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Jan Vogler. Foto: Jim Rakete
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Wenn es Elgars Cellokonzert nicht gäbe

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„Empire“ – Jan Vogler im Gespräch über die Dresdner Musikfestspiele
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Der Cellist Jan Vogler ist Künstlerischer Leiter des Moritzburg Festivals bei Dresden und seit Oktober 2008 auch Intendant der Dresdner Musikfestspiele. Andreas Kolb unterhielt sich mit ihm über die neueste Ausgabe der traditionsreichen Festspiele vom 11. Mai bis zum 2. Juni unter dem Motto „Empire“.

neue musikzeitung: Warum muss man als Festspielpilger oder Musiktourist dieses Jahr nach Dresden fahren?

Jan Vogler: Der einzige Weg einige einmalige Aufführungen nicht zu verpassen. Elgars „Dream of Gerontius“, der englische Parsifal in der Kreuzkirche, an gleicher Stelle Verdis „Requiem“ mit einer wunderbaren italienischen Besetzung, oder Rufus Wainwright im Albertinum. Zwischen Interpreten, Saal und Publikum muss es funken, da suchen wir nach Frische, Temperament und Spritualität.

nmz: Was verbirgt sich hinter dem Festival-Thema „Empire“?

Vogler: Was bleibt von einem wirklichen Empire? Die Macht zerfällt, auch wenn es manchmal Jahrhunderte dauert, aber was bleibt ist die Musik. Ein sehr ergiebiges Thema, das auch generelle Überlegungen zur Kulturgeschichte der Menschheit zulässt.

nmz: Die Dresdner Musikfestspiele finden an über 20 Spielstätten statt. Das ist also eine musikalische Topographie Dresdens. Kann man sich das nicht einfacher machen, warum dieser Aufwand?

Vogler: Genau da liegt der Charme Dresdens. Es ist eine vielseitige Stadt und wir können die jeweilige Musik in ihrem idealen Umfeld präsentieren. Die Semperoper, das Palais im Großen Garten und die Frauenkirche bieten Atmosphäre und Geschichte, so kommt es dann zu besonderen Momenten, etwa wenn Brittens „War Requiem“ in der im Krieg zerstörten und im Frieden wiederaufgebauten Frauenkirche erklingt.

nmz: Darauf folgt die Anschlussfrage: Über zehn Orchester sind im Mai vor Ort oder auf Gastspiel in der Stadt. Braucht Dresden nicht doch ein Festspielhaus beziehungsweise einen Konzertsaal? Muss man nicht raus aus dem Schatten der Semperoper?

Vogler: Der Stadtrat hat gerade die komplette Entkernung des Kulturpalastes und den Einbau eines modernen Konzertsaales in die verbleibende Hülle des DDR-Baus beschlossen. Ein interessantes Projekt. Wenn der Saal gelingt, wäre das eine gut erzählte Geschichte, und der Konzertsaal ein Gewinn auch für die Festspiele.

nmz: Was steht im Vordergrund: Regionale oder internationale Ausstrahlung des Festivals? Anders gefragt: Wer ist die Zielgruppe?

Vogler: Regional erreichen wir unser Publikum sehr gut, das ist ein wirklicher Schatz, denn das sächsische Musikpublikum ist gebildet und enthusiastisch. Im Moment wächst unser überregionales und internationales Publikum stark, auch kommen viele Journalisten und tragen die Botschaft von der Festspielstadt Dresden in die Welt. Das freut uns, wir wollen durchaus etwas für Dresden in der Welt bewirken.

nmz: Zum Schluss eine Bitte. Vervollständigen Sie den Satz: Wenn es Elgars Cellokonzert nicht gäbe …

Vogler: … wäre der „Dream of Gerontius“ des gleichen Komponisten bekannter. Leider überschattet das Cellokonzert viele andere gleichwertige Stücke Elgars. Ein Verdienst der englischen Cellistin Jaqueline du Pré, sehr starke Interpreten beeinflussen manchmal sogar die Musikgeschichte..

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