Übergroß die Fanfare, hernieder rasselndes Schlagwerk, unvermittelt dahinter Leere. Die Exposition birgt Kontraste auf engstem Raum. Komponist Friedrich Goldmann weiß um den Anspruch der Gattung und deren Unangemessenheit seinerzeit, als er mit 30, Anfang der 1970er Jahre, seine Sinfonie Nr. 1 komponiert, selbige dreisätzig anlegt und die Reihe, sein Material, auf die seit Webern standardisierte Tonfigur B-A-C-H aufbaut. Wo beginnt Innovation, wo bleibt es konventionell?
Goldmann, geboren 1941 bei Chemnitz, galt schon in den 1970er/80er Jahren in der DDR als einer, der sich an Traditionen nicht schlechthin nur rieb, sondern sich an ihnen mit großer Intensität abzuarbeiten anfing und die klassischen Gattungen um substanzielle, zum Teil international beachtete Werke zu bereichern verstand. Sein an Stockhausen, Webern und Nono geschultes Interesse am Klang, die Vorliebe für strenge, materialgerechte kompositorische Technik, nicht zuletzt der stete Rekurs auf klassische Form prägen ein Œuvre, dass sich trotz Ausflügen in fast alle Genres auf sinfonische wie konzertante Orchestermusik und instrumentale Kammermusik konzentriert.
Auch der Dirigent Goldmann entsprach diesem Maß. Haydn und Mozart, Mahlers Sechste wusste er bestechend zu leiten – später die Arbeiten seiner Schüler wie Nico Richter de Vroe, Jakob Ullmann, Steffen Schleiermacher, später Enno Poppe und Sergej Newski, die er dirigierend protegierte.
Ob der ‚Boulez der DDR’ einst ein Rebell, ein Aufrührer war, ist gewiss falsch gefragt. Unumstritten, dass er zur sehr kleinen Gruppe der Unangepassten gehörte, aber er hatte in Ostberlin auch Erfolg. Politische Unterwerfung war nicht seine Art; sozialistischen Realismus benannte er offen als „schlechten Geschmack“. 1990 zog der Bürger Goldmann aus Berlin-Lichtenberg nach Charlottenburg um, ein Jahr darauf übernahm er eine Kompositionsprofessur an der Hochschule der Künste. Eigenes Komponieren trat seither zurück, erlosch aber nicht. Sein Lungenleiden ließ ihn vor einiger Zeit das Dirigieren beenden, nicht zuletzt die Erkrankung beförderte die unter älteren ostdeutschen Tonsetzern heute fast obligatorische Isolation.
Im Konzerthaus Berlin hätte er am 1. Oktober gewiss der Uraufführung seiner Quasi una sinfonia beigewohnt. In der Nacht zum 24. Juli ist Friedrich Goldmann 68-jährig in einem Berliner Krankenhaus verstorben.