Die ungewöhnliche Todesanzeige seiner „ökolibertären Freunde“ in der SZ brachte es Anfang März auf den Punkt: „‚Trikont – Unsere Stimme‘, die Musik, die er verlegte, drückte unser Lebensgefühl aus. Musik von unten, aus den Kellern der Rebellion und den Stuben der Volksmusik. Aufsässig, melancholisch, melodisch, schrill. Er hatte keine Angst vor dem Hergebrachten, sei es in Bayern oder Louisiana. In seinem Eigensinn und seiner Unabhängigkeit war er unbeirrbar.“
Noch im vorigen Jahr, zum 50. Geburtstag des Trikont-Verlags, war der Name Achim Bergmann durch die überregionale Presse gespukt. Als berichtet wurde, dass der linke Labelchef Bergmann bei der Frankfurter Buchmesse am Stand eines rechten Verlags von einem „besorgten Bürger“ eins „auf die Fresse“ bekommen hatte, weil er mit „Rechten reden“ wollte, wie das neue Motto heißt. Wie es heißt, hatte er sich an den Stand nur verirrt. Der „Fan“ der „Rechten“ jedenfalls schlug dem 74-Jährigen ins Gesicht, weil ihm dessen Widerworte nicht passten. Es war ein seltsamer Vorfall, der vielleicht schon die „neue Zeit“ ankündigte, in der – wie man in diesen Kreisen zu sagen pflegt – die politischen Gegner „an die Wand“ gestellt werden sollen.
Eigentlich war der „bayerische Anarchist“ gebürtiger Sauerländer, aber nach Abbruch seiner Offizierslaufbahn war er 1965 in München angekommen – und dort politisiert worden. Ein paar Jahre später hat er dann einen linken Buchverlag gegründet, in dem er ab 1972 auch Platten veröffentlichte. Auf seiner allerersten Langspielplatte sang er sogar noch selbst mit, als Mitglied einer mobilen Einsatzkapelle sang er Arbeiterlieder. Und Mitte der 70er-Jahre hat er sogar einen Klassiker des Politrocks wiederveröffentlicht: „Keine Macht für Niemand“ von Ton Steine Scherben. Zum Star des Labels entwickelte sich dann in den 80er-Jahren der rebellische Liedermacher Hans Söllner, der immer auch eine sehr sanfte Seite hatte. Er hat sich von seinem Mentor so verabschiedet: „Tränen, Tränen, nichts als Tränen! Mein bester Freund hat sich auf den Weg gemacht. Gute Reise, mein Lieber, ich werde das alles sehr vermissen.“ Bei der Trauerfeier sang er ein letztes Lied für seinen Freund.
Überhaupt waren bei dieser Trauerfeier im Aetas-Haus in München viele Freunde des Labels aufgetaucht, Musiker wie Attwenger, Koflgschroa, Eric Pfeil oder Coconami, die den Hit des Tages anstimmten: „Achim Is A Punk-Rocker Now“. Und auch einige Kompilatoren seiner tollen Sampler ließen sich sehen: der Schriftsteller Franz Dobler, „La Paloma“-Macher Kalle Laar oder auch Thomas Meinecke, der einst sein „Texas Bohemia“-Projekt bei Trikont veröffentlicht hat. Neben Richard Weize („Bear Family“) war Achim Bergmann der letzte der großen Indie-Chefs, der einen sorgsamen Umgang mit historischem Material pflegte. Er veröffentlichte historische Schellacks von populären jüdischen Künstlern genau so wie Hank Williams-Songs, „Early Rappers“ oder Aufnahmen von Karl Valentin, Bally Prell oder vom Kraudn Sepp. Es ist zu hoffen, dass seine Frau Eva Mair-Holmes Trikont in seinem Sinne weiterführen wird.