Nach 32 Jahren hat Bernd Schweinar seinen Geschäftsführer-Posten beim Verband für Popkultur in Bayern abgegeben. In den drei Dekaden hat er viel erreicht. Wer ihn beerbt, steht noch nicht fest.
Alteglofsheim - Umbruch beim Verband für Popkultur in Bayern (VPBy): Nach 32 Jahren hat Bernd Schweinar als VPBy-Geschäftsführer aufgehört. Der umtriebige Netzwerker hat den gemeinnützigen, in der Bayerischen Musikakademie Schloss Alteglofsheim ansässigen Verein zum anerkannten Dachverband der bayerischen Rock- und Popszene gemacht und zuletzt auch durch die schwierige Zeit der Corona-Pandemie gesteuert. Die Entscheidung über die Nachfolge dürfte bald fallen, sagt der Vorsitzende Ernst Wolfswinkler. Es gebe einige Bewerber.
Kommissarisch wird der Verband von Bernd Strieder geleitet, dem bisherigen Stellvertreter Schweinars.
Den hatte Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) zum Abschied bereits im Frühjahr bei der Popkonferenz «Dialog.Pop» gewürdigt: «Sie waren nicht nur unser Bayerischer Rock- und Popintendant», sagte er. «Sie waren auch Gesprächstherapeut der Freien Szene und Mediator in Richtung Politik - und Sie haben auf beiden Seiten höchsten Respekt genossen.» Der Verband wirke impulsgebend in die Szene hinein und leiste wertvolle kulturpolitische Arbeit, so Blume. «Wir konnten die Förderung in den letzten fünf Jahren von rund 350 000 Euro 2018 auf insgesamt fast 700 000 Euro 2022 verdoppeln.»
Die Finanzen waren für Schweinar, der stets das große Ganze im Blick haben wollte, ein zentraler Punkt: «Als ich 1991 hauptberuflich angefangen habe, betrug die Popkultur-Förderung in Bayern 50 000 Euro.» Und so überrascht nicht, dass er auf die Frage, welche Herausforderungen auf seinen Nachfolger zukommen, die ökonomischen Aspekte der Verbandsarbeit nennt. Betriebswirtschaftliches Know-How sei wichtig, neben einer starken Kommunikationsfähigkeit.
Auch Wolfswinkler sieht im Beschaffen von Fördermitteln und Zuschüssen eine wichtige Aufgabe des künftigen Geschäftsführers. Zudem: die Organisation von Popkonferenz und Popkultur-Preis, die Stärkung des Kulturraumes auf dem Land und in Kleinstädten, Inklusion und Integration sowie die Förderung junger Musiker.
Über welche Erfolge sich Schweinar rückblickend besonders freut? «Ich konnte viele Projekte konzipieren, die bundesweit modellhaft wurden und noch heute existieren.» Als Beispiele nennt er unter anderem Workshopreihen und Pop-Konferenzen.
«Aktuell habe ich aber den Eindruck, dass sich die Popmusik-Förderung mehr mit sich selbst beschäftigt, als an den wirklich existenziellen Zukunftsproblemen zu arbeiten», sagt er und schiebt hinterher: «Kosmetische Korrekturen lösen keine Kernprobleme.»
Schweinar, der auch künstlerischer Leiter der Landesmusikakademie Alteglofsheim ist, hatte nach eigenen Worten nun keine Lust mehr auf die Verbandsarbeit. «Awareness ist auch in diesem Job elementar», sagt er, «wenn diese aber fundamentalistisch eingleisig wird, sind Probleme vorprogrammiert.» Während der langen Pflege seiner Anfang dieses Jahres verstorbenen Frau sei ihm klar geworden, «dass es Wichtigeres im Leben gibt, als sich um Kleinigkeiten zu streiten.»
Grundsätzlich ist Schweinar von der Notwendigkeit des Verbandes überzeugt. Ein Netzwerk aus Clubs, Festivals und Szeneförderern sei als laut tönendes Sprachrohr unerlässlich. «Ansonsten würde es der Politik gar nicht auffallen, dass auch die Popmusik zu Bayern gehört und finanziert werden muss.»
Einen Widerspruch sieht Schweinar beim Aufeinanderprallen von rebellisch anmutender Rockmusik und bürokratischer Verbandsarbeit nicht. Oder besser gesagt: nicht mehr. «In den 1980er Jahren, als der Verband gegründet wurde, war das tatsächlich etwas widersprüchlich. Corona aber hat dieses Vorurteil dann komplett verschwinden lassen», sagt er. Ohne den VPBy «wäre da einiges den Bach runtergegangen und wären Hilfsprogramme an der Szene vorbeigerauscht.» Insofern sei das Netzwerk mit und nach Corona «exorbitant» gewachsen, da man gesehen habe, was ein Verband erreichen könne.