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München (ddp). In jungen Jahren verdiente Franz Xaver Kroetz sein Geld als Gelegenheitsarbeiter in der Münchner Großmarkthalle. In den 70ern gehörte er zu den meistgespielten Dramatikern auf deutschen Bühnen. In den 80ern brillierte er in Helmut Dietls TV-Serie «Kir Royal» als Klatschreporter «Baby Schimmerlos».
Von seinen Fans als Genie verehrt, von seinen Gegnern als «Dreckschleuder» beschimpft, schrieb er mehr als 60 Dramen, Hörspiele, Drehbücher und Romane und versuchte sich immer wieder als Bühnenregisseur. In seinem neu erschienenen Buch «Blut und Bier» rechnet er schonungslos mit seinem eigenen Metier, dem Schreiben, ab. Am Samstag feiert Franz Xaver Kroetz seinen 60. Geburtstag.
Am 25. Februar 1946 in München als Sohn eines Steueramtmanns geboren, wuchs Kroetz im niederbayerischen Simbach auf. Im Alter von 15 Jahren schmiss Kroetz die Wirtschaftsschule und nahm in München privaten Schauspielunterricht. Von 1962 bis 1964 besuchte er das Wiener Max-Reinhardt-Seminar und kehrte anschließend wieder nach Bayern zurück. Während er sich an mehreren kleineren Theatern als Spielleiter und Schauspieler versuchte, nahm er nebenbei Aushilfsjobs in der Münchner Großmarkthalle an, arbeitete als Kraftfahrer und Pfleger.
Nach Gastspielen an verschiedenen deutschen Bühnen wurde Kroetz Regieassistent in Darmstadt und ging Anfang der 70er Jahre als Hausautor an die Städtische Bühne Heidelberg. Mit seinen an den Münchner Kammerspielen uraufgeführten Einaktern «Heimarbeit» und «Hartnäckig» gelang ihm schließlich 1971 im Alter von 25 Jahren der Durchbruch. Kroetz stieg mit Stücken wie «Wildwechsel» (1971), «Stallerhof» (1972) oder «Maria Magdalena» (1974) zu einem der meistgespielten deutschen Dramatiker auf. Seine Werke wurden in mehr als 28 Sprachen übersetzt und in über 40 Ländern aufgeführt. Kroetz prangert in seinen Stücken soziale Missstände an, die Sprache seiner meist am Rande der Gesellschaft stehenden Helden ist brutal, offen, vulgär.
In den vergangenen Jahren ist es ruhig geworden um Kroetz. Er verbrachte eigenen Angaben zufolge viel Zeit mit seiner Noch-Ehefrau, der Maria-Schell-Tochter Marie-Theres Relin, und seinen drei Kindern auf der spanischen Insel Teneriffa, schrieb jedes Jahr ein Stück und verwirklichte sich als Hausmann. Im Frühjahr vergangenen Jahres gaben er und Relin nach 18 Jahren Ehe ihre Trennung bekannt.
Kurz vor seinem 60. Geburtstag meldete sich Kroetz jetzt mit dem Prosaband «Blut & Bier» als Schriftsteller zurück. Für das Bayerische Staatsschauspiel hat er gerade Jörg Grasers umstrittenes Stück «Servus Kabul» inszeniert, im Sommer bringt er seine Einakter «Drücker - Fünf TV-Massaker» und «Tänzerinnen» im Münchner Marstall auf die Bühne. «Manchmal gibt es so einen Hormonwind und man fühlt sich wieder ganz jung», sagte Kroetz kürzlich in einem Zeitungsinterview.
Antje Pöhner
Der ZDFtheaterkanal zeigt im April "Das Nest", einen Fernsehfilm von 79 von und mit Franz Xaver Kroetz sowie ein Interview, dass anlässlich seiner gegenwärtigen Münchener Arbeiten aufgezeichnet wurde: "Ich habe immer unter Qual geschrieben" (Franz Xaver Kroetz im Interview mit Birgit Adler-Conrad).