Nun hat sich der Kreis geschlossen. Der Kreis einer lebenslangen von Freundschaft getragenen Zusammenarbeit. Sechs Jahre nach Ende des Krieges hatte die noch junge Jeunesses Musicales mit ihrer ersten internationalen Festwoche im Sommer 1951 in München eine enorme Ausstrahlung.
„Ein Programm, das offensichtlich von jungen Menschen gemacht worden war. Es sprach mich spontan an: Internationalität, Einsatz für zeitgenössische Musik. Junge Interpreten spielen für junge Menschen. Neue Ausbildungsziele für musikstudentische Ausbildung. Da war Aufbruch zu spüren, da war etwas von neuer Gesellschaft, da wollte ich dabei sein.“ Dieser Eindruck bewog den kaum 30-jährigen Bernhard Bosse, gerade erst als Marineoffizier „heimgekehrt“, zu einem denkwürdigen und mutigen Brief an die junge Jeunesses Musicales, gerichtet an deren Gründungsmitglied, den damals 21-jährigen Verlagsvolontär Eckart Rohlfs, heute würde man Azubi sagen. Bosse bot der JM an, „für sie eine Zeitschrift zu gestalten, in der wir für ihre Ziele arbeiten wollen.“ So entstand 1952 die Musikzeitschrift „Musikalische Jugend“, seit 1969 unter dem Titel „neue musikzeitung“. „Es war meine erste eigene Entscheidung und es ist bis heute meine wichtigste“, hat Bosse später gestanden.
Wir lernten mit ihr den Wert erkennen, der in einer denkbar engen Zusammenarbeit zwischen einem Verlag und einem Verband bestand, der Ideen transportieren wollte. Diese Zusammenarbeit haben wir all die Jahrzehnte hindurch in verschiedenster Weise praktiziert.
Als ich zum Generalsekretär der deutschen JM bestellt wurde und mit dem Deutschen Musikrat und seinen musikpädagogischen Verbänden den Wettbewerb „Jugend musiziert“ ins Leben rief, verständigten sich die Beteilig-ten durch eine sinnvolle Bürogemeinschaft zugleich auf eine konstruktive und fachliche Zusammenarbeit. So kamen zusammen: Jeunesses Musicales, Jugend musiziert, Verband deutscher Musikschulen, Tonkünstler-Bundes- und Landesverband, zeitweise auch die neue Gewerkschaft Musikerziehung, sowie für alle die Partnerschaft mit der MJ-Redaktion (seit 1969 NMZ) unter Bernhard Bosse, der 1967 die Chefredaktion übernommen hatte, mit Theo Geißler als redaktionellem Koordinator.
In einer Villa in München-Nymphenburg funktionierte diese Gemeinsamkeit über zehn Jahre. Die Sechzigerjahre waren es, in der auch der Verlag sich thematisch von brennenden und brisanten Aufgaben mit seinen Beiträgen besonders gefordert sah: Musikalische Früherziehung kam en vogue, musikalische Grundausbildung wartete auf neue Konzepte, das Musikschulwesen wuchs rasant, gefragt waren neue Instrumentalschulen, ein erneuertes Lehrplanwerk, und zunehmend aktuell wurde Musik in der Sozial- und Bildungspolitik. Die nmz verstand es – dank der Priorität auf kultur-, verbands- und fachpolitisches Engagement – sich erfolgreich einzubringen. Ich war und blieb redaktioneller Mitarbeiter, bis heute. Wo nötig, warfen wir uns gegenseitig die Bälle zu. Willkommen war es, dass ich durch meinen Hauptberuf und durch ehrenamtliche Beteiligung in verschiedenen Gremien Kooperationen und Kontakte, Anregungen und Informationen in vielerlei Hinsicht einbringen und vermitteln konnte.
Zwei Verlags-Projekte stechen aus der jahrelangen fachlichen und freundschaftlichen Zusammenarbeit mit Bernd Bosse heraus: das in den 80er-Jahren von mir herausgegebene Handbuch der Musikberufe, das auf einer nmz-Serie beruht. Noch bedeutsamer der Musik-Almanach zum Musikleben in Deutschland, dessen Planung und Konzepte auf die 60er-Jahre zurückgehen, der aber erst 1986 beim Deutschen Musikrat realisiert werden konnte, erschienen bei Bärenreiter-Bosse. Darauf war Bernhard Bosse besonders stolz. Die letzte Ausgabe des Musik-Almanachs erschien dann wieder im Heimatverlag der neuen musikzeitung, seit 1993 der ConBrio Verlag.
Wann immer ich beim Verlag oder für die nmz in Regensburg gefragt war, beherbergte und verwöhnte mich Marianne Bosse; 65 Jahre währte diese Fürsorge und Freundschaft und erlaubte uns nie endende Gespräche und anregende Ideen. Damit schließt sich der Kreis.