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Musikalische und wissenschaftliche Exzellenz

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Der neue Rektor der HMT Rostock, Reinhard Schäfertöns, im Gespräch
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Anfang September hat Prof. Dr. Reinhard Schäfertöns sein Amt als neuer Rektor der Hochschule für Musik und Theater Rostock angetreten. Der 54-jährige Berliner hatte sich im Bewerbungsverfahren durchgesetzt und war am 27. Januar 2020 vom Konzil der HMT Rostock mit klarer Mehrheit gewählt worden. Juan Martin Koch hat mit ihm über seine neue Aufgabe gesprochen.

Sie sind ausgebildeter Kirchenmusiker und Musikwissenschaftler und haben unter anderem als Kirchenmusiker und Professor für Musiktheorie gearbeitet. Wie sind Sie in die Hochschuladministration geraten?

Dadurch, dass mein Kollege an der UdK Berlin, Martin Ullrich, als Rektor nach Nürnberg ging. Er war Studiendekan gewesen und fragte mich, ob ich sein Amt übernehmen würde. Das kam damals überraschend für mich, und ich bin auch, ehrlich gesagt, nicht mit wehenden Fahnen in dieses Geschäft eingestiegen, weil ich mich schon sehr wohl in meinem Unterricht gefühlt habe. Aber ich habe es übernommen und bin da ganz gut hineingewachsen.

Was reizt Sie an diesem Arbeitsfeld?

Das ist bis heute der Mittelpunkt meiner Tätigkeit: der Blick auf die Studierenden. Man hat häufig schon den Eindruck, dass sie Scheu haben, ihre Wünsche oder auch ihre Kritik zu artikulieren. Ich bin der Meinung, dass das niederschwellig möglich sein sollte. Hauptmotivation für mein hochschulpolitisches Engagement ist das Wohl der Studierenden. Das klingt vielleicht etwas pathetisch, aber es ist wirklich so.

Wie haben Sie die HMT von außen erlebt und wie ist nun der Blick von innen?

Kennen gelernt habe ich die Rostocker Hochschule für Musik und Theater im Rahmen eines Kongresses der Gesellschaft für Musiktheorie und einer Tagung der Hochschulrektorenkonferenz. Ich habe mich auf Anhieb in dieses Haus verliebt, wenn man das so formulieren darf. Jetzt, da ich einige Wochen hier bin, ist der Blick, wie Sie ganz richtig sagen, ein anderer. Ich sehe, dass es natürlich auch hier die allfälligen Probleme gibt: mit einer eher sparsamen Ausstattung durch die Politik, die sich müht, aber die den Status der Hochschule als einer, die sich immer noch im Aufbau befindet, nur noch bedingt zur Kenntnis nimmt. Aber dadurch, dass es hier eine große, noch nicht so alte, aber wirklich tiefgreifende Tradition der Mitbestimmung und der Transparenz bei allen Entscheidungen gibt, hat man die Möglichkeit, das im gesamten Kollegium zu tragen und mögliche Veränderungen auch im Konsens herbeizuführen.

Künstlerische Promotion

Welche Veränderungen meinen Sie, was wollen Sie in Ihrer Amtszeit angehen?

Die Hochschule hat ja drei Institute: für Musik, für Schauspiel sowie für Musikwissenschaft, Musikpädagogik und Theaterpädagogik. Mir ist frühzeitig aufgefallen, dass die Grenzen zwischen diesen Instituten relativ scharf abgesteckt sind. Ein zentrales Ziel wäre es, die Kooperation zwischen den Instituten zu vertiefen, nicht nur im Zuge von Veranstaltungen und Projekten, sondern auch im Zuge der Durchmischung von Klassen und der gegenseitigen Anerkennung von Studienleistungen. Das nächste große Ziel habe nicht ich mir gesteckt, aber es steht unweigerlich vor der Tür und wird viel Kraft und Zeit in Anspruch nehmen: unser Neubau. Das Land wird in den kommenden Jahren einen erheblichen Betrag investieren, um der Hochschule räumlich noch einmal einen ganz neuen Start zu ermöglichen. Das wird richtig gut werden, aber eben auch starke Veränderungen mit sich bringen. Ein dritter Punkt ist der Ausbau und die Herbeiführung einer allgemeinen Akzeptanz für die verstärkte Präsenz musikalischer und wissenschaftlicher Exzellenz. Mir schwebt vor, die wissenschaftliche Promotion und das Konzert­examen als dritte Zyklen zusammenzuführen in einer – nennen wir es mal so – Graduiertenschule. Da könnten dann auch Kooperationen entstehen, zum Beispiel zwischen einem promovierenden Musikwissenschaftler und einem Klavierduo. Hinzu kommt die Idee einer künstlerischen Promotion, die aus meiner Sicht, wenn man das im internationalen Vergleich sieht, unausweichlich kommen wird. Mir wäre es sehr recht, wenn die HMT Rostock gemeinsam mit einigen anderen Musikhochschulen in Deutschland, die sich da auch schon positioniert haben, eine Vorreiterrolle übernehmen könnte.

Das Thema wird ja seit längerem diskutiert, und zum Beispiel in Österreich ist man da schon viel weiter. Warum geht da in Deutschland nichts voran?

Ich denke, es liegt daran, dass es seitens derer, die jetzt das Promotionsrecht haben, Vorbehalte gegenüber diesem Format gibt. Aber wenn man sieht, was das Orpheus Institut in Gent an europaweit laufenden Vorhaben sammelt und präsentiert, dann wird klar, wie interessant und neu diese Ansätze oftmals sind.

