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Eat-Art-Meeting der Neuen Musik? Von links: Monika Lichtenfeld zu Tisch mit Gerhard Rühm, Gisela Gronemeyer, Reinhard Oehlschlägel und Renate Liesmann (Januar 1981). Foto: Othello Liesmann.

Eat-Art-Meeting der Neuen Musik? Von links: Monika Lichtenfeld zu Tisch mit Gerhard Rühm, Gisela Gronemeyer, Reinhard Oehlschlägel und Renate Liesmann (Januar 1981). Foto: Othello Liesmann.

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Für Hauer, Ligeti, Rühm und andere

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Zum Tod der Musikpublizistin Monika Lichtenfeld
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Die Dokumentation zu den ersten zwanzig Jahren Darmstädter Ferienkurse „Im Zenit der Moderne“ (1997) zeigt ein Foto von Teilnehmern des Jahres 1958. Man sieht Mauricio Kagel im Gespräch mit Christoph Caskel umstanden von György Ligeti, Franco Evangelisti, Jacques Colonne und Peter Schat. Dem Männerzirkel zugewandt steht im Vordergrund eine junge Frau mit langem Pferdeschwanz. Schon damals suchte die gerade zwanzigjährige Monika Lichtenfeld den Kontakt zu Exponenten des zeitgenössischen Musikschaffens. Dem Neuen zugewandt blieb sie auch ihr gesamtes Berufsleben als Musikwissenschaftlerin, Publizistin, Herausgeberin und Übersetzerin.

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1938 in Düsseldorf geboren, studierte Lichtenfeld Musikwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte in Köln, Florenz und Wien. Bald kam sie auch als Berichterstatterin nach Darmstadt, wo sie 1962 erneut Ligeti erlebte, als er Schuberts Streichquintett – wie sie später erinnerte – einer „geradezu mikroskopischen Untersuchung“ unterzog und „in wenigen Stunden mehr profunde Einsichten in die Zusammenhänge von Harmonik, Klangfarbentechnik und Formkonstruktion vermittelte als ein ganzsemestriges musikologisches Kolleg“. Später gab Lichtenfeld in zwei Bänden Ligetis „Gesammelte Schriften“ (2007) heraus und machte im Vorwort keinen Hehl aus ihrer Bewunderung für dessen lebendigen, aus Theorie und Praxis gleichermaßen gespeisten Vortragsstil und seine vielen faszinierenden Querverweise auf Kunst, Literatur, Mathematik, Geometrie, Biophysik, Geographie, mechanische Apparate und Präzisionsmaschinen. Ebenso beeindruckt zeigte sich Lichtenfeld von Ligetis tiefer Kenntnis und ideologiefreier Liebe zu einer großen Bandbreite an Musik, von der spätmittelalterlichen Ars subtilior über Bach und Boulez bis zu Jazz, Lautpoesie, subsaharischer Musik und balinesischem Gamelan.

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Eat-Art-Meeting der Neuen Musik? Von links: Monika Lichtenfeld zu Tisch mit Gerhard Rühm, Gisela Gronemeyer, Reinhard Oehlschlägel und Renate Liesmann (Januar 1981). Foto: Othello Liesmann.

Eat-Art-Meeting der Neuen Musik? Von links: Monika Lichtenfeld zu Tisch mit Gerhard Rühm, Gisela Gronemeyer, Reinhard Oehlschlägel und Renate Liesmann (Januar 1981). Foto: Othello Liesmann.

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1963 wurde Lichtenfeld an der Universität Köln von Karl Gustav Fellerer mit einer Arbeit über Josef Matthias Hauer promoviert. Die Dissertation über den 1959 verstorbenen ersten Erfinder der Zwölftontechnik war damals gleich doppelt ungewöhnlich, weil sie von einer Frau stammte und man in der Musikwissenschaft noch mehrheitlich die Auffassung vertrat, es sei weder möglich noch sinn- und wertvoll, sich mit Komponisten zu befassen, die nicht mindestens fünfzig Jahre tot sind. Im fast ausschließlich von Männern dominierten Musikleben war Lichtenfeld eine der wenigen Musikpublizistinnen, die Radiosendungen produzierte und für Tageszeitungen und Fachzeitschriften schrieb. Während der 1980er-Jahre berichtete sie vor allem für die FAZ über internationale Musikfestivals, Tagungen, Kurse und Veranstaltungen der Rundfunkanstalten mit Neuer Musik. Besonders interessierte sie sich für Komponisten, die von den Nazis vertrieben wurden, sowie für Neue Musik in der DDR und Osteuropa. Geschätzt wurde sie wegen der Genauigkeit und Ausgewogenheit ihres Urteils, auch als Jurorin für den Karl-Sczuka-Preis, den Gustav-Mahler-Kompositionspreis und beim WDR-Kompositionswettbewerb „Junge Generation in Europa“ 1985.

1976 heiratete Lichtenfeld den Schriftsteller, Komponisten und bildenden Künstler Gerhard Rühm. Der 1930 geborene Wiener war Privatschüler von Hauer gewesen und wie Ligeti an der Komposition von Sprache als Musik interessiert. Seit 1964 lebte Rühm in der BRD und lehrte von 1972 bis 1996 als Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Den gemeinsamen Lebensmittelpunkt hatte das Paar in Köln, wo es Jahrzehnte lang die Szene der Neuen Musik bereicherte. 1981 war Lichtenfeld an der Gründung der Kölner Gesellschaft für Neue Musik beteiligt. Mit ihr zum Vorstand gehörten der Komponist Johannes Fritsch, der Schlagzeuger Martin Schulz, die spätere Musikreferentin im Kulturamt der Stadt Köln Renate Liesmann sowie als treibender Motor der Redakteur für Neue Musik am DLF Reinhard Oehlschlägel. Man organisierte gemeinsam Musikfeste, Konzerte, Werkstätten, Vorträge und die Buchdokumentation „Klangraum: 40 Jahre Neue Musik in Köln“ (1991). Später schrieb Lichtenfeld für „Oxford Music Online“ Lexikonartikel über die Kölner Komponisten Dimov, Fritsch, Höller, Humpert, Lonquich und Niehaus.

Seit den 1990er-Jahren widmete sich Lichtenfeld fast ausschließlich dem Schaffen ihres Mannes. Gemeinsam interpretierte das Paar dessen lautpoetische Sprechduette an vielen Orten in Deutschland, der Schweiz und vor allem Österreich. YouTube-Videos von den Internationalen Tiroler Literaturtagen „Sprachsalz“ in Hall 2010 und 2016 zeigen beide unter anderem beim Vortrag des Sprechtexts „Gerede“, wo das Paar die wissenschaftlich zweifelhafte Behauptung, Frauen seien geschwätziger und Männer eher schweigsam, in verteilten Rollen sprechend widerlegt. Ihre ganze verbleibende Zeit und Kraft steckte Lichtenfeld in die Herausgabe von Rühms gesammelten Werken im Berliner Verlag Matthes & Seitz. Ihre größte Sorge, die seit 2005 in bisher zehn Bänden erschienene Edition nicht mehr vollenden zu können, hat sich nun leider als berechtigt erwiesen. Nach kurzer schwerer Krankheit ist Monika Lichtenfeld am 2. Juli 2023 in Köln verstorben. Ihre Urne wurde in einem von der Stadt Wien bereits zu Lebzeiten für Rühm bereiteten Ehrengrab beigesetzt.

 

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