Weimar - Populäre Musik ist heute allgegenwärtig. Sie bestimmt die Radiolandschaft, sie steht im Mittelpunkt zahlreicher TV-Formate, begleitet Spielfilme und Computerspiele, Wahlkämpfe und Demonstrationen, Sportgroßereignisse und Begräbnisse – mittlerweile sogar repräsentative Staatsakte. Mit mehr als drei Viertel des gesamten Tonträgerumsatzes beherrschen die verschiedenen Spielarten populärer Musik den deutschen Musikmarkt und werden zunehmend auch zum Forschungsgebiet der Musikwissenschaft. Zum Thema „Jazz und Popular Music Studies – Konzepte, Fragestellungen, Perspektiven“ spricht nun der Weimarer Musikwissenschaftler Prof. Dr. Martin Pfleiderer am 24. Oktober 2012 um 18:00 Uhr in seiner Antrittsvorlesung im Hörsaal des hochschulzentrums am horn.
Martin Pfleiderer bekleidet die Professur für die Geschichte des Jazz und der Populären Musik bereits seit 2009 am gemeinsamen Institut für Musikwissenschaft Weimar | Jena der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und der Friedrich-Schiller-Universität Jena, zunächst finanziert über das Landesprogramm „ProExzellenz“ des Freistaats Thüringen. Ziel war die wissenschaftliche Erschließung des Lippmann+Rau-Musikarchivs in Eisenach, gekoppelt mit einer Etablierung der Jazz- und Popmusikforschung in Weimar. Anlässlich der Entfristung dieser Professur mit Pionier-Funktion für den deutschsprachigen Raum gewährt Pfleiderer nun Einblicke in sein facettenreiches Forschungsgebiet. Die Vorlesung ist öffentlich, der Eintritt ist frei!
„Populäre Musik ist nicht nur allgegenwärtig, sie ist die repräsentative Musik der Gegenwart“, meint Pfleiderer. „Zu Rock-Konzerten gehen heute Menschen fast jeden Alters, während der Altersdurchschnitt im Bereich klassischer Musik einschließlich Oper bei ca. 60 Jahren liegt.“ Dennoch habe sich die Musikforschung lange Zeit schwer mit der populären Musik getan. Der Anteil Jazz- und Pop-bezogener Artikel im Personenteil des musikwissenschaftlichen Vorzeigeprojektes unserer Zeit, der Enzyklopädie „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ – konzipiert und erschienen in den 1990er Jahren – sei verschwindend gering.
In den letzten Jahren zeichnet sich allerdings ein Wandel ab. Im Wintersemester 2010/11 wurden an deutschsprachigen Hochschulen bereits knapp 200 Lehrveranstaltungen zu Jazz und populärer Musik angeboten. Die Popmusikforschung stützt sich dabei keineswegs nur auf herkömmliche musikwissenschaftliche Fragestellungen und Methoden, sondern zeigt sich stark interdisziplinär. Noch immer lassen sich aber die wissenschaftlichen Professuren und Studiengänge zu Jazz und populärer Musik an einer Hand abzählen – neben Weimar gibt es zweieinhalb weitere Professuren in Deutschland (Berlin bereits ab 1993, Paderborn erstmals 2008 besetzt und die Musikhochschule Köln mit einer halben Professur seit 2004).
In seiner Antrittsvorlesung wird Prof. Dr. Martin Pfleiderer den Perspektiven der Jazz und Popular Music Studies im Kontext einer Musikhochschule besondere Aufmerksamkeit schenken: Was können junge Musiker und Musiklehrer, was können junge Musikwissenschaftler durch die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Jazz und der populären Musik sowie mit den entsprechenden theoretischen Ansätzen und Forschungsmethoden erfahren und lernen? Und wie kann die Weimarer Musikhochschule durch diesen neuen Schwerpunkt in Forschung und Lehre ihr Profil stärken?