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Gisala May im Jahr 2002, hier zusammen mit Stephan Sulke in der Sendung «contrapunkt». Foto: Hufner
Gisala May im Jahr 2002, hier zusammen mit Stephan Sulke in der Sendung «contrapunkt». Foto: Hufner
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Brecht-Star und Grande Dame des Chansons - Gisela May ist tot

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Berlin - Sie war «Mutter Courage» und die «Muddi» im TV-Erfolg «Adelheid und ihre Mörder». Gisela May zeigte sich als Sängerin und Schauspielerin sehr wandlungsfähig. Als ausdrucksstarke Interpretin von Brecht-Weill-Chansons wurde May berühmt. Ihre Soloabende bescherten Gisela May über Jahrzehnte Triumphe - von der New Yorker Carnegie Hall bis zur Mailänder Scala. Heute ist sie im Alter von 92 Jahren gestorben.

Wo May auftrat, wurde sie mit begeistertem Applaus gefeiert. Nicht nur als Sängerin, sondern auch auf der Theaterbühne errang May große Erfolge. Ihre wichtigste Bühnenrolle war Brechts «Mutter Courage». Sie spielte die Figur von 1978 bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Berliner Ensemble 1992. May galt neben Helene Weigel und Therese Giehse als berühmteste Interpretin der Marketenderin, die im 30-jährigen Krieg für das nackte Überleben alle Menschlichkeit fahren lässt.

Anders als die Mehrzahl deutscher Schauspielerinnen zog May nie eine enge Grenze zwischen ernstem und unterhaltsamem Theater. Neben klassischen Schauspielrollen übernahm sie oft auch Aufgaben im Dienst der leichten Muse. Beispielsweise brillierte sie in den 1970er Jahren im (Ost-)Berliner Metropoltheater, dem heutigen Admiralspalast, als Hauptdarstellerin im Musical «Hello, Dolly!».

Die Lust an Sprache und Musik wurde der 1924 in Wetzlar geborenen Künstlerin schon in die Wiege gelegt. Ihre Mutter Käte war Schauspielerin, Vater Ferdinand May Schriftsteller. Von 1942 bis 1944 besuchte sie die Schauspielschule in Leipzig. Danach hatte sie Engagements an verschiedenen Theatern. 1951 kam May ans Deutsche Theater Berlin.

Eine Arbeit mit und unter Bertolt Brecht, dem sie in ihrer Zeit am Deutschen Theater Berlin mehrfach persönlich begegnete, ergab sich nicht. Gern erzählte May, dass sie ihm Anfang der 1950er Jahre einmal zufällig begegnet sei und an seinem Blick gesehen habe, dass sie «bei ihm nichts gewinnen konnte». Schmunzelnd fügte sie stets hinzu: «Der Brecht stand ja mehr, nun ja, ich will nicht sagen, auf bäuerliche Frauen, aber doch auf kräftigere, auf Frauen, die sich nicht geschminkt haben. Und ich habe mich immer schön gemacht.»

Erst 1962, Jahre nach Brechts Tod, wechselte May an das damals von seiner Witwe Helene Weigel geleitete Berliner Ensemble. Dort blieb sie 30 Jahre lang. Ihre oft spröde Interpretation komplizierter Charaktere, stets fern jeglicher Sentimentalität, ließ sie zu einer der wichtigen Schauspielerinnen des Hauses werden. Zu der Zeit als Chanson-Interpretin bereits international gefeiert, sorgte sie bei Auslandsgastspielen des Ensembles zudem für ein gesteigertes Interesse an dem dank Brecht und Weigel berühmten Vorzeigetheater der DDR.

Begonnen hatte Mays musikalische Laufbahn bereits 1957. Der Komponist Hanns Eisler erkannte ihr besonderes Talent für das Chanson. In intensiver Zusammenarbeit schulte er die Möglichkeiten ihrer Stimme, lehrte sie, Empfinden und Eleganz wirkungsvoll miteinander zu verbinden. Darauf aufbauend erarbeitete sich «die May» eigene Abende und tourte durch die ganze Welt.

Zu Zeiten, da der DDR weithin die politische Anerkennung versagt blieb, wurde May in ihrem Heimatland die «Botschafterin des Chansons» genannt. Im Westen machte eher der Begriff der «sozialistischen Nachtigall» die Runde. May mag sich zu Mauerzeiten staatskonform verhalten haben, angebiedert aber hat sie sich nicht. So hielt sie etwa fest zu ihrem langjährigen Lebenspartner, dem von den Regierenden ins Abseits abgeschobenen systemkritischen Philosophen Wolfgang Harich.

Schon in den 1950er und 60er Jahren war May gelegentlich in Kinofilmen der DEFA und in Filmen des Fernsehens der DDR aufgetreten. Erfolg als Schauspielerin vor der Kamera verbuchte sie jedoch erst nach der Wende. Populär wurde sie an der Seite von Evelyn Hamann in der von 1993 bis zum Tode Hamanns 2007 laufenden Serie «Adelheid und ihre Mörder». Kultcharakter erreichte ein Dauerdialog zwischen Tochter Adelheid (Hamann) und deren Mutter (May): «Sag doch nicht immer Muddi zu mir!» - «Ist recht, Muddi.»

 

Reaktionen auf den Tod von Gisela May:

«Für mich war Gisela May nach Helene Weigel die «Königin» des Brecht-Theaters», sagte BE-Intendant Claus Peymann der Deutschen Presse-Agentur. «Mit ihr stirbt eine der großen Künstlerinnen der untergegangenen DDR. Das Berliner Ensemble ist in Trauer.»

«Mit Gisela May hat uns eine große Schauspielerin verlassen, die mir persönlich ganz besonders nahe stand», erklärte der langjährige Akademie-Präsident und Plakatkünstler Klaus Staeck. «Sie hatte eine große Liebe zur Bildenden Kunst und einen sehr wachen politischen Verstand.»

Umsorgt von ihrem Freundeskreis habe May die letzten beiden Jahre zurückgezogen gelebt, so die Akademie der Künste, der May seit 1972 angehörte. Ihr energischer, frischer, fordernder Ton, ihre bewundernswerte Disziplin und inspirierende Direktheit werde fehlen. «Dass Künstler nicht nur ihrem Talent, sondern auch der Gesellschaft verpflichtet sind, und zwar einer sozial gerechten, friedlichen Gesellschaft, daran bestand für sie kein Zweifel.»

Der designierte Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) twitterte: «Gisela May war eine große Chansonnette. Nicht nur ihre «7 Todsünden» und ihr «Mahagonny» haben Maßstäbe gesetzt.»

 

 

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