Wird eine Abwertung der wissenschaftlichen Promotion befürchtet?

So ist es wahrscheinlich, aber diese Furcht ist unbegründet. Wir reden über ganz unterschiedliche Felder. Außerdem brauchen wir die künstlerische Promotion schon allein deswegen, weil sie weltweit zunehmend ein Qualitätssiegel ist und auch bei bestimmten Stellenbesetzungen erwartet wird. Das Konzertexamen wird es weiter geben, die Nachfrage dafür ist riesig, aber es wird eben auch die Mischform wissenschaftlich-künstlerisch geben, und diese Vermischung wird leider noch als pejorativ wahrgenommen und nicht als bereichernd.

Lehrbeauftragte

Es gibt ja auch die Überlegung, im Rahmen des dritten Zyklus das Thema Lehraufträge zu entzerren…

Was wir schon haben, ist das Werkzeug des vorzugsweise vergebenen, klar begrenzten Lehrauftrags an Absolventen im Fach Musiktheorie. Darüber hinaus muss man das Instrument des Förderlehrauftrags ins Auge fassen, die Instrumentallehre eingeschlossen. Ein Konzertexamen könnte auch schon pädagogische Anteile haben, sprich: einen Lehrauftrag im Haus, das Feld der künstlerischen Promotion erst recht. Es wäre ohne weiteres denkbar, dass sich eine Graduiertenschule dadurch auszeichnet, dass einige ihrer Mitglieder in den Unterrichtsbetrieb einbezogen werden.

Rostock gilt als die Musikhochschule mit dem höchs­ten Anteil an Lehraufträgen. Wie ist da der Status derzeit und welche Perspektiven gibt es?

Der Anteil ist immer noch sehr hoch. Stand jetzt halten 193 Personen Lehraufträge mit unterschiedlichen Umfängen, der Anteil ist einsam hoch und liegt bei über 60 Prozent. Wir haben im Moment Zielvereinbarungsgespräche mit dem Ministerium, die stehen kurz vor dem Abschluss. Die Wahrnehmung der HMT Rostock als einer Hochschule im Aufbau ist hier im Hause sehr stark. Das Ministerium tut, was es kann, um mit festen Stellen, Professuren, Mittelbau et cetera Abhilfe zu schaffen. Aber der Zuchtmeister des Bildungsministeriums ist dann wieder das Finanzministerium und da ist im Moment die Vorsicht groß. Ein paar Zugeständnisse haben wir immerhin im Bereich der Lehrerbildung und der Digitalisierung erreicht, aber wir sind weit davon entfernt, einen Bereich als auskömmlich ausgestattet anzusehen.

Herausforderung Corona

Das alles beherrschende Thema ist nun zunächst die Ausbildung in Zeiten von Corona. Wie haben Sie das Sommersemester in Berlin erlebt, wie wollen Sie die Herausforderung nun in Rostock angehen?

In Berlin an der UdK haben wir die Bemühungen erlebt, den Hochschulbetrieb so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Das war aber sehr schwierig, was auch daran liegt, dass es für eine Leitung, die sich gleichzeitig um die Bereiche Gestaltung, Bildende Kunst, Musik und Darstellende Kunst kümmern muss, ungleich komplizierter ist, flexibel zu sein, als an einer reinen Musik- und Theaterhochschule. Hier in Rostock haben wir das Riesenglück, mit der Firma Centogene direkt gegenüber der Hochschule einen ausgesprochenen Gönner zu haben. So haben wir einen Exklusivvertrag für Testungen zum Vorzugspreis abschließen können. Dadurch sind wir in der Lage, klar definierte Projekte in der Gewissheit durchzuführen, dass alle Teilnehmenden negativ getestet sind. Was den normalen Unterricht angeht, so haben wir ein A-B-Wochenprinzip gefunden, nach dem die räumlichen Kapazitäten für den künstlerischen Unterricht aufgeteilt werden. Der theoretische und wissenschaftliche Unterricht findet fast ausschließlich online statt. Wir können auch hochschulinterne Konzerte im Katharinensaal veranstalten – extrem ausgedünnt und mit entsprechendem Hygienekonzept, aber immerhin.

Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht die Young Academy Rostock (YARO) für das Selbstverständnis der Hochschule?

Die YARO ist, was die Präsenz in Rostock und in der Umgebung angeht, ein absoluter Spitzenreiter, ein echtes Aushängeschild. Wir sind da als Hochschulleitung unterstützend am Werk und haben die YARO jetzt im administrativen Bereich besser aufgestellt, damit sie ihren wachsenden Aufgaben nachkommen kann. Was wir uns wünschen, wäre eine Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler in einem Internat unterzubringen, aber da sind wir noch im Gespräch mit Schulträgern. Ein Traum wäre es, wenn wir hier fußläufig zur Hochschule eine Schule mit Internatsplätzen hätten. Das ist aber definitiv Zukunftsmusik.

Wie erleben Sie die Position der Rostocker Musikhochschule in der Stadt?

Die Hochschule wird in Rostock als ein echter Kulturträger wahrgenommen, die Konzerte sind extrem gut besucht und wir haben ja zum Glück das Format „hmt on air“ und können so online mit unserem Publikum in Kontakt bleiben. Jeden Dienstag Abend wird gestreamt oder eine Aufzeichnung übertragen, und das wird extrem gut abgerufen, natürlich auch international.

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