Ein prominenter Preis kann hier das „Dranbleiben“ schon maßgeblich fördern. Der Saxophonist Daniel Erdmann bekam „seinen“ SWR-Jazzpreis im Jahr 2020. Auf soviel Wertschätzung antwortet er heute mit tiefer Dankbarkeit: „Der SWR-Jazzpreis wurde immer an MusikerInnen gegeben, die ich sehr bewundere. Daher war es wunderbar, mich dort einreihen zu dürfen.“ Ebenso habe sich der Preis positiv auf Konzert-Engagements ausgewirkt, was erst so richtig später nach der Corona-Zeit Wirkung zeigte. Daniel Erdmann bejaht sogar ausdrücklich, dass es für ihn ein Leben „vor“ und „nach“ dem SWR-Jazzpreis gebe.
Auch Tamara Lukasheva fühlt sich durch den WDR-Jazzpreis geehrt. In der damit einher gehenden Erfahrung klingen aber auch desillusionierende Zwischentöne. Vom Himmel fällt auch danach nichts: „Du musst auch nach einem Preis unfassbar viel weiter selber arbeiten und es immer wieder den Leuten sagen.“ Die opulente, mit der Preisverleihung einher gehende Konzertvideoproduktion mit der WDR-Bigband war ein brillantes Erlebnis. Ins rechte Licht gerückt fühlte sich die vielseitige Musikerin bei der Preisgala aber nicht wirklich, da ein etwas einseitiges Bild von ihr nur als Sängerin transportiert wurde – obwohl sie zu diesem Anlass die Stücke für Kölns Highend-Jazzorchester selbst arrangiert hatte. Tamara Lukasheva hat dies weiter bestärkt, tatkräftig ihr eigenes Ding zu machen.
Im Jahr 2022 erfuhr im ukrainischen Lviv ein selbstkomponiertes großes Werk mit dem International New Symphony Orchestra Lemberg seine Uraufführung. Im neuen Jahr wird das Projekt auf CD veröffentlicht.
Auch der Posaunist und freie Improvisationsmusiker Matthias Muche freute sich im Jahr 2021 über den WDR-Jazzpreis in der Kategorie „Improvisation“, jenem zarten Segment, in dem idealistische Menschen vor kleinem Publikum abenteuerlustig die musikalische Gegenwart erforschen. So wie der Preis im richtigen Moment kam, um das eigene künstlerische Selbstewusstsein zu nähren, so helfe er auch, dass noch mehr Menschen etwas von jener spannenden ästhetischen Grundlagenforschung mitbekommen, wie sie er und viele seiner Kolleginnen und Kollegen betreiben: „Der Preis hat die Aufmerksamkeit von Journalistinnen und Journalisten spürbar verstärkt. Meine danach veröffentlichten Releases bekamen spürbar mehr Rezensionen.Neue Leute kamen zu den Konzerten und eben nicht nur das Stammpublikum. Vielen Menschen ist klargeworden, worum es hier künstlerisch geht.“ Preise von WDR und SWR sind also nicht nur moralisch-psychologische Motivationspillen, sondern auch treibende Faktoren im anstrengenden Hamsterrad der Aufmerksamkeitsökonomie.