zusammen mit ihrem Bruder Silvio Francesco die „Bravo“-Jugend, die den „Star“ mit dem Pferdeschwanz als „Catrin“ verehrte. Als „Caterina & Silvio“ luden sie die Teenager zum „Popocatepetl-Twist“ ein.

Die Sache mit dem Vornamen: Selbst in der Fachpresse schwankte die Schreibung des Namens lange zwischen Katherina, Katharina und Caterina. Sie selbst wählte damals das teutonische Kathrin, das nach dem Revuefilm „Bonjour Kathrin“ einen französischen Touch erhielt. Perry Como inspirierte damals ihr „exotischer“ Vorname sogar zu einem eigenen Hit: „Caterina, oh oh oh ...“  Valentes letzter kleiner Hit bei der Telefunken gehört zu den merkwürdigsten Schlager-Chansons jener Ära Mitte der Sixties: „Kismet“. Ein „Karma“-Song: „Von Caterina Valente gesungen, als belausche sie ungläubig sich selbst“, beobachtete Dieter Bartetzko, „allerdings mit einer Jazz-Synkope geadelt, bot es esoterische Rezepte lange vor dem Aufstieg der Esoterik.“ Über ein Jahrzehnt später landete sie schließlich bei der EMI einen letzten großen Hit im schrecklichen Schlagersound der siebziger Jahre: „Manuel“. 

In dieser Zeit tauchte sie auch als Gast auf einer Platte von Manfred Krug auf, der gerade aus der DDR „rüber gemacht“ hatte. Gemeinsam sangen sie einen wunderbaren Song des brasilianischen „Tropicalismo“-Sängers Edu Lobo: „Ade“. Die Valente begleitete Krug dabei zärtlich an der Gitarre. Ein Auftrit, der an ihre große Zeit in den Sechzigern erinnerte, als sie in Brasilien auch für ihr virtuoses Gitarrenspiel verehrt wurde und in Hollywood Dean Martin den Bossa Nova beibrachte. In den USA galt sie ja seit ihrem ersten und einzigen US-Hit von 1955, „The Breeze And I“ als „Expertin“ für lateinamerikanisches Material. Wobei man auch dort ihre deutschen Schlager veröffentlichte. „Schagerparade“ hieß in den USA eine Kompilation mit ihren „Greatest Hits from Germany“.

Zu Valentes 60. Geburtstag schrieb Wolfgang Sandner eine Spur zu ironisch: „Wie ein Jongleur, der nicht damit zufrieden ist, nur drei Äpfel ständig im Kreislauf zwischen Händen und Lüften zu bewegen, und immer mehr Gegenstände herumwirbelt, so hat die Valente gewissermaßén mit allen Küns­ten hantiert: Schaut her, ich kann alles: tanzen, trällern, schauspielern, moderieren, parlieren, steppen und den Clown machen, Pirouetten drehen und die Beine spreizen, in zwölf Sprachen singen und in ebensovielen lächeln, Cocktails mixen und Treppen herabsteigen.“ Wie ihre Mutter, war die Valente eine perfekte „Artistin“. Und das moderne Showbusiness hatte sich ja einst auch aus dem Zirkus entwickelt. Caterina Valente starb im Alter von 93 Jahren in Lugano.

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