Bayreuth - Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier sollen nach dem Willen des Verwaltungsrats der Bayreuther Festspiele über 2015 hinaus Festspielleiterinnen bleiben. Verwaltungsratschef Toni Schmid hat Verhandlungen mit den Wagner-Schwestern über deren Vertragsverlängerung als Geschäftsführerinnen begonnen.
«Ja, wir führen Gespräche. Die Verhandlungen verlaufen konstruktiv», sagte Schmid dem Nordbayerischen Kurier (Dienstag). Ob und wann eine Einigung zu erwarten ist, sei offen, sagte Schmid. «Da lasse ich mich nicht unter Druck setzen.»
Die Verträge von Wagner und Wagner-Pasquier laufen im Jahr 2015 aus. Während ihr Vater Wolfgang Wagner noch mit einem Engagement auf Lebenszeit ausgestattet war, bekamen die Töchter 2008 lediglich einen Intendantenvertrag mit der üblichen Laufzeit von sieben Jahren.
Neben Schmid hatte sich der bayerische Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) dafür ausgesprochen, dass die Festspielleitung in der Hand eines Mitglieds der Familie Wagner bleibt.
update (ausführlicher dpa-Beitrag):
Bayreuth - Ein wichtiger Punkt für die Zukunft der Bayreuther Festspiele ist noch rechtzeitig vor den Wahlen abgehakt worden: Die Finanzierung der millionenschweren und wohl bis 2021 dauernden Sanierung des Festspielhauses ist in trockenen Tüchern. Bayerns Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) war noch wenige Tage vor der Landtagswahl nach Bayreuth gereist, um die Vereinbarung zu unterzeichnen. Wenn es nun bald um eine anderes wichtiges Thema für die Richard-Wagner-Festspiele gehen wird, sitzt Heubisch schon nicht mehr mit am Tisch. Seine FDP ist aus dem Landtag geflogen.
Nun müssen sich andere mit dieser Frage beschäftigen: Wer leitet von 2015 an das weltberühmte Festival? Es gebe Sondierungsgespräche mit den Chefinnen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier, sagt Ministerialdirigent Toni Schmid, Chef des Verwaltungsrats der Festspiele. Aber keinesfalls schon konkrete Vertragsverhandlungen. «Man muss abwarten. Schließlich sind die Dinge in Bayern und im Bund derzeit im Fluss», sagt Schmid. Eine Entscheidung werde es erst geben, wenn in Berlin und München neue Regierungen stehen. Zur Festspiel-GmbH gehören Bund und Land sowie Stadt Bayreuth und die Mäzene der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth. Und die GmbH entscheidet, wer die Festspiele leitet. «Man kann jetzt gar nichts sagen», betont Schmid und verweist auf die derzeit noch unklaren Verhältnisse auch in der Kulturpolitik.
Heubisch hatte mehrfach durchblicken lassen, dass er keine große Notwendigkeiten sieht, in Bayreuth etwas zu verändern, und sogar offen bekundet, ein Vertreter der Wagner-Familie müsse an der Spitze der Festspiele stehen. Aber wird das sein Nachfolger, den die CSU dank absoluter Mehrheit stellen darf, genauso sehen? Der Berliner Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) war neulich auch eigens für das Thema Haussanierung nach Bayreuth gekommen und hatte sich bei Katharina Wagner bedankt, weil sie das Erbe ihres Vaters weiterführe. Auch das klang nach Unterstützung. Doch so kurz nach der Bundestagswahl ist unsicher, ob Neumann bleiben darf.
Wie der «Nordbayerische Kurier» (Dienstag) berichtete, ist es offen, ob die derzeitige Konstellation mit den Wagner-Schwestern als Expertinnen fürs Künstlerische und mit einem kaufmännischen Direktor an ihrer Seite beibehalten wird. Eine dreiköpfige Festspielspitze soll manchem Verwaltungsrat als zu aufgebläht erscheinen, heißt es. Schmid will dies nicht kommentieren. Das Stadium der Gespräche sei zu früh, um konkrete Aussagen zu treffen.
Erst im Frühjahr war Heinz-Dieter Sense, der ehemalige Intendant der Deutschen Oper Berlin, für diesen Posten angeheuert worden. Beim Thema Festspielhaussanierung präsentierte sich Sense als gut eingearbeitet und informiert. Es ist kein leichter Job, die Restaurierung des Hauses zu managen, wenn die Arbeiten während der Proben- und Aufführungszeit ruhen müssen und so für die Handwerker nur ein kurzes Zeitfenster im Frühjahr und dann der Herbst bleibt.
Katharina (35) und ihre Halbschwester Eva (68) folgten 2008 ihrem Vater Wolfgang nach. Ihr Vertrag läuft bis 2015. Ihre Bilanz gilt als durchwachsen. Zum 200. Geburtstag Richard Wagners präsentierten sie einen neuen «Ring des Nibelungen», der für viel Gesprächsstoff sorgte. Zwischen Lobeshymnen und Verrissen war alles dabei. Immerhin. Denn der «Tannhäuser» aus dem Jahr 2011 ist komplett durchgefallen. «Der fliegende Holländer» plätschert vor sich hin. Einzig Hans Neuenfels' «Lohengrin» erfreut das Publikum inzwischen fast ausnahmslos. Mit Operninszenierungen für Kinder und Live-Übertragungen in Kinosäle sorgte das Führungsduo für eine behutsame Öffnung des traditionsbewussten Festspielbetriebs.
Andererseits: Die Festspiele hatten wegen der Kartenvergabe Ärger mit dem Rechnungshof. Pläne für eine neue Probebühne landeten ganz schnell wieder in der Schublade. Das zu Wagners 200. ausgerichtete Geburtstagsfest am 22. Mai geriet seltsam emotionslos. Und dass 2016 ausgerechnet der gerne mit Nazi-Symbolen und -Gesten spielende Performance-Künstler Jonathan Meese den «Parsifal» inszenieren soll, gilt vielen Beobachtern angesichts der Verstrickungen des Wagner-Clans mit dem Nazi-Regime als unglückliche Konstellation.
Kathrin Zeilmann