Bayreuth/Dresden - Nach zwei Tagen hat der eigenwillige Maestro sein Schweigen gebrochen. «Ich liebe dieses Orchester, ich liebe die Musikstadt München und möchte hier bleiben - um manchen, aber nicht um jeden Preis», ließ Christian Thielemann am Freitag mitteilen. Offenbar verstimmt durch die Berichterstattung der Medien nahm sich der Dirigent trotz der Proben für die Bayreuther Festspiele Zeit, seine Sicht auf die gescheiterten Verhandlungen über eine Verlängerung seines Vertrags als Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker ausführlich darzulegen - und zugleich seine anhaltende Gesprächsbereitschaft zu betonen.
Während der Münchner Kulturreferent Hans-Georg Küppers es als unwahrscheinlich bezeichnet, dass die Stadt mit Thielemann noch einmal Verhandlungen aufnimmt, hofft der Dirigent noch auf einen Meinungsumschwung: «Ich wäre sehr traurig, wenn die künstlerische Einheit, die ich mit diesem wunderbaren Orchester erreicht habe und die bei unserem Publikum so viel Zustimmung findet, an einer für mich und jeden anderen Generalmusikdirektor von Rang unzumutbaren Vertragsklausel zerbrechen würde.»
Thielemann legt Wert auf die Feststellung, dass die Verhandlungen über die Verlängerung seines Vertrages bis zum Ende der Spielzeit 2016/17 Ende Mai eigentlich bereits abgeschlossen waren: «Es lag ein von beiden Seiten gebilligter unterschriftsreifer Text vor.» Anfang Juni habe sich dann aber der Orchestervorstand an die Stadt gewandt und verlangt, die Entscheidungskompetenz bei Gastdirigaten dem Intendanten Paul Müller zu übertragen.
Die Stadt habe diesen Brief zum Anlass genommen, die Vertragsverhandlungen wieder zu eröffnen und ihm einen neuen Vertragsentwurf vorzulegen, der eine Reduzierung seiner Kompetenzen vorgesehen habe. Thielemann betonte, damit wäre er nicht mehr in der Lage gewesen, seine «eigentliche Aufgabe, das Orchester zu formen und diesem Profil zu verleihen, zu erfüllen».
Der Dirigent wies Darstellungen zurück, er sei nicht kompromissbereit gewesen. Er habe bei den Vertragsverhandlungen keine zusätzlichen Forderungen gestellt, sondern sei bereit gewesen, «auf mir derzeit zustehende Kompetenzen zu Gunsten des Orchesters zu verzichten». Sein Vorschlag, die letzte Entscheidung über Gastdirigate dem Orchester zu übertragen, hätte bedeutet, «dass sowohl ich als auch der Intendant Kompetenzen an das Orchester abgäben». Die Stadt habe diesen Vorschlag aber nicht aufgegriffen. Ihm scheine, dass München einen Generalmusikdirektor wünsche, der im Abseits stehe - »und hierzu bin ich nicht bereit».
So hat der 50-Jährige - bei aller «Liebe» zu den Philharmonikern - freilich längst neue mögliche Posten im Blick: Interesse an der Chefdirigentenstelle an der Dresdner Semperoper war Thielemann ohnehin schon nachgesagt worden, jetzt bestätigt die Sprecherin des sächsischen Kunstministeriums, Eileen Mägel, «erste Kontakte» mit Thielemann. Dieser habe sich zu einem «Kennenlern-Dirigat» mit der Sächsischen Staatskapelle bereit erklärt, für das es allerdings noch keinen Termin gebe.
Das Orchester, dessen Mitglieder sich derzeit im Sommerurlaub befinden, habe das «erste Wort», das Kunstministerium als Partner eines Anstellungsvertrags für den Dresdner Posten «das letzte», fügte die Sprecherin hinzu. Erst seit einem Monat ist bekannt, dass der bisherige Generalmusikdirektor der Semperoper und Chefdirigent der Staatskapelle, Fabio Luisi, seinen in drei Jahren auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird: Er wechselt zur Saison 2012/13 ans Opernhaus Zürich.
(nmz/bl) - Seit längeren geplant ist bereits das Dirigat am 13./14. Februar 2010 anlässlich des Gedenktages der Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945. Christian Thielemann dirigiert Ludwig van Beethovens «Missa solemnis» D-Dur op. 123 im traditionellen Requiem-Konzert der Staatskapelle Dresden.
Am Tag zuvor (12. Februar) stellt sich der Dirigent in einem Künstlergespräch in der Gläsernen Manufaktur von VW dem Dresdner Publikum vor.