Am 7. September wird der Saxofonist Sonny Rollins 80 Jahre alt – eine noch lebende und aktive Jazz-Legende. Nach eigenem Bekunden ist Sonny Rollins „der Letzte der ersten Garde des Jazz“. An Selbstvertrauen hat es dem in New York als Sohn karibischer Immigranten geborenen Künstler nie gefehlt, titelte der Tenorist doch schon als Twen eine LP mit „Saxophone Colossus“.
Mittlerweile kann sich der Zwei-Meter-Hüne auf der Bühne nur noch in gebückter Haltung bewegen und gerät zuweilen etwas außer Atem, doch auch in seinem 80. Lebensjahr glänzt er mit unbändigem Spielwillen, unlängst auch beim großdimensionierten „Northsea Jazz Festival“ in Rotterdam. Am 10. September, also drei Tage nach seinem 80. Geburtstag, wird er sich im New Yorker Beacon Theater – zusammen mit dem Trompeter Roy Hargrove – sein eigenes Ständchen blasen. Immer wieder hatte Theodore Walter „Sonny“ Rollins betont, jeder Tag könne sein letzter sein, deshalb wolle er bei jedem Auftritt sein Bestes geben. Der Altmeister, der sich bereits als Zweijähriger in abgehörten Radiosendungen von Fats Waller begeistern ließ, ist sich immerhin nicht zu schade, höchstpersönlich die gemeinsamen Soundchecks durchzuführen.
Wie einst Miles Davis, so nähert sich auf der Bühne der drahtlos verstärkte Rollins seinen Kollegen, um bei der musikalischen Interaktion auch räumlich ganz eng mit ihnen verbunden zu sein.
Seine vielfach gecoverte Komposition „St. Thomas“ zelebriert Sonny Rollins trotz „standing ovations“ nicht bei jedem Konzert, aber den lebenslustigen und rhythmisch kantigen Calypso-Hit „Don’t Stop The Carnival“ intoniert er liebend gerne röhrend und inbrünstig. Die Zitatenklauberei aus Klassik und Nationalhymnen gehört bei dem Tenorsaxofonisten zum leidigen Pflichtprogramm. Gefällige Standards mischt er jedoch kreativ auf - leidenschaftlich, kratzbürstig und zugleich beseelt.
Verwunderung und Erstaunen bei seinem deutschen Publikum löst der weißhaarige Afroamerikaner aus, wenn er Friedrich Hollaenders „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ anspielt. Rollins geradezu als bluesiger Engel, ohne Kitsch-Unrat, vielmehr mit professoraler Qualität. Ein frisch gebliebener Altmeister und hoffentlich noch lange das Highlight von vielen Festivals weltweit.