Berlin - Ihr Look hat sich seit Jahrzehnten nicht verändert: Stets in Schwarz gekleidet, in jungen Jahren in engen Hosen und Pulli, jetzt im Etuikleid, das Gesicht weiß, die Augen schwarz geschminkt, tritt Juliette Gréco auf. Die Bühne ist noch immer ihr Zuhause; in den Tagen um ihren 85. Geburtstag am 7. Februar herum wird sie im Pariser Théâtre du Châtelet singen. Nicht nur in Frankreich ist die Künstlerin, die als Sängerin und Schauspielerin weltbekannt wurde, eine Legende.
Ihr Ruhm geht auf die Jahre des kulturellen Aufbruchs in der Nachkriegszeit zurück. 1946 eröffnete Juliette Gréco im Pariser Künstlerviertel Saint-Germain des Prés mit ihrer Freundin die Kellerdiskothek "Tabou", die zu einem der legendären Treffpunkte der Existenzialisten wird. Boris Vian spielte hier Trompete, zu den Stammgästen zählen Jean-Paul Sartre, Orson Welles und Marlene Dietrich. Die "Tabou"-Pächterin unterhielt ihre Gäste mit schwermütigen Liedern.
Ihr Aufstieg begann, als die Zeit des "Tabou" zu Ende ging. Grécos Chansons wie "Si tu t'imagines" oder "L'Eternel feminin" wurden Ende der 1940er Jahre zu Hits. Gleichzeitig wurde die Gréco als Schauspielerin bekannt. Ihre Anhänger feierten sie als "Königin der Existenzialisten", als "Muse von Saint-Germain-des-Prés"; Schriftsteller wie Sartre, Albert Camus und Jacques Prévert schrieben für sie Texte.
Mutter und Schwester im KZ interniert
Die Gréco, wie sie von nun an überall hieß, kam 1927 im südfranzösischen Montpellier als Tochter eines aus Korsika stammenden Polizisten zur Welt. Ihre Kindheit beschrieb sie als nicht sehr glücklich: Der Vater verließ die Familie früh, sie und ihre Schwester Charlotte wuchsen bei den Großeltern in Bordeaux auf. 1933 zogen sie mit ihrer Mutter nach Paris. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges ließ sich die Familie in der Dordogne im Südwesten Frankreichs nieder. Als Mitglied der Résistance, der Widerstandsbewegung gegen die Deutschen, wurden Grécos Mutter und Schwester 1943 von der Gestapo verhaftet und im KZ Ravensbrück interniert.
Die gerade 16-jährige Juliette wurde nach drei Wochen im Gefängnis Frèsnes entlassen. Eine Pariser Schauspiellehrerin nahm sich des verstörten Mädchens an. Mutter und Schwester überlebten den Krieg, doch Juliette Grécos Verhältnis zu Deutschland blieb lange distanziert: Erst 1959 konnte sie sich durchringen, in der Bundesrepublik aufzutreten.
Erfolg auch als Schauspielerin
Nach dem Krieg blieb sie in Paris, hielt sich mit kleineren Arbeiten über Wasser und wurde Teil der Bohème. Schon vor Gründung des "Tabou" trat sie in kleinen Clubs und Kabaretts auf und versuchte sich als Schauspielerin im Theater. Später wandte sie sich auch dem Film zu, zu ihren berühmtesten Werken zählen "Orphee" (1950) und "Bonjour Tristesse" (1958).
Trotz ihres Erfolgs genoss die Gréco zu keiner Zeit die Popularität wie beispielsweise Edith Piaf. Zu poetisch und zu intellektuell waren ihre Lieder. So verlief ihre Karriere in einem stetigen Auf und Ab, wobei ihr mehrere Comebacks gelangen.
Auch privat verlief das Leben der Künstlerin nicht immer in ruhigen Bahnen. Eine erste Ehe mit dem Schauspieler Philippe Lemaire, von dem sie ihre Tochter Laurence-Marie hat, scheiterte nach kurzer Zeit. Von 1966 bis 1977 war sie mit Michel Piccoli verheiratet, 1988 trat sie mit dem Pianisten Gérard Jouannest vor den Traualtar. Der Sängerin wurden außerdem zahlreichen Affären nachgesagt, unter anderem mit dem Jazztrompeter Miles Davis.
Mit Jouannest lebt die Gréco heute in der Nähe von Paris. Gerade ist ein neues Album "Ça se traverse et c'est beau" erschienen, kürzlich veröffentlichte sie ihre Memoiren. Von der Arbeit hielt sie auch ein leichter Herzanfall im Mai 2001 und eine Krebsoperation vor vier Jahren nicht ab. "Ich werde so lange singen, wie das Publikum mich noch hören will und ich selbst noch Spaß daran habe", hat sie erklärt. Die Konzerte im Châtelet-Theater sind fast ausverkauft.