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György Konrad geht. Der 70-jährige ungarische Autor, Friedens- und Karlspreisträger, der seit 1997 die Geschicke der Akademie der Künste (AdK) in Berlin als Präsident gelenkt hatte, steht für eine weitere Amtszeit nicht zur Verfügung. Am Samstag wählt die Akademie auf ihrer Frühjahrsmitgliederversammlung in Berlin seinen Nachfolger.
Berlin (ddp-bln). Im Gespräch für das Amt ist wiederum ein Mann des Wortes: der Schweizer Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Adolf Muschg. Muschg war seit 1976 Mitglied der Künstlersozietät in West-Berlin und gehört der vereinten Akademie seit ihrer Zusammenführung 1993 an. Wie Konrad gilt Muschg als Autor von internationalem Rang, als streitbarer Zeitgenosse und engagierter Europäer.Allerdings hat Konrad, zugleich der erste nichtdeutsche AdK-Präsident, die Messlatte hoch gelegt. Als Autor und Theoretiker eines neuen Mitteleuropa genießt er internationale Wertschätzung. Bei seinem Start in Berlin kündigte er an, die Akademie solle zu einer «europäisch ausstrahlenden Institution» werden. Dafür scheute der «Gesamteuropäer» Konrad, wie ihn Bundespräsident Johannes Rau zum 70. Geburtstag nannte, keine Anstrengung.
Er holte Künstler aus vielen Ländern in die deutsche Hauptstadt, initiierte einen «Runden Tisch» zu aktuellen Entwicklungen auf dem Balkan und mischte sich in öffentliche Debatten ein. Zuletzt verteidigte er den Irak-Krieg - nicht als Akademie-Präsident, wie er betonte, aber als ehemaliger Dissident, der in seiner ungarischen Heimat selbst die Erfahrung einer Diktatur gemacht hatte.
Seinem Nachfolger empfahl Konrad in einem ddp-Gespräch, er solle Traditionen der «altwehrwürdigen Institution und deren innere Verhältnisse» berücksichtigen und ein gutes Verhältnis zu den Regierenden in Stadt und Staat anstreben. Das ist auch notwendig, denn als schwierige Aufgabe bleibt die Vollendung des Neubaus der Akademie am Pariser Platz. Ursprünglich sollte das von Günter Behnisch entworfene Haus im Herbst 2003 bezugsfertig sein. Aber Finanzierungsschwierigkeiten sorgten immer wieder für Verzögerungen, jetzt ist die Fertigstellung für 2004 geplant. Mit dem Einzug würde die AdK an ihren einstigen Ausgangsort zurückkehren.
Präsidenten der Akademie der Künste
Berlin (ddp-bln). Präsidenten der Akademie der Künste (AdK) in Berlin waren seit der Vereinigung der Akademien Ost und West Walter Jens (1993-1997) und György Konrad (1997-2003). Auf der diesjährigen AdK-Frühjahrsmitgliederversammlung (9. bis 11. Mai) wird ein neuer Präsident gewählt.
Präsidenten der Ost-Berliner Akademie der Künste seit 1950 waren Heinrich Mann, Arnold Zweig, Johannes R. Becher, Otto Nagel, Willi Bredel, Konrad Wolf, Manfred Wekwerth und - von 1990 bis 1993 - Heiner Müller.
Als Präsidenten der West-Berliner Akademie amtierten seit 1954 Hans Scharoun, Boris Blacher, Werner Düttmann, Günter Grass, Giselher Klebe und - von 1989 bis 1993 - Walter Jens.