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Ein Leben für den Schlager - der Komponist Ralph Siegel wird 75

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München - Mehr als 2000 Lieder hat Ralph Siegel geschrieben, den Grand Prix Eurovision gewonnen und Stars wie Udo Jürgens und Lena Valaitis Hits beschert. Jetzt feiert der Komponist und Produzent seinen 75. Geburtstag. Von Ruhestand keine Spur: Es gibt ein neues Musical.

Die Karriere von Ralph Siegel lässt sich wohl mit einem Begriff auf den Punkt bringen: «Mister Grand Prix». Jahrzehntelang bestimmte der Wettbewerb - heute Eurovision Song Contest - sein Leben. Siegel wurde gefeiert und später, als die Top-Platzierungen ausblieben, belächelt. Unbestritten ist: Kaum ein deutscher Schlagerkomponist und Produzent hat so viel erreicht wie er. Am Mittwoch (30.9.) begeht Siegel seinen 75. Geburtstag und lässt sich auch von Corona die Feierlaune nicht verderben. Die Premiere seines Musicals «Zeppelin» hat ihm das Virus allerdings vermasselt.

Im Festspielhaus in Füssen sollte das Stück im November uraufgeführt werden. Wegen der Corona-Pandemie ist «Zeppelin» in den Juni 2021 verschoben worden. Feiern will Siegel in Füssen dennoch - statt der Premiere eben seinen Geburtstag, wie er der Deutschen Presse-Agentur erzählt. Familie, Freunde und Weggefährten kommen ins Allgäu, auf der Gästeliste stehen illustre Namen aus der Schlagerszene wie Katja Ebstein, Nicole, Roberto Blanco und Michael Holm. Die Party soll unter Corona-Regeln stattfinden - mit Abstand und Masken.

Siegel steht, wie er sagt, «im Herbst seines Lebens». Seine Leidenschaft für die Musik ist ungebremst, sein Tatendrang indes doch ein wenig: Anfang des Jahres musste er sich einer Herz-Operation unterziehen, dann folgten vier Monate Corona-Quarantäne in seiner Zweitheimat Florida und schließlich eine weitere Operation an der Hand. «Ich habe mir einen Mausarm zugezogen», sagt er. Zwei Finger an der rechten Hand machten nicht mehr richtig mit und erschwerten ihm das Klavierspiel. Nun, so hofft er, soll es wieder besser werden.

Während der Quarantäne hat Siegel an «Zeppelin» und zwei weiteren Musicals gearbeitet und nebenbei seine zweite Autobiografie geschrieben. «Ganz ohne Ghostwriter», wie er sagt. Der Titel des jüngst erschienenen Werkes ist Programm: «Mehr als ein bisschen Frieden». Denn auch wenn das Lied «Ein bisschen Frieden» eines seiner bekanntesten und der Grand-Prix-Siegertitel von 1982 ist, so hat Siegel doch weit mehr gemacht. Wer ihn auf diesen Song reduziere, der sei eben «ein bisschen uninformiert» sagt der Komponist ganz trocken.

Beim Grand Prix habe er einmal den ersten Platz, dreimal den zweiten und zweimal den dritten belegt, zählt er auf. Dass er auch zweimal den vierten Platz geschafft hat, lässt er weg. Er hat so viel geschafft. In späteren Jahren belegten seine Songs bei dem europäischen Musikwettbewerb eher hintere Ränge, Siegel musste reichlich Spott einstecken. TV-Moderator Stefan Raab nannte sich als Komponist 1998 für Guildo Horn «Alf Igel» - eine Spitze gegen «Mr. Grand Prix».

Damit kann Ralph Siegel heute offensichtlich gut leben. «Ich hab schon einiges gemacht in meinem Leben, worauf ich stolz sein kann», sagt er. «Ich habe mehr als 2000 Lieder geschrieben, nicht nur «Fiesta Mexicana».» Und dabei klingt er sehr gelassen und entspannt. Die Liste der Hits, die er komponiert und/oder produziert hat, ist schier endlos: «Griechischer Wein», «Du kannst nicht immer 17 sein», «Die kleine Kneipe», «Ein bisschen Spaß muss sein», «Moskau» und, und, und.

Damals - vor zehn, 20 Jahren - als Stefan Raab den Eurovision Song Contest mit Guildo Horn und Lena Meyer-Landrut aufmischte und Siegel zunehmend ins Abseits geriet, hatte der doch wohl mehr daran zu knabbern. «So wahnsinnig komisch fand ich in diesem Moment das gesamte Schauspiel ehrlich gesagt nicht», schrieb er in seiner ersten Autobiografie über diese Phase.

Siegels eigene große Grand Prix-Zeit liegt lange zurück. Mit Sängerin Nicole hat er es vor fast 40 Jahren auf den Thron geschafft, zuvor waren Lena Valaitis und Katja Ebstein jeweils auf dem zweiten Platz gelandet. Mit Dschingis Khan, Wind und Ireen Sheer erreichte er auch Top-Platzierungen.

Nun habe er seine «Zeit den Musicals gewidmet, wo man eben nicht nur drei Minuten, sondern drei Stunden Programm macht», sagt der Münchner. «Das füllt mich aus, das hält mich am Leben, und so habe ich immer wieder Ziele.»

Das Leben des Grafen Zeppelin, das Drama der Hindenburg - das beschäftigte ihn, nachdem er eine Dokumentation im Fernsehen gesehen hatte. Nach fünfjähriger Arbeit hätte das Stück jetzt gezeigt werden sollen. «Das hat Corona erstmal gekillt», sagt Siegel. Stattdessen ist «Zeppelin» also 2021 zu sehen, erst in Füssen und danach im Deutschen Theater in München. «Darüber freue ich mich wie ein kleines Kind.» Zwei CDs erscheinen überdies anlässlich des Geburtstages.

Auch privat ist Siegel glücklich und schwärmt von seiner «wunderbaren Ehe». Er ist zum vierten Mal verheiratet, hat drei erwachsene Töchter und eine kleine Stieftochter. Sein gut gelauntes Fazit am Ende des Gespräches: «Ich freue mich sehr über meinen 75. Und wenn Corona nicht wäre, wäre die Welt noch schöner.»

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