Hauptbild
Hauptrubrik
Banner Full-Size

15.000 Euro für Musikalität und Authentizität: der Deutsche Dirigentenpreis geht an Francesco Angelico

Publikationsdatum
Body

Der zum dritten Mal verliehene Deutsche Dirigentenpreis fiel in diesem Jahr an den Sizilianer Francesco Angelico. Der 1977 geborene Dirigent, der im Jahre 2009 bereits mit dem Rhein-Mosel-Musikpreis und dem „1. Deutschen Operettenpreis für junge Dirigenten der Oper Leipzig“ ausgezeichnet wurde, siegte gegen die deutschen Finalisten Andreas Hotz und Johannes Klumpp. Bereits in den Proben mit dem Orchester des Berliner Konzerthauses hatte er die Jury – unter dem Vorsitz von Chefdirigent Lothar Zagrosek – beeindruckt durch seine profunde Musikalität, seine intensive Kommunikation mit dem Orchester und die Authentizität seiner Deutung.

Was das Publikum im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt erlebte, war also nur die Spitze des Eisberges. Das Dirigentenforum des Deutschen Musikrats, auf dessen Förderprogramm der Deutsche Dirigentenpreis basiert, verleiht diesen europaweit höchst dotierten Preis dank der Tatsache, dass die BHF Bank Stiftung den Wettbewerb voll finanziert.

Wie Dirigent Peter Gülke in einer frei gehaltenen, für manche Besucher zu langen, aber durchaus witzigen und stets fundierten Ansprache hervorhob, sind die Ansprüche an den Dirigenten im Zuge der Demokratisierung zwischen Orchester und musikalischem Leiter noch gewachsen. Gleichwohl gäbe es keinen Dirigenten, der unter mangelndem Selbstbewusstsein leide. Kein Meister falle vom Himmel: entgegen Soltis Meinung, ein Dirigent sei ein Naturtalent, träfe wohl eher Karajans Ansicht zu, der Dirigent sei ein „Facharbeiter mit zwanzigjähriger Ausbildung“. Jener Spruch, den Gülkes Cellolehrer ihm beim ersten Konzert gesagt habe, „dein schlimmster Feind ist der Dirigent“, gelte heute nicht mehr. Aber immer noch sei der Dirigent die Projektionsfläche für „das Unfassbare des kreativen Prozesses“. Und immer noch sei es schwer für den Dirigenten, die Partitur „ganz und gar, bis zum letzten Ton zu kennen“, aber aus Erfahrung wisse er, dass dies auch für seine musikologischen Kollegen gelte. Immerhin habe das Orchester des Konzerthauses im Zuge dieser „Hilfsorganisation Dirigentenforum“ auch einiges aushalten müssen.

Davon war beim Konzert im fast ausverkauften Bertliner Konzerthaus nichts zu merken, das Orchester musizierte in Bestform, allerdings reagierten die Musiker nur mit wenig Augenkontakt auf die Show der jungen Dirigenten. Auswendig leitete der 1980 geborene und im Jahre 2006 mit dem Franz-Liszt-Preis ausgezeichnete Johannes Klumpp Maurice Ravel „Daphnis und Chloé“-Suite Nr. 2, wobei er die von Strawinsly attestierte Schönheit dieser Partitur wirkungsvoll herausarbeitete. Mit nach innen gerichtetem Blick, aber klarer Impulsgebung, modellierte er die individuellen Rufe der Naturstimmen, gipfelnd im bacchantischen Festgetümmel.

Francesco Angelico nahm hingegen die Studienpartitur zu Hilfe. Mit sehr präziser Schlagtechnik, strahlend und mit unterstützender Mimik, exerzierte er die Tanz-Suite Sz 77 von Béla Bartók und ließ über der stark rhythmischen Struktur die melodischen Gefilde aufblühen.

Der 1981 geborene Andreas Hotz, 1. Kapellmeister am Staatstheater Mainz, wählte als sein Probestück Richard Strauss’ Tondichtung „Don Juan“. Mit überlegener Attitüde setzte er auf die Wirkung des prägnanten Themas, arbeitete aber auch die Episoden der einzelnen Orchestergruppen prägnant heraus. Im Übereifer seiner Agogik stürzte er sogar vom Dirigentenpodest, überspielte aber den vom Orchester kaum registrierten Vor-Fall geschickt und zeigte sich mit seinem mimischen Impulsen als ein Mann der Szene.

Der Beifall des Publikums war – aufgrund der Stückwahl – deutlich auf Hotz’ Seite. Aber als Francesco Angelico als Preisträger des Finales feststand, wurde er für seine auswendig und ohne Dirigentenstab geleitete Zugabe, Antonín Dvoƙáks Slawischen Tanz Nr. 8, mit Ovationen überschüttet. Er bekam15.000 Euro verliehen, Johannes Klumpp und Andreas Hotz erhielten Förderpreise in Höhe von jeweils 10.000 Euro.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!